Wo die Feuerwehr besondere Einsätze hat
Serie 5 Menschen aus Autos schneiden, den Verkehr sichern, Öl abbinden: Wenn es auf der A 8 kracht, muss häufig auch die Feuerwehr ausrücken. Ein Kommandant aus Adelzhausen berichtet, was er und seine Kollegen tun müssen – und erleben
Adelzhausen Wenn Christoph Schmaus über die A 8 fährt, empfindet er meist Stress. „Man spürt die Aggressivität in den Autos. Jeder will vorankommen.“Schmaus sitzt im VW-Bulli der Feuerwehr Adelzhausen. Er ist Zweiter Kommandant. Der Verkehr fließt gut an diesem Ferientag, keiner drängelt, die Lkw rollen rechts. Schmaus, 52, umfasst das Lenkrad mit beiden Händen. Kilometer 29, Adelzhauser Berg: „Hier hatte unsere Feuerwehr ihren ersten Einsatz auf der Autobahn.“Das war Ende der 1980er Jahre, eine Massenkarambolage. Seitdem beschäftigt die Autobahn die Adelzhauser Wehr ständig.
Öl abbinden, den Verkehr regeln, Milchlaster bergen, Menschen aus Autos schneiden: Im vorigen Jahr fanden neun von zehn Einsätzen der Adelzhauser Feuerwehr auf der A8 statt. 100 Einsätze waren es insgesamt. Das Einsatzgebiet erstreckt sich von Dasing bis Odelzhausen, von Kilometer 38 bis 24. Drei Anschlussstellen, 14 Kilometer, sechs Spuren. Die Zeiten, dass der kleine 1700-Einwohner-Ort eine freiwillige Feuerwehr für Dorf-Einsätze hatte, sind vorbei: Zwar gibt es größere Städte mit größeren Wehren an der A8, aber auch in Adelzhausen gibt es 70 Aktive.
Die müssen bei jedem Wind und Wetter raus. Gerade bei Nässe und Dunkelheit scheppert es häufig. Wenn es wochenlang mal keinen Einsatz gebt, sagt Schmaus, dann kämen innerhalb kurzer Zeit drei. „Triangel“nennt er das. Überhöhte Geschwindigkeit sei eine Hauptursache für die dann oft schweren Unfälle. Auch bei den Spurwechseln passiert viel, seitdem die Strecke drei Streifen pro Richtung hat. Viele Unvorsichtige seien zu beobachten. Schmaus ärgert, dass der Blinker bei vielen in Vergessenheit zu geraten scheint. Hinzu kommt die Aquaplaning-Gefahr: Auf der Beton-Piste fließe das Wasser nicht so gut ab wie etwa auf Flüsterasphalt.
„Jeder denkt, er macht alles richtig“, sagt Schmaus. Aber auch er erwische sich hin und wieder dabei, wie er zu dicht auffahre. Ein Tem
polimit und Lastwagen-Überholverbot hält er für sinnvoll. Es wären eh oft nur fünf Minuten, die LkwFahrer beim „Elefantenrennen“rausholen könnten.
Die Zahl der Unfälle auf der A8 zwischen Adelzhausen und Zusmarshausen ist im Vergleich zum Vorjahr schon wieder um zehn Prozent gestiegen. 984 Unfälle in 2018 listet die Statistik des Polizeipräsidiums Schwaben Nord auf. Auch die Zahl der Verletzten stieg an – um fast 20 Prozent auf zuletzt 345. Die Zahl der Toten blieb gleich: 2018 und 2017 gab es je ein Todesopfer.
Mehr als jeder Dritte der Verletzten sei Opfer eines Unfalls, bei dem die Autos schneller als 130 Stundenkilometern unterwegs waren. Weitere Gründe sind der mangelnde Sicherheitsabstand und Überholen.
Auch wenn es mehr Verletzte gibt, hat Schmaus den Eindruck, dass es tendenziell weniger Schwerverletzte bei den Einsätzen gegeben habe. Das könne damit zu tun haben, dass Autos immer sicherer geworden seien, sagt der 52-Jährige, von Beruf Montageleiter im Karosseriebau. An der A8 sind neben der Adelzhauser noch sieben weitere Feuerwehren zuständig: Zusmarshausen, Adelsried, Neusäß, Gersthofen, Augsburg, Friedberg und Dasing. Für Alfred Zinsmeister, Kreisbrandrat im Landkreis Augsburg, ist die Autobahn ein „besonderes Einsatzgebiet“. Mehrere Spuren und höhere Geschwindigkeiten – das macht es den Einsatzkräften nicht leicht: „Der Schutz“, sagt Zinsmeister in Bezug auf die Helfer, „ist oberstes Gebot.“Und eine gute Ausstattung ist wichtig – und teuer. Die Adelzhauser sollen ein neues Löschgruppenfahrzeug „Katastrophenschutz“vom Bund bekommen. Das aktuelle ist veraltet.
Schmaus weiß, wie gefährlich es da draußen ist. Besonders nachts, im Herbst, bei Nebel, wenn sich Unfälle nach einer Kuppe ereignen: „Da geht einem die Düse.“Er war schon öfter der Erste am Einsatzort. Doch weder ihm noch seinen Kollegen sei bisher etwas zugestoßen. Zum Glück. Nur einen verknacksten Fuß gab es mal. Feuerwehr-Leute auf der Autobahn sind auch aufwühlenden Erlebnissen ausgesetzt. Etwa, wenn sie Tote bergen müssen. Bisher habe Schmaus dreimal tödlich Verunglückte aus einem Auto gezogen. Besonders schwierig sei es, wenn ein Toter eingeklemmt ist. „Das kann man nicht vergessen“, sagt Schmaus und schaut in die Ferne. „Darüber muss man reden.“Vor gut 15 Jahren sei eine Familie mit ihrem Auto von hinten in einen Lkw gefahren. „Diese Art von Unfall ist besonders schlimm.“
Sechs Jahre will Schmaus noch Vize-Kommandant bleiben. Dann sind es 30 Jahre. Seitdem er 15 Jahre alt ist, ist er bei der Feuerwehr. „Da wächst man so rein. Das war so üblich.“Er ist in Adelzhausen geboren und lebt dort mit seiner Frau und drei Kindern im renovierten Elternhaus. Sein Onkel war früher Kommandant. Schmaus setzt den Blinker, Abfahrt Adelzhausen. Auch wenn ihnen die A8 viel Arbeit macht, seien sie stolz auf die Abfahrt. Und die Aufgabe. Und sie machen ihren Job gern.