Friedberger Allgemeine

Wie zwei Putten den Heimweg nach Augsburg fanden

Die Figuren gelten als kunsthisto­rische Sensation – auch, weil sie verscholle­n waren. Wo sie nun zu sehen sind

- VON MIRIAM ZISSLER

Sie sind wieder da: Die beiden kleinen Steinskulp­turen, die vor einigen Monaten in Paris auftauchte­n und vor allem bei Kunstkenne­rn für Begeisteru­ng sorgten, wurden am Montag in Augsburg der Öffentlich­keit vorgestell­t. Damit ist die Sensation perfekt, denn das Interesse an den knapp 30 Zentimeter hohen Putten war von Anfang an groß. Die französisc­he Tageszeitu­ng Le Figaro schrieb im April, dass ein „Juwel“wieder aufgetauch­t sei. Die Geschichte dieser Engelsfigu­ren ist aber auch außergewöh­nlich.

Sie führt zunächst nach Augsburg, denn dort „sitzen“fünf weitere Putten im Maximilian­museum. Geschaffen wurden sie im 16. Jahrhunder­t von Bildhauer Hans Daucher. Das Ensemble der Engel zierte einst die Fuggerkape­lle in der Augsburger Annakirche. „Bislang ging man davon aus, dass sechs Putten die Kapelle bekrönten, von denen einer verscholle­n ist. Er wurde durch eine Neuschöpfu­ng ersetzt. Tatsächlic­h waren es ursprüngli­ch aber sieben, wie die sensatione­lle Wiederentd­eckung zweier Putten zeigt“, sagt Christoph Emmendörff­er, Leiter des Maximilian­museums.

Vor einigen Monaten wurde Christof Trepesch, Leiter der Städtische­n Kunstsamml­ungen, über die Existenz der beiden Putten informiert, die im Nachlass der französisc­hen Adelsfamil­ie Schickler-Pourtàles auftauchte­n. Sie sollten gemeinsam mit anderem Inventar des Familiensc­hlosses Martinvast bei Sotheby’s in Paris versteiger­t werden. „Wir waren elektrisie­rt.“

Gemeinsam mit Christoph Emmendörff­er setzte er alles daran, die beiden verlorenen Putti zurück nach Augsburg zu holen. Stiftungen, Geldgeber und andere Partner wurden angeschrie­ben. „Nicht überall hat eine Zusammenar­beit geklappt“, sagt Christof Trepesch. Doch die Stadt Augsburg, das Bundeskuns­tministeri­um, die Kulturstif­tung der Länder sowie die Ernst von Siemens Kunststift­ung zogen schließlic­h gemeinsam an einem Strang. Christoph Emmendörff­er fuhr im Mai zur Versteiger­ung nach Paris. Im Auktionsha­us Sotheby’s war er allerdings nur Zuschauer. Als Bieter war die Bremer Galerie Neuse mit ihren Geschäftsf­ührern Volker Wurster und Achim Neuse vor Ort. „Selbst Sotheby’s wusste nicht, wer hinter diesen Bietern stand“, erzählt Christof Trepesch.

Er war während der Versteiger­ung in Augsburg und hielt mit Christoph Emmendörff­er und Martin Hoernes, Generalsek­retär der Ernst von Siemens Kunststift­ung, Kontakt per Handy. „Die beiden Putten waren das Top-Los in der Versteiger­ung. Durch die Berichters­tattung im Figaro hatten sie viel Aufmerksam­keit bekommen. Wir wussten nicht, wie hoch der Preis gehen wird“, so Trepesch. Doch in wenigen Minuten war alles klar: Der Hammer fiel beim Preis von 2,35 Millionen Euro. Der Zuschlag ging an die Bremer Galerie und somit an das Konsortium, das für die Stadt Augsburg die beiden Figuren ersteigert­e. „Wir waren restlos begeistert“, sagt Christof Trepesch.

Inzwischen sind die beiden Putten wohlbehalt­en in Augsburg angekommen. „Sie wurden in einer Spezialkis­te in einem Kunsttrans­porter nach Augsburg gebracht. Natürlich waren sie auch entspreche­nd verpackt und gepolstert“, erzählt der Kunstsamml­ungsleiter. Am Montag wurden die Engelsfigu­ren Vertretern der Medien und der Stadtgesel­lschaft im Felicitas-Saal des Maximilian­smuseums vorgestell­t. In diesem Museum können sie künftig besichtigt werden.

Mit der Heimkehr ist die Forschung an den Fuggerputt­en allerdings noch lange nicht abgeschlos­sen. Wie die Putten einmal in der Fuggerkape­lle angeordnet waren, muss nun beispielsw­eise vollkommen neu überdacht werden.

Kunsthisto­riker Martin Hoernes erklärt im Interview im Feuilleton regional, wie der spektakulä­re Ankauf zustande kam. »

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Große Freude über zwei kleine Steinfigur­en: Christoph Emmendörff­er (l.) und Christof Trepesch (r.) von den Kunstsamml­ungen begutachte­n mit (v. l.) Markus Hilgert (Kulturstif­tung der Länder), Martin Hoernes (Ernst von Siemens Kunststift­ung) und Kulturrefe­rent Thomas Weitzel die Museums-Neuzugänge.
Foto: Ulrich Wagner Große Freude über zwei kleine Steinfigur­en: Christoph Emmendörff­er (l.) und Christof Trepesch (r.) von den Kunstsamml­ungen begutachte­n mit (v. l.) Markus Hilgert (Kulturstif­tung der Länder), Martin Hoernes (Ernst von Siemens Kunststift­ung) und Kulturrefe­rent Thomas Weitzel die Museums-Neuzugänge.

Newspapers in German

Newspapers from Germany