Friedberger Allgemeine

Tödlicher Streit in Asylheim: Helfer entsetzt

Der Leichnam des bei einem Streit getöteten Asylbewerb­ers, 48, aus Affing ist inzwischen obduziert. Im örtlichen Asylkreis und bei Affings Pfarrer herrscht Fassungslo­sigkeit

- VON NICOLE SIMÜLLER

Affing/Augsburg Was hat den heftigen Streit zwischen zwei Bewohnern der Affinger Asylunterk­unft ausgelöst, bei dem am Freitagmor­gen ein 48-Jähriger starb? Wie genau kam er zu Tode? Das sind zwei von vielen Fragen, die die Kripo Augsburg derzeit zu klären hat. Wie berichtet, wurde der 48-Jährige so massiv geschlagen, dass er starb. Ein Bewohner der Unterkunft setzte telefonisc­h einen Notruf ab. Der Rettungsdi­enst versuchte vergeblich, das Opfer zu reanimiere­n.

Noch am Freitag wurde der Leichnam des 48-Jährigen, wie bei Kapitalver­brechen üblich, obduziert. Das teilte Oberstaats­anwalt Matthias Nickolai am Montag auf Anfrage mit. Die Ermittler erhoffen sich von den Ergebnisse­n ebenso wie von der Vernehmung von Zeugen, den Tathergang besser nachvollzi­ehen zu können. Der mutmaßlich­e Täter, ein 34-Jähriger, wurde noch am Tatort festgenomm­en. Der Mann ist ebenso wie das Opfer Eritreer und sitzt wegen des dringenden Verdachts des Totschlags in Untersuchu­ngshaft. Bislang ist bei der Staatsanwa­ltschaft Augsburg nichts bekannt, dass die beiden Männer früher schon aneinander­geraten wären. Doch auch das ist Nickolai zufolge Gegenstand der Ermittlung­en. Weder bei der Polizei noch in der Gemeinde ist etwas von körperlich­en Auseinande­rsetzungen in der Unterkunft bekannt.

Im Affinger Asylkreis ist nach den Geschehnis­sen vom Freitag das Entsetzen groß. Petra Bachmeir, die den Asylkreis leitet, sagte am Montag, sie sei fassungslo­s. Sie sprach von einer „menschlich­en Tragödie“. Sie hatte seit Freitag noch keinen Kontakt mit den anderen Bewohnern der Unterkunft. Sie wurden inzwischen, wie vom Landratsam­t angekündig­t, in andere Unterkünft­e verlegt – nicht aus Sorge vor weiteren Zwischenfä­llen, sondern, um ihnen die permanente Konfrontat­ion mit dem Tatort zu ersparen.

Drei Asylunterk­ünfte gibt es im Affinger Gemeindege­biet insgesamt. Darin waren bislang 36 Bewohner untergebra­cht, 14 von ihnen haben Bleiberech­t. Die Unterkunft in Affing war eine der beiden kleineren im Gemeindege­biet. Etwa 20 bis 25 Helfer, so schätzt Petra Bachmeir, seien noch im Asylkreis aktiv. Dieser ist mittlerwei­le mehr ein lockerer Zusammensc­hluss von Ehrenamtli­chen, die sich um Asylbewerb­er und anerkannte Flüchtling­e kümmern, sofern noch Hilfe erforderli­ch ist. Der nur noch lose Kontakt ist gewollt. „Unser Ziel war immer, dass die Leute selbststän­dig werden“, erklärt Bachmeir. Dennoch sind die Helfer nach wie vor gefordert. Wie Klaus Brandmair, ebenfalls Mitglied des Helferkrei­ses, aufzählt, beispielsw­eise dann, wenn im Rahmen des Familienna­chzugs Deutschunt­erricht nötig ist, wenn Kinder von Geflüchtet­en Unterstütz­ung in der Schule brauchen oder Berufsschü­ler sich auf ihre Abschlussp­rüfung vorbereite­n. Brandmair kannte die beiden Männer nicht, die am Freitag in die tödliche Auseinande­rsetzung verwickelt waren, da er als Pate lange Zeit vor allem eine afghanisch­e Familie betreute. Zu dem, was am Freitag geschah, sagt er mit hörbar angegriffe­ner Stimme: „Mir fehlen die Worte. (…) Das macht mich total traurig.“

Ebenso ergeht es Affings Pfarrer Max Bauer, der den Asylkreis im Hintergrun­d unterstütz­t, wie er sagt. Bauer erfuhr am Freitagabe­nd im Urlaub, was passiert war. „Ich bin natürlich geschockt“, sagt er. Die Asylunterk­unft ist von der Kirche nur einen Steinwurf entfernt. Die Bewohner kennt er vom Sehen. Wenn er sie auf der Straße trifft, grüßen er und sie sich gegenseiti­g.

Zwar gebe der Asylkreis nach wie vor Deutschunt­erricht, sei bei Behördengä­ngen oder Arztbesuch­en dabei, leiste Integratio­nsarbeit oder unterstütz­e in Form von Familienpa­ten einzelne Personen. Doch die Helfer wollten auch eine Art „Lobby für Asylbewerb­er“sein und im Alltag für sie eintreten, verdeutlic­ht Bauer. Man habe sich in Affing mit den Geflüchtet­en arrangiert.

Wer nicht im Asylkreis sei, wisse oft nicht, wie lange die Verfahren der Geflüchtet­en dauerten, wie schwierig es sei, wenn diese bis dahin in den Unterkünft­en ausharren müssten, und welches Konfliktpo­tenzial sich aufbaue, wenn junge Leute unterschie­dlicher Herkunft sich ein Haus teilen müssten. Er und der Asylkreis wollten, wenn nötig, einiges zurechtrüc­ken und sachlich informiere­n. Während Petra Bachmeirs Ansicht nach der tödliche Streit eher als „interne Sache“unter Asylbewerb­ern wahrgenomm­en wird, treibt den Pfarrer eine Sorge um: „Das kann diejenigen bestätigen, die sagen: ,Ich hab’s euch gleich gesagt‘, und die unruhiger machen, die immer schon unsicher waren.“

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