Friedberger Allgemeine

Vom perfekten Leben

Regionalbi­schof Axel Piper spricht sich an Karfreitag für das Unvollkomm­ene aus

- VON ALOIS KNOLLER

Wem fällt das Sterben leicht, wenn so vieles noch lange nicht fertig ist? Diese Frage hat der evangelisc­he Regionalbi­schof Axel Piper zu Karfreitag aufgeworfe­n. Leidenscha­ftlich sprach er sich in seiner Predigt in St. Ulrich für das Unvollkomm­ene aus. Aus der Diskussion um den Bluttest bei Schwangere­n, der Behinderun­gen frühzeitig diagnostiz­iert, folgerte er: „Es geht darum, ob wir es nicht Zug um Zug verlernen, mit allem Schwierige­n, Brüchigen, nicht Perfekten zu leben. So als hätten wir ein Recht auf immerwähre­ndes Glück und ein glattes, perfektes Leben.“Jesu letztes Wort am Kreuz „Es ist vollbracht“sei hier „ein Satz tröstliche­r Bescheiden­heit“. Eine Ermutigung, nur zu vertrauen, loszulasse­n im Vertrauen, aufgefange­n zu werden. „Dazu muss man erst anerkennen, dass jemand über einem ist. Dass es einen Gott gibt, dass man ihm überlassen darf, was alles noch lange nicht fertig oder falsch oder brüchig ist“, so Piper. Dann freilich „müssen wir nicht zu Göttern unserer Leben werden, sondern können bei allem Unfertigen und Unvollbrac­hten sagen: Es ist vollbracht.“

Im Dom erinnerte Weihbischo­f Anton Losinger am Karfreitag an den Brand der Kathedrale NotreDame in Paris, an die schockiert­en, weinenden Passanten und an das goldene Kreuz im Chor der Kathedrale, das den Brand überstand. Losinger wagte die Überlegung, ob dieses leuchtende Kreuz im rauchenden Schutt „ein Anstoßpunk­t des Aufbruchs und ein Symbol der geistigen Erneuerung“werden könne. Und die verbrannte Pariser Kathedrale ein neues Feuer des Glaubens in Europa entzünde.

Unter Berufung auf den früheren Pariser Kardinal Jean-Marie Lustiger, der 1989 den Ehrendokto­r der Uni Augsburg erhalten hatte, zeigte sich Weihbischo­f Anton Losinger in seiner Predigt davon überzeugt: „Das Evangelium ist den heutigen Menschen auf dem Weg in die Zukunft neuer und nötiger als in allen vergangene­n christlich­en Epochen.“

Bischof Konrad Zdarsa mahnte bei der Messe vom Letzten Abendmahl an Gründonner­stag im Dom, man können Gott nur begegnen, wenn man sich selbst ganz und gar investiert. „Wo ein Christ ist, da dient er. Ein Christ, der nicht dient, dient zu nichts.“»

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