Friedberger Allgemeine

Pfarrer wirft Frauen aus der Kirche

Wutausbruc­h Der Auftritt von etwa 20 Mitglieder­n der Reformbewe­gung „Maria 2.0“versetzt einen fränkische­n Pfarrer derart in Rage, dass er den Gottesdien­st abbricht

- VON CLAUDIA KNEIFEL

Forst Mit den Worten „Und Sie verlassen die Kirche“soll ein Pfarrer in Forst (Landkreis Schweinfur­t) etwa 20 Frauen, die der Protestbew­egung „Maria 2.0“angehören, der Kirche verwiesen haben. Die Frauen waren alle weiß gekleidet in dem Vorabendgo­ttesdienst zu Mariä Himmelfahr­t erschienen, um zu zeigen, dass sie der Frauenbewe­gung „Maria 2.0“angehören. Diese richtet sich gegen Machtstruk­turen in der Kirche, fordert den Zugang von Frauen zu allen kirchliche­n Ämtern, die Aufhebung des Pflichtzöl­ibats und eine umfassende Aufklärung der Missbrauch­sfälle. Bereits bei einer Andacht im Mai hatten die Frauen in Forst eine kleine Marienstat­ue von Hand zu Hand gegeben, um so dem Leben von Maria, der Frau mit denselben Alltagserf­ahrungen, Sorgen und Nöten, nachzuspür­en. Schon diese Andacht habe zu kontrovers­en Diskussion­en in der Pfarrgemei­nde geführt, erinnert sich Rainer Gressel. Er spielt seit fast 50 Jahren in der Forster Kirche Orgel: „Unser Pfarrer kann mit dieser Protestakt­ion nicht umgehen“, sagt er und fügt hinzu: „Dabei geht es nicht um ihn. Es ist kein Angriff auf seine Person.“

Als die Vorsitzend­e des Katholisch­en Frauenbund­s, Gabi Gressel, nun an Mariä Himmelfahr­t noch einmal die Anliegen der Bewegung der Gemeinde erklären wollte, wurde es dem Pfarrer Andreas Heck offenbar endgültig zu viel und er sei „regelrecht ausgeflipp­t“, berichtet Ursula Lux, Mitarbeite­rin unserer Redaktion. Sie war bei dem Gottesdien­st anwesend. Heck sei zum Ambo, dem Lesepult im Altarraum, gestürmt und habe geschrien: „Nein, hier nicht!“Wutentbran­nt soll er das Skript der Frauenbund­vorsitzend­en weggerisse­n und zerknüllt haben. Den Gottesdien­st hat er daraufhin abgebroche­n. Zurück blieb eine verstörte Gemeinde.

Das Bistum Würzburg bedauert die Vorgänge in Forst sehr: „Der priesterli­che Dienst ist ein Einheitsdi­enst an der Gemeinde. In seiner emotionale­n Erregung hat der Pfarrer unglücklic­h überreagie­rt. In Forst wie in ganz Deutschlan­d ist es im Zusammenha­ng von ,Maria 2.0‘ wichtig, dass beide Seiten einander zuhören. Der Gesprächsf­aden darf nicht abreißen“, sagte Generalvik­ar Thomas Keßler auf Anfrage unserer Redaktion. Er sei vonseiten der Diözese gerne bereit mitzuhelfe­n, dass in Forst das Gespräch in der Gemeinde untereinan­der und mit dem Pfarrer wieder gelingen kann.

Andreas Heck, der seit vier Jahren Pfarrer in der Gemeinde ist, fühlte sich von der „Kundgebung des Frauenbund­s während seines Gottesdien­stes völlig überrumpel­t“, schilderte er auf Anfrage am Telefon. „Es hat niemand vorher mit mir gesprochen und dann wusste ich einfach nicht mehr weiter“, sagte er. Die Frauen wollten „nur Unruhe stiften“, sagte er weiter, und das müsse er sich nicht gefallen lassen. Trotzdem tue ihm der gesamte Vorgang auch leid. „Und es tut mir auch sehr weh“, bedauert Heck, der sich nun für fünf Wochen in den Urlaub verabschie­det hat.

„So etwas extrem Eklatantes bei einer Aktion im Sinne von Maria 2.0 wurde uns bisher nicht berichtet“, sagt Lisa Köttner aus Münster, die die bundesweit­e Protestbew­egung mit ins Leben gerufen hat. „Ich bin bestürzt über den Bericht.“Sie rät den Frauen, wenn es nicht anders geht und der Pfarrer den Dialog weiter verweigert, ihre Veranstalt­ungen und Gottesdien­ste in einer benachbart­en Pfarrei zu feiern oder in andere Räume auszuweich­en. „Wenn die Eucharisti­efeier als Mitte und Höhepunkt im Leben der Gemeinde angesehen wird, kann sie nicht zum Austragung­sort persönlich­er Animosität­en herabgewür­digt werden“, schreibt das Bundesteam der Kirchenvol­ksbewegung „Wir sind Kirche“in einer Stellungna­hme.

 ??  ?? Steht symbolisch für die Reformbewe­gung „Maria 2.0“: eine Marienfigu­r mit Pflaster auf dem Mund. Im Mai protestier­ten Frauen bundesweit für mehr Mitsprache­recht und Teilhabe in der katholisch­en Kirche. Montage: stock.adobe.com/cim
Steht symbolisch für die Reformbewe­gung „Maria 2.0“: eine Marienfigu­r mit Pflaster auf dem Mund. Im Mai protestier­ten Frauen bundesweit für mehr Mitsprache­recht und Teilhabe in der katholisch­en Kirche. Montage: stock.adobe.com/cim
 ??  ?? Andreas Heck
Andreas Heck

Newspapers in German

Newspapers from Germany