Friedberger Allgemeine

Die Rinder weiden jetzt im Industrieg­ebiet

Es ist ein ungewohnte­r Anblick neben Schnellres­taurant, Märkten und Betrieben: In Lechhausen sind jetzt zwölf Tiere als Landschaft­spfleger im Einsatz. Ihr Fleisch wird später im Hofladen verkauft

- VON CAROLIN STEINKE

Wer in letzter Zeit im Lechhauser Industrieg­ebiet spazieren gegangen ist, der konnte eine überrasche­nde Entdeckung machen. Denn inmitten von Firmengebä­uden, Baumarkt und Schnellres­taurants kann man dort seit einer Woche Rinder sehen, die gemütlich auf einer Weide zwischen Derchinger- und Südtiroler Straße grasen.

Bei den Tieren handelt es sich um Pinzgauer Rinder, einer vom Aussterben bedrohten Rinderrass­e aus Österreich. Im Rahmen des Projekts „Weidestadt Augsburg“werden diese nun als Landschaft­spfleger auf einer Wiese am Siebenbrun­nenbach eingesetzt, die sich mitten im Industrieg­ebiet befindet. Durch die Beweidung mit den Rindern soll dieses Areal nun zum Grünland weiterentw­ickelt werden.

Bislang weiden auf dieser Wiese sechs Kühe und sechs Kälber. Die Rinder gehören dem Friedberge­r Rinderhalt­er und Landwirt Martin Augustin. Er sagt, das Pinzgauer Rind sei für den Einsatz in der Landschaft­spflege gut geeignet: „Die Tiere sind sehr robust und wetterunem­pfindlich.“

Die Kälber werden in der sogenannte­n Mutterkuhh­altung gehalten. „Das bedeutet, dass die Rinder nicht gemolken werden, sondern nur ihre eigenen Kälber säugen“, sagt Augustin. Es werde auch nicht anderweiti­g zugefütter­t. Die meisten Rinder werden nach seinen Worten im Alter von zwei Jahren geschlacht­et. Danach werden sie im „Körners Hofladen“in Friedberg verkauft. „So weiß man genau, wo das Fleisch herkommt“, sagt Umweltrefe­rent Reiner Erben.

Die Beweidung mitten im Industrieg­ebiet bezeichnet Erben als „eine sehr schonende Art der Landschaft­spflege“. Denn Erfahrunge­n aus verschiede­nen Beweidungs­prozeigen, dass Rinder neben Problemgrä­sern wie dem Landreitgr­as, das sich massiv ausbreitet, auch Gehölze zurückdrän­gen. So schaffen sie blütenreic­he Grünfläche­n. Doch nicht nur ziehen die Blüten allerlei Insekten an, auch vom Dung der Rinder profitiere­n nach Erbens Worten viele Arten. Vögel und Kleinsäuge­r finden auf diesen Weiden ein reichhalti­ges Nahrungsan­gebot.

„Indem wir die traditione­lle Landwirtsc­haft wieder aufleben laskönnen wir den Insekten- und Artenschut­z unterstütz­en“, sagt der Umweltrefe­rent. Die Beweidung im Stadtteil Lechhausen schaffe eine wertvolle Verbindung zwischen Landschaft­spflege, Landwirtsc­haft und Naturschut­z. Außerdem zeige sie deutlich, dass der Anspruch der Nachhaltig­keit auch im innerstädt­ijekten schen Bereich verwirklic­ht werden kann.

Doch eines ist Umweltrefe­rent Erben auch bewusst: „Wir tun im Stadtgebie­t so viel wie möglich und wollen noch weitere Flächen beweiden. Trotzdem ist und bleibt die konvention­elle Landwirtsc­haft ausschlagg­ebend, was den Artenschut­z betrifft“, sagt Erben. Die Beweidung im Industrieg­ebiet leiste dennoch einen wertvollen Beitrag. Im Stadtgebie­t von Augsburg gibt es inzwischen mehrere Beweidungs­prosen, jekte des Landschaft­spflegever­bands Augsburg.

Schon seit vielen Jahren leben im Stadtwald an der Grenze zu Königsbrun­n die Przewalski­pferde. In der Wolfzahnau sind Rinder im Einsatz und auch im Süden der Stadt bei Bannacker grasen inzwischen Rinder. Im Rahmen der Weidestadt Augsburg sind zudem Schafe und Ziegen als „Rasenmäher“unterwegs. Man kann sie zum Beispiel auf den Heidefläch­en in den Lechauen sehen.

Es weiden auch Schafe, Pferde und Ziegen

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Foto: Christoph Kölle Die Pinzgauer Rinder von Martin Augustin weiden jetzt in Lechhausen. Die Rasse ist vom Aussterben bedroht.

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