Unvollkommen? Vollkommen!
Eine nüchterne und elementare Aussage aus der Bibel ist: Die Lebenszeit ist begrenzt. Eingerahmt zwischen Geburt und Tod. Mich beschäftigt seit langem der letzte Satz, den Jesus mit ungefähr 30 Jahren am Kreuz gesprochen hat, wie er im Johannesevangelium steht: Es ist vollbracht!
Ein junger Mann begeisternd, vital und mit einem klaren Ziel stirbt am Kreuz mit diesen letzten Worten: Es ist vollbracht! Im ersten Moment ist das befremdlich und unverständlich. Wie könnte das gemeint sein?
In meinen Augen ist es so: Er konnte mit allem leben und sterben, was ihm nicht gelungen ist, mit allem, was noch lange nicht fertig war. Jesus bezeugt in diesem Satz für mich, dass er das getan hat, was Gott von ihm wollte. Und zwar kompromisslos. Jesu Zeit als Mensch war begrenzt, wie unsere.
Jesus ist aber auch ein Mensch, der sein Leben als Geschenk und Auftrag gesehen hat. Er hat sich den Menschen bedingungslos zugewandt, mit aller Weisheit, mit aller Liebe, mit allem Einsatz. Er macht in seinem Leben und mit seinem Leben einmalig klar: Gott liebt die Menschen bedingungslos. So sind diese Worte: „Es ist vollbracht“keine Anmaßung mehr, sondern ein Ausdruck der Entlastung, Erleichterung und schlussendlich auch der Dankbarkeit. Gott hat in mir vollbracht, was er vollbringen wollte. In aller Unvollkommenheit eines dreißigjährigen Lebens. Aber unvollkommen bleibt jedes Leben – und doch kann es vollbracht sein. Was Jesus vollbracht hat, zeigte sich am Ostermorgen am leeren Grab: Der Glaube an die Auferstehung setzte sich durch. So hält der christliche Glaube durch Wirklichkeit der Auferstehung die Einmaligkeit des Lebens für ewig fest. Nichts geht verloren: kein Mensch und kein wertvoller Moment Lebenszeit. Jeder Moment, der auf der Welt unvollkommen und unfertig war, ist bei Gott in Ewigkeit vollkommen aufgehoben.
Ein frohes und besinnliches Osterfest und viele Momente für die Ewigkeit!