Sybille Mai trotzt ihrer Krankheit
Augsburgerin läuft weiter Ultra-Distanz
Sybille Mai trug beim 13. AllgäuPanorama-Marathon aus gutem Grund die Startnummer 100. Für die Langstrecklerin von der TG Viktoria Augsburg war es ihr 100. Rennen über die Marathondistanz oder länger. Keine andere Sportlerin aus Schwaben hat bisher ähnliches geschafft. Sybille Mai brauchte in Sonthofen 4:42 Stunden für die 42,195 Kilometer mit 1400 Höhenmeter und kam als 24. Frau ins Ziel.
„Der Oberschenkel machte mir nach dem Chiemgau-Ultratrail über 85 Kilometer vor einer Woche immer noch ziemliche Probleme“, erläutert Mai. In den vergangenen Jahren war sie beim Allgäu-Panorama-Marathon regelmäßig auf dem Podest gestanden. Die 37-jährige Hochzollerin konnte auch schon renommierte Ultraläufe gewinnen. Beim weltweit berühmtesten Ultratrail in den französischen Alpen überzeugte sie 2018 als beste Deutsche. Dort geht es über 171 Kilometer mit 10 050 Höhenmetern um das Mont-Blanc-Massiv.
Die begeisterte Läuferin wurde aber im Februar dieses Jahres mit einer erschütternden Diagnose konfrontiert: Multiple Sklerose (MS). Sie hatte wegen muskulärer Probleme einen Arzt konsultiert. „Natürlich bin ich am Anfang in ein ganz tiefes Loch gefallen“, erzählt Sybille Mai. Doch die Augsburgerin besann sich auf ihre körperliche und mentale Stärke. „Die teilweise extremen Ultralauf-Erfahrungen sind für alle Lebensbereiche äußerst wertvoll“, sagt sie. Bald nach der MS-Diagnose beginnt sie wieder mit dem Lauftraining und hat heuer bereits rund 1600 Trainingskilometer absolviert.
Mit ihrer Zeit von 3:19 Stunden beim Hamburg-Marathon im April steht sie auch 2019 an der Spitze der schwäbischen Marathon-Jahresbestenliste. Das Laufen als ihre große Leidenschaft gibt Mai nun Halt und Stabilität. „Ich möchte den Leistungssport so lange wie möglich betreiben“, sagt die im afrikanischen Ruanda geborene Froh- und Kämpfernatur. Volle Unterstützung bekommt sie von ihrem Lebensgefährten Dennis Grändorf, ebenfalls ein begeisterter Langstreckler.
Auch ihr behandelnder Arzt und Multiple-Sklerose-Experte befürwortet ihre offensive Strategie. Sybille Mai arbeitet weiter in Vollzeit als Assistentin der Geschäftsleitung bei einer Münchner Firma. Regelmäßig verlässt die 37-Jährige bei der Rückfahrt von München den Zug in Althegnenberg und läuft rund 30 Kilometer nach Hause. Jedes Training und jeden Wettkampf genießt sie mehr denn je. „Ich möchte anderen Menschen Mut machen, die – egal aus welchen Gründen – mit sich hadern oder gegen etwas kämpfen“, sagte Mai. Gerade verbringt sie mit ihrem Lebensgefährten einige erholsame Tage in den Bergen.
Denn am 8. September wartet die nächste Herausforderung, nämlich ein Sechs-Stunden-Rennen im Südtiroler Bozen. „Vielleicht kann ich meinen schwäbischen Rekord von knapp 71 Kilometern toppen“, bleibt Sybille Mai trotz ihrer MSDiagnose optimistisch.