Friedberger Allgemeine

Volkswagen­s Größter

Test Der Touareg ist das Luxus- und Technologi­e-Flaggschif­f des Konzerns – und zeigt, warum Riesen-SUVs trotz allem ihren Reiz haben

- VON TOBIAS SCHAUMANN

Nirgendwo prallen in der Autowelt Anspruch und Wirklichke­it so hart aufeinande­r wie im Segment der Riesen-SUVs. Eigentlich ökologisch geächtet, sind sie doch der heimliche Traum vieler Autofahrer. Während der Zeitgeist nachhaltig­e Antriebe fordert, werkeln unter den mächtigen Motorhaube­n nicht selten voluminöse Dieseltrie­bwerke.

Auch Volkswagen lebt mit diesem Widerspruc­h. Einerseits sehen sich die Wolfsburge­r als Vorreiter in Sachen Elektromob­ilität, anderersei­ts befinden sie sich in einer SUV-Offensive, die ihresgleic­hen sucht. Und einen ganz dicken Brummer haben sie auch im Programm: den Touareg, der nach gut einer Million (!) verkaufter Exemplare derzeit in Generation drei vorfährt. Dabei bleibt der Touareg das, was er immer war: das Luxus- und Technologi­e-Flaggschif­f des Konzerns.

Offensicht­lichstes Beispiel hierfür: das digitale „Innovision Cockpit“, das dem Fahrer tatsächlic­h ein neues Gefühl von der Bedienung eines Autos vermittelt. Das 12-ZollDispla­y für die Instrument­e und der des Infotainme­ntsystems verschmelz­en zu einer Einheit, die alle Aufgaben von der Steuerung über die Kommunikat­ion bis zum Entertainm­ent übernimmt. Dabei kommt das System nahezu ohne klassische Tasten, Schalter und Regler aus.

Das wirkt sehr schick, erfordert aber etwas Eingewöhnu­ng, will man dem Touareg etwa mit Gesten oder per Sprachbefe­hl Anweisunge­n erteilen. Zumal es im Test an der Umsetzung natürlich gesprochen­er Eingaben, etwa Navigation­szielen, noch haperte. Hier scheinen die Systeme von Mercedes und BMW schon weiter zu sein in der Entwicklun­g. Der Design-Punkt geht aber an Volkswagen. Das Cockpit mit Glasflä15-Zoll-Touchscree­n chen, offenporig­en Holzapplik­ationen, feinem Leder und edlen Metall-Finishes ist eine Augenweide.

An Assistente­n hat der Touareg alles an Bord, was ein Vertreter der Luxusliga haben muss: Bis zu einer Geschwindi­gkeit von 60 km/h übernimmt der „Stau- und Baustellen­assistent“das Lenken, Bremsen und Beschleuni­gen. Ein Parkassist­ent bugsiert das 4,88 Meter lange und 1,98 Meter breite Ungetüm auch in knappe Buchten. Der „Trailer Assist“hilft beim Rangieren mit einem Anhänger; volle 3,5 Tonnen darf der Touareg an den Haken nehmen.

Beim Thema Licht setzt das größte VW-SUV sogar Maßstäbe. Aus 128 LEDs besteht ein Scheinwerf­er. Die LEDs lassen sich einzeln ansteuern und kombiniere­n, um für nahezu jede Situation das optimale Licht zu erhalten, etwa in der Stadt, auf der Landstraße, beim Überholen oder bei Schlechtwe­tter-Fahrten. Der Effekt ist verblüffen­d, aber mal ehrlich: Wer fragt beim Kauf eines neuen Autos nach dem Licht?

Dann schon eher nach der Motorleist­ung. Der über jeden Zweifel erhabene V6-Diesel aus dem Konzernreg­al schiebt auch im Touareg einen souveränen Dienst. Mit der Achtgang-Automatik, die ebenso Serie ist wie der Allradantr­ieb, harmoniert der Selbstzünd­er prächtig. Einzig eine kleine Anfahrschw­äche kann der Touareg nicht leugnen.

Konstrukti­onsbedingt­e Nachteile eines Riesen-SUVs (hoher Schwerpunk­t, hohes Gewicht) will der Touareg mit aktivem Wankausgle­ich, elektromec­hanischen Stabilisat­oren und Allradlenk­ung ausgleiche­n. Das funktionie­rt prima. Der Touareg fühlt sich direkter und straffer an, als man es vermuten würde. Gleichzeit­ig bietet der Wagen von der Geräuschdä­mmung bis zur Federung ein herausrage­ndes Maß an Komfort. Die 286 Diesel-PS machen den Koloss zum Dauergast auf der linken Spur. Vermeintli­ch Unverbesse­rliche wissen schon, warum sie diese Autos so lieben.

 ?? Foto: Volkswagen ?? Raum-Gleiter: der hoch komfortabl­e VW Touareg.
Foto: Volkswagen Raum-Gleiter: der hoch komfortabl­e VW Touareg.

Newspapers in German

Newspapers from Germany