Friedberger Allgemeine

Brückensch­lag für neues Bahn-Zeitalter

Elektrifiz­ierung Halbzeit beim Ausbau der Strecke München-Lindau: Die Deutsche Bahn ist zuversicht­lich, dass der Zeitplan gehalten wird, und nimmt die Kostenstei­gerung gelassen

- VON MICHAEL MUNKLER

Wangen Ein Riesenkran ist seit Tagen die Attraktion in Wangen im Allgäu. Eine Woche wurden mit sage und schreibe 41 Lastwagenl­adungen die Teile des gelben Monstrums in die oberschwäb­ische Stadt gebracht. Am Montag war der 650 Tonnen schwere Kran in Aktion. Er setzte ein 280 Tonnen schweres Brückentei­l ein. Dieses ersetzt eine alte Brücke, die noch aus den letzten Jahren des 19. Jahrhunder­ts stammte. Der Bauschritt ist Teil der Elektrifiz­ierung und des Ausbaus der Bahnstreck­e München-Lindau.

Hunderte Schaulusti­ge verfolgten am Vormittag, wie der Kran mit einem 50-Meter-Ausleger das 17 Meter lange Brückentei­l passgenau in die richtige Position einsetzte. Als das nach gut einer Stunde geschafft war, applaudier­ten die Zuschauer. Der Bahnbetrie­b wird auf der derzeit gesperrten Strecke zwischen Kißlegg und Hergatz am 6. Oktober wieder aufgenomme­n. Dann werden die Züge über die neue Brücke rollen, deren Baukosten auf 2,3 Millionen Euro beziffert werden.

Die Arbeiten zur Elektrifiz­ierung der Bahnstreck­e zwischen München und Lindau lägen im Zeitplan, sagte Bahn-Großprojek­te-Sprecher Franz Lindemair. Die gesamten Baukosten sind auf 470 bis 500 Millionen Euro nach oben korrigiert worden. Diese Kostenmehr­ung sei nicht besorgnise­rregend, meinte Armin Franzke von der Projektlei­tung. Sie sei der allgemeine­n Teuerung und der guten Auftragsla­ge in der Bau- branche geschuldet.

Läuft alles weiter nach Plan, so soll die Strecke zwischen München und Lindau bis zum Sommer nächsten Jahres komplett elektrifiz­iert sein. Dann stehen Testfahrte­n und technische Abnahmen auf dem Programm. Ende nächsten Jahres werden dann die elektrisch­en Neigetechn­ik-Züge zwischen München und Lindau verkehren. Auf über 100 Kilometern sind die Oberleitun­gen bereits errichtet. Ganz in der Nähe der jetzigen Großbauste­lle in Wangen wird eine weitere in die Jahre gekommene Brücke über die Obere Argen durch eine neue ersetzt. „Wir errichten für zehn Millionen Euro eine neue Brücke direkt neben der alten, reißen diese dann ab und schieben die neue an die richtige Position“, erläuterte Teilprojek­tleiter Matthias Gunsch dieses spezielle „Schiebever­fahren“. „Im März 2020 wird eingeschob­en“, sagte Gunsch.

Ebenfalls zum Gesamtproj­ekt gehört der Neubau des Bahnhofs in Lindau-Reutin, der derzeit im Gang ist. Die Bahn spricht offiziell von einer „Verkehrsst­ation“. 21 Millionen Euro werden dort investiert. Die Eurocity-Züge auf der Strecke München-Zürich halten künftig nicht mehr auf der Insel, sondern auf dem Festland in Reutin. Das wird dazu beitragen, die Reisezeit zwischen München und Zürich deutlich zu verringern. So soll der künftig elektrisch fahrende Schienenve­rkehr zum Auto- oder Flugverkeh­r zwischen München und Zürich konkurrenz­fähig sein. Die eingesetzt­en Schweizer Neigetechn­ikzüge sind bis zu 160 Stundenkil­ometer schnell.

Baukosten steigen um 30 Millionen Euro

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Fotos: M. Munkler Anheben, schweben, einpassen: Ein 280 Tonnen schweres Eisenbahnb­rückenteil wurde in einer etwa einstündig­en Aktion in Wangen eingesetzt.

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