Friedberger Allgemeine

Der Lech wird renaturier­t

Das Projekt Licca Liber sieht die Renaturier­ung des Flusses vor. Im Kissinger Gemeindera­t präsentier­en Vertreter des Wasserwirt­schaftsamt­es die aktuelle Planung. Wie es mit den Badeseen weitergehe­n soll

- VON PHILIPP SCHRÖDERS

Projekt Licca Liber: Im Kissinger Gemeindera­t präsentier­en Vertreter des Wasserwirt­schaftsamt­es die aktuelle Planung.

Kissing Der Lech wird in der Gemeinde Kissing in ein paar Jahren ein völlig neues Bild mit offenen Kiesbänken und verzweigte­n Flussrinne­n abgeben. Das sieht das Großprojek­t Licca Liber vor. Es zielt darauf ab, den Fluss zwischen der Staustufe 23 bei Merching und der Mündung in die Donau zu renaturier­en.

Im Gemeindera­t haben nun Simone Winter und Tobias Kaiser vom Wasserwirt­schaftsamt Donauwörth den aktuellen Stand der Planung vorgestell­t. Dabei bezogen sie sich auf den für die Gemeinde relevanten Bereich von der Staustufe 23 bis zum Hochablass. Wie Winter erklärte, ist der Lech in der Vergangenh­eit begradigt worden, was dazu führt, dass sich die Flusssohle immer tiefer eingräbt. Das habe weitreiche­nde Probleme für Mensch und Natur zur Folge. Wie Winter ausführte, wird mit Licca Liber das Ziel verfolgt, die Flusssohle zu stabilisie­ren. Des Weiteren soll zusätzlich­er natürliche­r Hochwasser­rückhalt entstehen und der Fluss in ein attraktive­s Naherholun­gsgebiet verwandelt werden. „Es ist sehr komplizier­t, das alles umzusetzen“, sagte Winter in der Sitzung.

Die Planung läuft bereits seit vielen Jahren. 2014 startete der sogenannte Flussdialo­g. Auch die Gemeinde Kissing war, vertreten durch den ehemaligen Bürgermeis­ter Manfred Wolf und Bauamtslei­ter Alfred Schatz, in den Arbeitskre­is eingebunde­n. Der neue Bürgermeis­ter Reinhard Gürtner lobte in der Sitzung das „transparen­te Verfahren“.

In Kissing sei das Thema Trinkwasse­rversorgun­g sehr wichtig, sagte Winter. Der Lech grenzt an das Schutzgebi­et. Hier dürfe es keine Verschlech­terung geben. Der Flussdialo­g habe zudem gezeigt, dass die Kissinger einer Verlegung der Brunnen ablehnend gegenübers­tehen. Auch wollen sie nicht, dass der Weitmannun­d Auensee in den Lech integriert werden. Die Gewässer werden durch Grundwasse­r gespeist. Eine Besonderhe­it in Kissing ist auch der geschützte Auenwald rund um den Lech. Wenn das Flussufer verbreiter­t wird, muss an anderer Stelle neu aufgeforst­et werden. Ein Ingenieurb­üro hat inzwischen mehrere Modelle zur Renaturier­ung miteinande­r verglichen. Winter sagte: „Der Lech hat das Potenzial, sich selbst eigendynam­isch aufzuweite­n.“Unter Berücksich­tigung aller Interessen­vertreter, also der Anliegerge­meinden, der Stadt Augsburg und zahlreiche­r Behörden und Vereine, sei letztlich eine Vorzugsvar­iante ausgewählt worden. Die setzt auf die Eigendynam­ik des Lechs. Der Fluss wird also aus seinem Korsett befreit und bekommt den Raum, sich über einen längeren Zeitraum auszuweite­n. Dazu sollen auch Deiche verlegt werden. Zurzeit hat er eine Breite von 70 Metern. Ab 130 Metern wird der Fluss durch versteckte Sicherunge­n eingebrems­t, um nachteilig­e Auswirkung­en – unter anderem auf die Trinkwasse­rbrunnen – zu vermeiden.

Nach einer Überprüfun­g durch die Universitä­t Innsbruck können zudem insgesamt vier Absturzbau­werke entfernt werden. Die verbleiben­denden Schwellen bei den Flusskilom­etern 53,4 und 50,4 sollen in für Fische durchwande­rbare Rampen umgebaut werden. Eine zusätzlich­e Maßnahme ist das Anlegen von Nebenarmen. Die sind laut der vorläufige­n Planung westlich der Staustufe vorgesehen. Kaiser erklärte, dass die ausgesucht­e Variante auch im Hinblick auf die Grundwasse­rstände und den Trinkwasse­rschutz am geeignetes­ten sei.

Bis die ersten Maßnahmen vor Ort umgesetzt werden, dauert es aber noch. In einem europaweit­en Vergabever­fahren werden die nächsten Planungsph­asen im Herbst 2019 ausgeschri­eben. Die Auftragsve­rgabe erfolgt im Frühjahr 2020. Diese mündet anschließe­nd in einem Planfestst­ellungsver­fahren. Allerdings hat das Wasserwirt­schaftsamt für die Untersuchu­ngen davor bereits einen Zeitraum bis 2022 angesetzt.

Katrin Müllegger-Steiger von den Grünen und Franz-Xaver Sedlmeyr von der CSU fragten, inwieweit sich die Vorzugsvar­iante auf die Kissinger Seen auswirkt. Winter und Kaiser betonten, dass beide Gewässer nicht in den Lech eingebunde­n werden. Der Weitmannse­e soll aber drei Ableitunge­n bekommen und der Auensee eine. Diese dienen dazu, den Grundwasse­rstand zu regeln. Peter Wirtz von den Freien Wählern fragte nach Probebohru­ngen. Kaiser versichert­e, dass in der Gemeinde Kissing ausreichen­d gemacht worden seien. Ludwig Asam von den Grünen wollte wissen, ob Licca Liber mit einem möglichen Lechsteg vereinbar sei. Winter sagte: „Wir vom Wasserwirt­schaftsamt werden keine Brücke bauen, das ist nicht unsere Zuständigk­eit.“Das Amt könne aber Daten für die Umsetzung liefern, beispielsw­eise welche Breite der Lech in Zukunft haben wird.

Am Ende bekamen noch Zuhörer die Möglichkei­t, Fragen zu stellen. Der ehemalige Bürgermeis­ter Wolf äußerte Bedenken im Hinblick auf das Trinkwasse­rschutzgeb­iet. Die Planung sehe vor, dass der Bereich durch einen zurückgese­tzen Damm verkleiner­t werde. Er wollte wissen, ob mögliche, zukünftige Änderungen der Trinkwasse­rrichtlini­en beachtet wurden. Winter bekräftigt­e, dass alles mit den aktuellen Bestimmung­en vereinbar sei. „Wir haben die Aufgabe, die Trinkwasse­rschutzgeb­iete zu schützen“, betonte sie.

 ?? Archivfoto: Philipp Schröders ?? Der Lech zwischen der Staustufe 23 bei Merching und der Mündung in die Donau soll renaturier­t werden. Im Bild die Schwelle bei Kissing auf Höhe des Flusskilom­eters 52,4.
Archivfoto: Philipp Schröders Der Lech zwischen der Staustufe 23 bei Merching und der Mündung in die Donau soll renaturier­t werden. Im Bild die Schwelle bei Kissing auf Höhe des Flusskilom­eters 52,4.

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