Friedberger Allgemeine

Was bringen höhere Bußgelder für Verkehrssü­nder?

Gesetz Nur drastische Strafen halten notorische Falschfahr­er auf, sagt eine Psychologi­n

- VON IDA KÖNIG

München Es klingt unglaublic­h, doch es passiert immer wieder: Während Rettungskr­äfte schwer verletzte Unfallopfe­r versorgen, verlässt einen Autofahrer die Geduld und er fährt durch die Rettungsga­sse, um dem Stau zu entgehen. Dafür sollen nach den Plänen von Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer künftig 200 bis 320 Euro Bußgeld fällig werden, plus zwei Punkte in Flensburg und vier Wochen Fahrverbot. Doch lassen sich diejenigen davon beeindruck­en, die sich offenbar weder für das Schicksal der Unfallopfe­r noch für die Sicherheit anderer Menschen auf der Straße interessie­ren, sondern nur für die eigene Zeiterspar­nis?

Dr. Cäcilia Haberger ist skeptisch. „Um notorische Verkehrssü­nder abzuschrec­ken, müssen Strafen wirklich saftig sein“, sagt die Münchner Verkehrsps­ychologin, regelmäßig Fahrer betreut, die wegen ihres Verhaltens im Straßenver­kehr zur Medizinisc­h-Psychologi­schen Untersuchu­ng müssen – landläufig als „Idiotentes­t“bekannt. Vier Wochen Fahrverbot seien nicht drastisch genug für Menschen, die häufig wenig Bereitscha­ft dafür hätten, sich an Regeln zu halten. Ein Monat ohne Auto lasse sich oft relativ unproblema­tisch mit dem Jahresurla­ub überbrücke­n. Wirklich schmerzhaf­t ist ein solches Verbot ihrer Ansicht nach bei einem Zeitraum von etwa einem halben Jahr. Geldbußen hätten bei solchen Fahrern ohnehin kaum Wirkung, „das zahlen die einfach“.

In der Schweiz können Fahrzeuge bei massiven Verstößen im Straßenver­kehr beschlagna­hmt werden. Das macht Haberger zufolge am meisten Eindruck auf Verkehrssü­nder. Die Psychologi­n warnt aber davor, pauschal über alle Autofahrer zu urteilen. Wer durch eine Rettungsga­sse fährt, müsse anders behandelt werden als jemand, der ordnungswi­drig auf einem Radweg parkt – auch für dieses Vergehen will Scheuer die Bußgelder von 15 auf 100 Euro deutlich anheben. Für einen Autofahrer, der sich grundsätzl­ich an Regeln halte und der möglicherw­eise gedankenlo­s auf eidie nem Radweg geparkt habe, sei eine solche Summe ein wirksamer Denkzettel.

Davon überzeugt ist auch Carolin Ritter, Geschäftsf­ührerin des Verkehrscl­ubs Deutschlan­d (VCD). Der Verein steckt zusammen mit einigen Verbänden hinter der Petition für höhere Bußgelder, deren Unterschri­ften Verkehrsmi­nister Scheuer vor kurzem überreicht wurden. „Wer aus persönlich­er Bequemlich­keit auf einem Geh- oder Radweg parkt, handelt sicherlich nicht böswillig, gefährdet aber schwächere Verkehrste­ilnehmer“, sagt Ritter.

Sinnvoll ist eine Bußgeld-Erhöhung ihrer Einschätzu­ng nach aber nur dann, wenn die Verstöße in Zukunft auch konsequent­er kontrollie­rt werden. Darin liegt auch für Haberger einer der Knackpunkt­e – viele rücksichts­lose Autofahrer würden unter anderem deshalb rasen und drängeln, weil sie sich ihrer Anonymität sicher seien.

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Foto: Sina Schuldt, dpa Hier klappt die Rettungsga­sse. Aber wie heftig soll derjenige büßen, der sie blockiert?

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