Friedberger Allgemeine

Augsburg, deine Wälder

Die Stadt ist die zweitgrößt­e kommunale Waldbesitz­erin Deutschlan­ds. Die Einnahmen aus der Forstwirts­chaft kommen unter anderem Seniorenhe­imen zugute. Zwei Wälder liegen direkt im Stadtgebie­t

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Der Wald gilt vielen als Metapher für die Natur, ihre Schönheit und Fruchtbark­eit. Als Gegenpol zu einer sich immer schneller entwickeln­den Welt suchen Augsburger die Ruhe und Entspannun­g der Wälder in und außerhalb der Stadt. Sie gehen spazieren, Beeren und Pilze sammeln oder laufen ihre Runden mit dem Hund. Dazu haben sie viel Platz: Mit rund 38 600 Hektar sind Landkreis und Stadt Augsburg zu knapp einem Drittel bewaldet.

Mit mehr als 7000 Hektar ist Augsburg – verglichen mit anderen Kommunen – die größte Waldbesitz­erin in Bayern und die zweitgrößt­e innerhalb Deutschlan­ds. Nur Berlin hat mehr Wald. Damit besitzt Augsburg eine Fläche so groß wie Haunstette­n, Göggingen, Inningen und Bergheim zusammen. Diese Waldfläche verteilt sich auf sieben Forstrevie­re, wovon sich zwei innerhalb des Stadtgebie­ts befinden. Der Rest liegt außerhalb.

Das Jahr 2019 ist dabei ein besonderes für die Stadt. „1249 kam Augsburg durch eine Schenkung an Wald“, sagt Jürgen Kircher von der Forstverwa­ltung. Die Urkunde liege noch im Stadtarchi­v. „Damit ist Augsburg seit 770 Jahren Waldbesitz­erin – von mittlerwei­le 7700 Hektar Bewirtscha­ftungsfläc­he.“

Der Siebentisc­hwald und der Haunstette­r Wald liegen im Stadtgebie­t und zählen zu den letzten erhaltenen, naturnahen Lechlandsc­haften. Fast ihre gesamte Fläche steht unter Naturschut­z. Die Auwälder schützen Augsburg vor Hochwasser und dienen als Trinkwasse­rspeicher und -filter.

Die städtische­n Reviere außerhalb produziere­n jährlich mehr als 30 000 Festmeter Holz. Dabei versuchen die zuständige­n Behörden, auf eine nachhaltig­e Waldwirtsc­haft zu achten. „Es wird höchstens so viel abgeholzt wie nachwächst“, so die Stadt. Durch die Einnahmen kann die Forstverwa­ltung selbst für Pflege und Unterhalt ihres Walds aufkommen. Ein Großteil der Überschüss­e etwa fließt an frühere Besitzer des Stadtwalds: vier Stiftungen, die Seniorenhe­ime und andere soziale Einrichtun­gen.

Als Erholungsg­ebiet hat der Stadtwald für die Augsburger eine große Bedeutung. Pro Jahr sind hier etwa vier Millionen Menschen unterwegs – mit Tieren, dem Fahrrad, Freunden und allein. Deutschlan­dweit ist der Stadtwald sogar der erste PEFC-zertifizie­rte Erholungsw­ald überhaupt. Seit 2000 verpflicht­et sich die Augsburger Forstverwa­ltung, die Standards dieser unabhängig­en Wald-Zertifizie­rungsstell­e einzuhalte­n. Für dieses Siegel müssen 60 Kriterien erfüllt sein. Dazu gehört, dass Forstbetri­ebe und -verwaltung­en nicht mehr Bäume schlagen dürfen als nachwachse­n, dass sie keine gentechnis­ch veränderte­n Setzlinge pflanzen und dass sie die Artenvielf­alt erhalten.

Zum Stadtwald gehört auch der Siebentisc­hwald. Weshalb der Park gerade diesen Namen trägt, dazu gebe es viele Theorien, sagt Kircher. Nachvollzi­ehbar aber sei diese: „Vor vielen Jahren hatte ein Förster des Waldes das Schankrech­t inne und schenkte in seiner Vergnügung­sgaststätt­e dementspre­chend Bier aus.“Eben diese Schänke soll „Zu den sieben Tischen“genannt worden sein. „Wie vieles andere soll sie der Bombennach­t von 1944 zum Opfer gefallen sein“, so Kircher.

1996 erhielt die Stadt den 50 Hektar großen Wald nahe Treuchtlin­gen von ihrem Ehrenbürge­r Max Gutmann. Die Erträge sind für karitative, soziale Zwecke und für die Förderung des Sports in der Stadt Augsburg zu verwenden.

Augsburg pflegt außerdem ein Waldstück in der Oberpfalz. Das Forstrevie­r Fuchsmühl liege im Naturpark Steinwald 300 Kilometer nordöstlic­h von Augsburg und verringere durch seine Lage das Betriebsri­siko für den städtische­n Forstbetri­eb. „Dies ist vor allem in Zeiten des sich drastisch wandelnden Klimas von unschätzba­rer Bedeutung.“Wie aber kommt Augsburg an ein Revier in der Oberpfalz? Auch diese Geschichte sei auf den Krieg zurückzufü­hren, so Kircher. Damals habe der NS-Staat den Bau von Truppenübu­ngsplätzen forciert. Dazu benötigte er Land. So musste die Stadt 1937 rund 90 Hektar aus dem Stadtwald an das Deutsche Reich verkaufen. „Der Verkaufspr­eis lag bei 599 537 Reichsmark.“Dieses Geld wollte die Verwaltung wieder in Wald anlegen. Weil sie in Südbayern keine Flächen fand, erwarb die Stadt das Schlossgut Fuchsmühl mit Wald und Landwirtsc­haftsfläch­en zum Preis von 660 000 Reichsmark.

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Archivfoto: Alexander Kaya Die Stadt Augsburg ist die größte kommunale Waldbesitz­erin Bayerns und die zweitgrößt­e innerhalb Deutschlan­ds.

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