„Bayerisches Urviech“mit indischen Wurzeln
Die Kissinger Schauspielerin Sushila Sara Mai wurde als kleines Kind aus einem Waisenhaus in Kalkutta adoptiert. Bei vielen Fernsehauftritten profitiert sie von ihrem süddeutschen Dialekt
Kissing Bekannt ist die Schauspielerin Sushila Sara Mai aus der ZDFReihe „Marie fängt Feuer“oder „Sie sucht ihn“mit Thekla Carola Wied. Auch für die Kluftingerkrimis „Herzblut“und „Schutzpatron“stand die Kissingerin schon vor der Kamera. „Dass ich gleich in zwei Kluftingerkrimis mitspielen durfte, darauf war ich sehr stolz“, sagt Sushila Sara Mai, die erfrischend normal wirkt mit ihrer Jeans und gelbem T-Shirt. Stolz ist sie auch darauf, dass sie es 2018 beim Wettbewerb um den Titel der Weißwurstkönigin auf den dritten Platz geschafft hat (wir berichteten).
Die 40-Jährige mit den dunklen Augen ist Deutsche – ihre indischen Wurzeln sind jedoch nicht zu übersehen. Sie lebte bis zum Alter von drei Jahren in einem Waisenhaus in Kalkutta, das von Mutter Teresa geleitet wurde. An die Ordensschwester hat die Kissingerin sogar noch einige konkrete Erinnerungen, wie etwa an deren sehr spartanisch eingerichtetes Zimmer.
Dann wurde Sushila Sara Mai von einem deutschen Paar adoptiert, und so kam es, dass sie in Rottenbuch in Bayern aufwuchs. Damit begann ihre eigentliche Kindheit, so empfindet es die heute 40-Jährige. An einen lustigen Ausspruch eines türkischen Jungen erinnert sie sich noch aus ihrer Kinderzeit: „Bist du so braun, weil du zu viel Schokolade gegessen hast?“Und: „Das will ich auch!“
Im Alter von 16 Jahren lernte sie den Schauspieler Volker Prechtel kennen und wollte auch Schauspielerin werden. Doch daraus wurde erst mal nichts. „Ich sollte was Gscheits lernen, hieß es damals von allen Seiten“, erzählt die Kissingerin. Ein weiterer Traum war es, noch einmal nach Indien zu Mutter Teresa zu reisen. Doch die Ordensschwester starb 1997, bevor Sushila Sara Mai ihren Plan verwirklichen konnte. Daraufhin zog es die damals 19-Jährige nach Frankfurt. „Ich suchte die Anonymität der Großstadt“, sagt Sushila Sara Mai. Dort volontierte sie bei einer Werbeagentur. „Die Agentur war toll, auch Frankfurt und das Volontariat“, erzählt die 40-Jährige. Dennoch habe sie sich fremd gefühlt. Aber nicht wegen ihrer dunklen Hautfarbe, sondern wegen ihres bayerischen Dialekts. Jetzt hieß es nicht mehr „Ah, du kommst bestimmt aus Indien“, sondern „Ah, du kommst bestimmt aus Bayern“. Eine ganz neue Erfahrung für die damals 20-Jährige. Und so zog sie das Heimweh zurück nach München, wo ihre Eltern mittlerweile lebten. Nach einem Studium an der Bayerischen Akademie für Werbung zur Kommunikationsfachfrau und einer Ausbildung zur Reiseverkehrskauffrau merkte Mai, dass ihr das Büroleben nicht so lag.
Und endlich tat die Kissingerin genau das, was sie sich immer erträumt hatte. Sie besuchte die ISSA – Internationale Schule für Schauspiel & Acting. Den Beruf der Schauspielerin wollte sie seriös angehen. „Und dort habe ich nicht nur meinen Traumberuf erlernt, sondern habe auch mich selbst endlich kennengelernt: Wer bin ich, was will ich?“2005 startete die deutsch-indische Schauspielerin dann endlich ins Leben des Schauspiels. Bis heute folgten über neun Filme, mehr als 20 Fernseh- und rund 30 Theaterauftritte.
2009 ging Sushilas nächster Traum in Erfüllung: die Geburt ihrer eineiigen Zwillinge Adrian und Marius. Ihr Mann Till machte das Glück perfekt. Seit neun Jahren wohnt die Familie mit den inzwischen neunjährigen Buben in Kissing, und die Schauspielerin fühlt sich wie ein „bayerisches UrViech“. Bei dem Thema Toleranz und Akzeptanz wird sie emotional. „Meine Lebensweise und Sprache sind bayerisch, ich könnte mir nicht vorstellen, dieses Land zu verlassen.“Über Rassismus will sie nicht reden, denn das langweile die Menschen inzwischen. „Für mich sind Bayern und Deutschland einfach meine Heimat, und es tut weh, wenn Menschen mir mit ihren Aussagen das Gefühl geben, dass ich nicht hierhin gehöre. Ich lasse mich nicht einschüchtern oder vertreiben. Ich gehöre hierhin – ob das ein paar Rassisten wahrhaben wollen oder nicht.“
Und genau das war auch ihr Anliegen bei der Wahl zur Weißwurstkönigin gewesen. Denn ihr sei es auch darum gegangen zu zeigen, dass „Bayern bunt ist“, dass auch „eine, die so untypisch bayerisch aussieht, Bayern würdig vertreten kann“. Sie liebt es, mit diesen Gegensätzen zu spielen, beispielsweise auf der Bühne, wenn aus der Inderin mit dem Sari eine bayerische Zenzi mit einem Dirndl herauskommt oder wenn sie Auftritte mit Dialekt wie beispielsweise „Brettlspitzen“oder „Brandner Kaspar“absolviert.