Was beim Medizinstudium in Augsburg anders läuft
Ausbildung Im neuen Modellstudiengang wird Wissen nicht mehr in der klassischen Fächeraufteilung vermittelt. Studierende üben mit Schauspielern. Auch eine klassische Prüfung fällt weg
Was läuft anders, wenn in Augsburg der neue Modellstudiengang für Humanmedizin startet? Welche Bewerber kommen zum Zug, wenn es im Oktober an der Universität losgeht? Medizin-Studiendekan Christoph Schindler erklärt Details.
Der Augsburger Medizinstudiengang soll innovativ sein. Schindler sagt: „Eine Besonderheit ist, dass wir die klassische Fächeraufteilung verlassen.“Stattdessen vermittelt das Modellstudium Wissen vernetzt und fächerübergreifend in sogenannten Modulen. Beispielsweise gibt es das Modul „Bewegung“, in dem es etwa um Knochen, Muskeln, Gelenke, Herz und Lunge geht. So sollen Studierende Symptome besser verstehen. Von Anfang an sollen auch Bezüge zwischen Grundlagenwissen und der praktischen Anwendung hergestellt werden. Die Frage dahinter lautet: Wo brauche ich dieses Wissen später als Arzt? Eine zweite Besonderheit ist, dass die Medizinerausbildung von Anfang an nah am Patienten sein soll. Dabei werden die Studenten von erfahrenen Ärzten begleitet. Vorgesehen sei, dass die Studierenden anfangs ihr Wissen anwenden und konkrete Patientenfälle bearbeiten, sagt Schindler. In der zweiten Stufe bekommen sie Gelegenheit, an Patienten zu üben, die von Schauspielern verkörpert werden. In der dritten Stufe findet eine Einführung in die Arbeit mit realen Patientinnen und Patienten statt.
Und das ist eine dritte Besonderheit: Im Modellstudiengang soll wissenschaftliches Denken und Arbeiten von Anfang an gelehrt werden. Die Medizinstudierenden sollen früh lernen, wie man etwa wissenschaftliche Studien liest und versteht und dieses Wissen für Patienten nützt. „Das ist eine wichtige Kompetenz für die spätere Tätigkeit als Arzt“, so Schindler. Auch die Durchführung eigener Forschungsarbeiten ist Lerngegenstand.
Auch die Prüfungen sollen in Augsburg anders laufen. Das Staatsexamen am Ende des zweiten Studienjahres, früher Physikum genannt, fällt weg. „Stattdessen werden wir in Augsburg moderne kompetenzorientierte Prüfungsverfahren einführen“, sagt Schindler. Diese seien über die ersten beiden Studienjahre verteilt. Konkret werde nicht nur gelerntes Wissen abgefragt. Geprüft werde auch, wie man es als Arzt anwenden kann. Trotzdem sei sichergestellt, dass alle Inhalte des Ersten Staatsexamens vorkommen.
Über 8000 Interessenten haben sich für derzeit 84 Medizinstudienplätze in Augsburg beworben. Welche Voraussetzungen müssen sie mitbringen, wenn sie nach Augsburg wollen? Schindler sagt, der Ansturm aufs Medizinstudium sei in Deutschland sehr groß. Beim zentralen Vergabeverfahren der Stiftung für Hochschulzulassung gibt es deshalb festgelegte Quoten: 20 Prozent der Studienplätze werden an die Abiturbesten vergeben, weitere 20 Prozent über die Warteliste und 60 Prozent über das Auswahlverfahren der Hochschule (AdH).
Die Universität Augsburg hat für das AdH eigene Auswahlkriterien festgelegt. Neben der Abiturnote spielt der Medizinertest, der die Eignung für das Studium überprüft, eine Rolle. Schindler sagt, „Bewerberinnen und Bewerber, die bei diesem Test gute Resultate erzielen, studieren in der Regel sehr erfolgreich.“In Augsburg können auch Bewerber mit einer medizinnahen Berufsausbildung Punkte sammeln – etwa Krankenschwestern, Notfallsanitäter, medizinisch-technische Assistenten oder Physiotherapeuten. Punkte im Bewerbungsverfahren gibt es auch, wenn man einen Freiwilligendienst absolviert hat. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom Dezember 2017 muss die Zulassung zum Medizinstudium bundesweit neu geregelt werden. Ändert sich ab 2020 am Augsburger Auswahlverfahren noch einmal etwas? Nach Angaben des Studiendekans erfüllt die Uni jetzt schon die Vorgabe, weitere Kriterien neben der Schulnote zu haben.
Viele Bewerber zittern, ob sie bei der Auswahl in Augsburg zum Zug kommen. „Auch wir sind schon neugierig“, so Schindler. Schaut man auf die Quoten, werden es maximal 17 Einser-Studenten aus den Abiturbesten sein, dazu maximal 17 Studierende, die über die Warteliste kommen. Wer die anderen sein werden, müsse man abwarten, da neben einem guten Abitur auch die anderen Kriterien zählen. Nicht zuletzt können bis zu vier Studienplätze aufgrund einer deutschlandweiten Quote an ausländische Studierende gehen.