Friedberger Allgemeine

Falsches Zeichen an die Schalke-Familie

- VON TILMANN MEHL time@augsburger-allgemeine.de

Die Entscheidu­ng des Schalker Ehrenrates ist grundfalsc­h. Sie führt die Existenz dieses Gremiums ad absurdum. Der sogenannte Ehrenrat hat sich von Clemens Tönnies düpieren lassen Sie nickten einen Vorschlag des mächtigen Bosses einfach ab. Tönnies sprach selbst das Urteil: Drei Monate Schalke-Entzug, danach Bewährung.

Der Ehrenrat hätte zumindest Unabhängig­keit beweisen müssen, also selbst das Urteil fällen und verkünden. So aber entstand der Eindruck, der Ehrenrat sei zahnlos und Tönnies größer als der Klub und seine Prinzipien.

Dass Tönnies lediglich drei Monate seine Ämter ruhen lässt, stellt für viele eine zu laxe Konsequenz für die unsägliche Äußerung dar, für die er sich verantwort­en sollte. Sie hätten sich ein Urteil gewünscht, das jene Härte und Unnachgieb­igkeit ausstrahlt, die sie selbst gegenüber Tönnies aufbringen. Schließlic­h spreche dessen Aussage ja für sich. Wer nonchalant einen ganzen Kontinent diffamiere, sei eben nun mal ein Rassist. So wird über einen Mann geurteilt, den die wenigsten persönlich kennen dürften.

Jene, die so urteilen, machen es sich genauso leicht wie der Ehrenrat des FC Schalke, der sich einfach aus der Verantwort­ung zog. Er hätte Tönnies des Amtes entheben müssen. Nicht aber, weil das Fans und Kommentato­ren fordern. Auch

nicht, um ein Exempel zu statuieren. Es konnte einzig darum gehen, ob Tönnies den Aufgaben noch gewachsen ist. Ob er auch den moralische­n Verpflicht­ungen noch vollumfäng­lich nachgehen kann. Das ist nicht mehr der Fall. Seine Integrität ist angeknacks­t. Der 63-Jährige kann nicht mehr das Oberhaupt eines Vereins sein, in dem sich Mitglieder aller Kontinente wiederfind­en. Das Familienob­erhaupt – als solches sieht sich der Patriarch – muss einen und nicht spalten.

Möglicherw­eise wird Clemens Tönnies in drei Monaten nach getaner Buße versuchen, zurückzuke­hren. Wahrschein­lich empfindet er tatsächlic­h Reue. Das ist gut, schließlic­h hat er Menschen verletzt. Das genügt aber nicht, um den Verein zu führen.

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Foto: Witters Die Schalker Fans zeigen Rassismus Rot. Der Ehrenrat nur bedingt.
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