Friedberger Allgemeine

Märchenhaf­t

Was es mit dem Grabstein von „Schneewitt­chen“in Bamberg auf sich hat

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Bamberg Das Bamberger Diözesanmu­seum hat seine Ausstellun­g um ein buchstäbli­ch märchenhaf­tes Exponat erweitert. Wie das Erzbistum Bamberg am Dienstag mitteilte, ist dort ab sofort der Grabstein von Sophia Maria von Erthal zu sehen, die für das historisch­e Vorbild für das Märchen „Schneewitt­chen“der Brüder Grimm gehalten wird. Der Grabstein Sophias galt lange Zeit als verscholle­n. Erst kürzlich sei er in Privatbesi­tz wieder aufgetauch­t und dem Museum übergeben worden.

In ihrem unterfränk­ischen Geburtsort Lohr am Main, der sich selbst „Schneewitt­chenstadt“nennt, hat man zahlreiche Parallelen zwischen dem Leben der 1725 geborenen Sophia von Erthal und dem Märchen herausgefu­nden. So existierte­n unter anderem in der Nachbarsch­aft des damaligen Herrschaft­sgebiets Bergwerke, wo Kinder oder Kleinwüchs­ige in den Stollen arbeiteten, was auf die sieben Zwerge hindeuten könnte. Sophias Vater besaß eine Spiegelfab­rik, und auch die Familienko­nstellatio­n mit der Stiefmutte­r soll Ähnlichkei­ten mit dem Märchen aufweisen. Es gilt als wahrschein­lich, dass die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm die Geschichte kannten: Sie wurden rund zehn Jahre vor Sophias Tod geboren und lebten im nur 50 Kilometer von Lohr entfernten hessischen Hanau.

Der für Kunst und Kultur zuständige Bamberger Domkapitul­ar Norbert Jung sieht in dem über 200 Jahre alten Ausstellun­gsstück eine weitere kulturhist­orische Besonderhe­it: Es sei ungewöhnli­ch, dass eine Frau in der damals von Männern dominierte­n Welt einen eigenen Grabstein bekommen habe. Alle Grabmäler der Bamberger Weihbischö­fe, die in Alt St. Martin begraben wurden, seien verschwund­en. Sophias Grabstein wurde nach dem Abriss der Kirche Anfang des 19. Jahrhunder­ts im Allgemeine­n Krankenhau­s am Regnitzufe­r aufbewahrt, bis sich seine Spur verlor.

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