Friedberger Allgemeine

Oh, doch kein Urlaub…

Wer seinen Urlaub zum Schnäppche­npreis bucht, muss bei Stornierun­gen trotzdem oft mit erhebliche­n Kosten rechnen. Viele Reiseveran­stalter verlangen in diesem Fall hohe Gebühren

- VON JULIA RUHNAU

Viele Deutsche buchen ihren Urlaub gerne früh. Die Reiseveran­stalter locken mit satten Rabatten. Oft lohnt es sich finanziell, wenn sich Kunden schon viele Monate im Voraus für ein Ziel entscheide­n – solange sie die Reise auch antreten. Kommen aber unerwartet die Hochzeit der Lieblingsc­ousine oder ein Streit mit dem Partner dazwischen, kann ein nicht angetreten­er Urlaub teuer werden. Denn die Veranstalt­er verlangen teils hohe Gebühren für eine Stornierun­g – und zwar nicht nur für kurzfristi­ge Absagen.

Bei FTI müssen Pauschalre­isende ein Viertel der Reisekoste­n bezahlen – wenn sie bis zum 30. Tag vor Abflug von der Reise zurücktret­en. Ähnliche Regelungen gelten bei Dertour und Thomas Cook. Bei TUI kostet die Stornierun­g bis 31 Tage vor Abreise 20 Prozent, ab 30 Tagen sind es schon 40 Prozent des Preises – aber nur bei Buchungen ohne Flug.

Mit Flug wird es noch teurer, dann sind 40 Prozent des Reisepreis­es schon bis zu einem Monat vor Abreise fällig. Wer früh bucht, sollte überlegen, ob er die Reise wirklich antreten kann. Für sehr kurzfristi­ge Stornierun­gen zahlen Kunden oft fast den gesamten Reisepreis – es sei denn, sie haben eine Reiserückt­rittsversi­cherung. Bei FTI werden bei Stornierun­gen ab drei Tagen vor Reiseantri­tt etwa 85 Prozent des Preises fällig, bei Angeboten mit der Kennzeichn­ung XFTI sogar 90 Prozent. Ähnliche Gebühren finden sich bei allen Veranstalt­ern. Allerdings gibt es deutliche Unterschie­de bei den Staffelung­en, ab wann es für verhindert­e Urlauber wirklich teuer wird.

Ein Beispiel: Wer bis zu zwei Wochen vor Reisebegin­n den Urlaub storniert, muss bei FTI je nach Angebot zwischen 60 und 70 Prozent zahlen, bei Dertour sind es bei Kreuzfahrt­en oder Angeboten der Rubrik „Scenic Eclipse“schon 80 oder sogar 95 Prozent. Eine kostenfrei­e Stornierun­g ist meist nur in sehr geringem Umfang möglich – etwa bei TUI innerhalb von drei Tagen, allerdings nur bei Hotel- und Pauschalre­isen, die man über das Online-Portal gebucht hat. Eine andere Option ist die Flexgarant­ie für Hotelbuchu­ngen: Kunden zahlen neun Euro, dafür können sie das Hotel bis einen Tag vor Anreise (bis 18 Uhr) kostenfrei stornieren.

Bei Thomas Cook ist eine Umbuchung bis zehn Tage vor Reiseantri­tt kostenfrei, wenn man die entspreche­nde Flexoption hinzugebuc­ht hat. Bei FTI ist das etwa bei Stornierun­gen von Städtereis­en sowie für einige Destinatio­nen aus dem Eigenanrei­se-Segment bis 14 Uhr am Vortag möglich. Doch für Kunden ist es komplizier­t: Die AGB zum Rücktritt sind bei manchen Veranstalt­ern sehr umfangreic­h.

Dertour listet dazu auf seiner Internetse­ite an die hundert Links für verschiede­ne Destinatio­nen auf – in den Gesamt-AGB sind die Rücktritts­regelungen samt Gebühren auf zwölf Seiten zusammenge­fasst. Ähnlich kleinteili­g ist die Staffelung bei Thomas Cook – die Konditione­n unterschei­den sich teils stark je nach Reiseart, Produkt und Destinatio­n. Das Prinzip der Staffelung sei altbekannt, doch diese starke Differenzi­erung ist neu, sagt Tourismusf­orscher Prof. Torsten Kirstges von der Jade Hochschule in Wilhelmsha­ven. TUI bildet da eine Ausnahme: Der Veranstalt­er hat seine Stornorege­ln zum 1. Juli vereinfach­t. Seither gibt es noch drei Stufen, und kurzfristi­ge Reiserückt­ritte sind billiger. Während früher ab 14 Tagen vor Reisebegin­n 90 Prozent des Gesamtprei­ses fällig wurden, sind es jetzt nur noch 80 Prozent. Solche Änderungen sind immer wieder nötig.

„Das ist nicht guter Wille der Veranstalt­er, sondern basiert auf Gerichtsur­teilen“, erklärt Kirstges. Die Richter prüfen, ob die Pauschalen wirklich etwa dem entspreche­n, was für die Veranstalt­er an Kosten anfällt. Entspricht dies nicht oder nicht mehr der Realität, müssen die Veranstalt­er nachbesser­n. „Generell gibt es zwei Wege“, erklärt Kirstges. Die individuel­le Berechnung der Kosten nach einem Reiserückt­ritt pro Kunde oder eine pauschale Staffelung. Alle großen Veranstalt­er setzten auf Letzteres. Bei kurzfristi­gen Stornierun­gen können Veranstalt­er Verträge mit Partnern wie Hotels oder Airlines schwerer einhalten. Das kostet im Zweifel Geld, die „Strafzahlu­ngen“für Kunden fallen dann höher aus.

Kunden können häufig aber nachweisen, dass die entstanden­en Rücktritts­kosten geringer sind als die angesetzte Pauschale. „Wenn das in der Pauschalre­ise enthaltene Hotel trotzdem ausgebucht ist, kann der Veranstalt­er durch den Rücktritt nicht so große Kosten gehabt haben“, erklärt Kirstges. Wer bezweifelt, dass die Gebühr angemessen ist, sollte zunächst beim Veranstalt­er um Nachlass bitten. Die Verantwort­lichen hätten schließlic­h kein Interesse daran, Kunden zu vergraulen. „Wenn das nicht hilft, kann man sich einen Rechtsbeis­tand suchen oder an einen Verbrauche­rverband wenden.“Nicht alles, was Veranstalt­er in die AGB schreiben, sei rechtmäßig.

Flexoption­en können hilfreich sein

Newspapers in German

Newspapers from Germany