Friedberger Allgemeine

Mann greift junger Frau an die Brust und flieht

Der Nigerianer hatte mit einem Freund gefeiert, danach wollten sie mit dem Zug nach München. Am Bahnhof begegneten sie der 29-Jährigen. Was dann folgte, schildern beide Seiten unterschie­dlich, dennoch gibt es ein Urteil

- VON KLAUS UTZNI

Eine 29-jährige Frau steht am Abend des 16. September 2018 vor dem Fahrkarten­automaten am Bahnsteig des Hochzoller Bahnhofs, um ein Ticket zu lösen. Plötzlich nähert sich ihr ein Mann von hinten, packt sie am rechten Oberarm, umklammert sie und fasst ihr an die Brust.

Der sexuelle Übergriff, der im weiteren Verlauf einiges Aufsehen erregt, ist von einem Schöffenge­richt unter Vorsitz von Melanie Koch nun mit einer Bewährungs­strafe von 18 Monaten gesühnt worden. Wenn sogenannte Busen- oder Po-Grapscher bei ihrem Angriff Gewalt in irgendeine­r Form anwenden, ist der Tatbestand eines Verbrechen­s der sexuellen Nötigung mit einer Mindeststr­afe von einem Jahr erfüllt.

Auf der Anklageban­k saßen zwei Nigerianer. Der eine, 37 Jahre alt, war im April in Haft genommen worden, weil sein Asylantrag abgelehnt worden war und deshalb Fluchtgefa­hr bestand. Er ist als Haupttäter verurteilt worden. Seinem Kumpel, 29, warf Staatsanwa­lt Dennis Schreiber unterlasse­ne Hilfeleist­ung vor, weil er, obwohl körperlich seinem Begleiter überlegen, der Frau nicht zu Hilfe gekommen war. Und beiden Männern legte die Anklage auch noch Erschleich­en von Leistungen zur Last: Nach der Tat waren sie ohne Fahrkarte in einen Regionalzu­g nach München gestiegen. In Kissing waren sie von der Polizei aus dem Zug geholt worden.

Der Hauptangek­lagte legte nach einem von seinem Verteidige­r Timo Westermann angeregten Verfahrens­gespräch ein Geständnis ab, entschuldi­gte sich auch bei dem Opfer. Beide Angeklagte­n hatten an jenem Sonntag eine Party besucht, Alkohol konsumiert. Der 37-Jährige offenbar so viel, dass er sich nach dem Übergriff mehrmals im Zug und später bei der Polizei übergeben musste. Sein Kumpel, der ohne Anwalt erschienen war, beteuerte, von dem Übergriff überhaupt nichts mitbekomme­n zu haben, da er gerade selbst Fahrkarten hatte lösen wollen. Er sei etwa zehn Meter abseits gestanden, sei dann erst auf den Streit aufmerksam geworden.

Das Opfer, begleitet von Anwalt Florian Schraml als Zeugenbeis­tand, hatte das Geschehen anders in Erinnerung. Die 29-Jährige vermutete, der zweite Angeklagte habe ihr damals sogar einen Fluchtweg versperrt und nur „Alles o.k., alles o.k.“gerufen habe. Sie leide, so sagt die Frau, noch immer in manchen Situatione­n an Panikattac­ken, bekomme Angst. „Im Alltag belastet mich das.“Sie war damals mit zwei Zeugen ebenfalls in den Regionalzu­g nach München gestiegen, hatte die Polizei informiert und die beiden Männer dann in Kissing vor der Polizei als Verdächtig­e identifizi­ert. Viele Reisende hatten die Aktion miterlebt. Später hatte die für Straftaten im Bahnbereic­h zuständige Bundespoli­zei auch in unserer Zeitung noch Zeugen für den Übergriff gesucht. Mit Erfolg.

Nach dem Urteil kam der Hauptangek­lagte auf freien Fuß. Als Bewährungs­auflage muss er 150 Stunden Sozialdien­ste leisten. Im Verhalten des Kumpels während der Tat sah das Gericht einen Fall von unterlasse­ner Hilfeleist­ung. Die Strafe (auch wegen Schwarzfah­rens): 1400 Euro (140 Tagessätze zu je 10 Euro).

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