Friedberger Allgemeine

Untreue: Theater-Mitarbeite­r entgeht Gefängnis

Justiz Ein ehemaliger Kassenwart hat am Theater Augsburg jahrelang sehr viel Geld in die eigene Tasche gesteckt. Nun wurde er verurteilt und steht vor den Trümmern seines Lebens. Allzu schwer gemacht wurde es ihm wohl nicht

- VON JAN KANDZORA

Er steckte mehr als 80 000 Euro in die eigene Tasche: Ein ehemaliger Mitarbeite­r des jetzigen Staatsthea­ters Augsburg ist am Montag wegen Untreue in 28 Fällen zu einer Bewährungs­strafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt worden. Das Schöffenge­richt unter Vorsitz von Richterin Ute Bernhard sah es als erwiesen an, dass der 59 Jahre alte frühere Kassenwart des Theaters im Zeitraum von Februar 2013 bis August 2018 immer wieder Bargeld aus der Hauptkasse genommen hatte. Dabei handelte es sich meist um Zahlungen für Programmhe­fte, Karten im Vorverkauf und auch Gebühren für die Garderobe.

Der 59-Jährige hatte versucht, das Fehlen des Geldes zu verschleie­rn, indem er Angaben im Buchhaltun­gssystem des Theaters änderte, teils über Scheinbuch­ungen. Offenbar ging er dabei so geschickt vor, dass sein Vorgehen jahrelang nicht auffiel.

Allzu schwer gemacht wurde es ihm wohl nicht – und die Personalde­cke des Theaters war für eine intensive Überprüfun­g offenbar zu dünn. Wie der für die Ermittlung­en zuständige Kriminalpo­lizist als Zeuge aussagte, habe es bereits seit Jahren Hinweise an die Stadt gegeben, dass das interne Kontrollsy­stem in dem Bereich zu schwach, nicht ausreichen­d sei. Ein Mitarbeite­r des Rechnungsp­rüfungsamt­es monierte das löchrige System demnach jahrelang immer wieder aufs Neue, ohne dass etwas passierte.

Vor Gericht räumte der Angeklagte die Taten vollumfäng­lich ein und sagte, er sei in eine „Schuldensp­irale“geraten, angefangen habe alles mit dem Kauf eines Autos. Die monatliche­n Ausgaben seien irgendwann zu hoch gewesen.

Wirklich erklären konnte er die vielen Fälle, den enormen Gesamtbetr­ag allerdings nicht. Auch wenn Richterin Bernhard und Staatsanwa­lt Benjamin Rüdiger nachhakten. Ging das Geld für Urlaubsrei­sen drauf, für teures Essen, ja wofür? Das Auto kostete schließlic­h nur 19 000 Euro, nicht die mehr als 80 000 Euro, die der Mann veruntreut­e. Aber die Antwort blieb offen. Der ehemalige Kassenwart redete vage, von hohen monatliche­n Ausgaben, von Zinsen für Kreditkart­en. Aber er ging nicht ins Detail, vielleicht kann er es nicht, vielleicht hat er die eigenen Finanzen irgendwann nicht mehr überblickt.

Die Unregelmäß­igkeiten waren jedenfalls im Rahmen der regelmäßig­en Wirtschaft­sprüfung im Theater dann doch irgendwann aufgefalle­n. Wie der Kaufmännis­che Direktor Friedrich Meyer bereits vergangene­s Jahr gegenüber unserer Redaktion sagte, habe es sich um einen neuen Wirtschaft­sprüfer gehandelt; die Unternehme­n, die zuvor mit der Aufgabe betraut waren, hatten das Problem nie bemerkt. Der gesamte, von dem Wirtschaft­sprüfer festgestel­lte Fehlbetrag liegt laut Anklage der Staatsanwa­ltschaft Augsburg bei mehr als 110 000 Euro. Ein Teil der Taten ist allerdings verjährt.

Um den Schaden wiedergutz­umachen, hat der 59-Jährige seine Wohnung verkauft; 120 000 Euro aus dem Kaufpreis will er an die Stadt zahlen, so hoch ist der Gesamtbetr­ag samt Zinsen, wie sein

Alles fing mit dem Kauf eines Autos an

Dem Mann wurde fristlos gekündigt

Anwalt Stefan Pfalzgraf sagte. Der frühere Kassenwart ist tief gefallen, ihm wurde fristlos gekündigt, aufgrund von Depression­en wurde er psychother­apeutisch behandelt und war bis vor Kurzem krankgesch­rieben. Heute ist er arbeitslos.

Richterin Ute Bernhard sagte in der Urteilsbeg­ründung, der Mann stehe vor den Trümmern seines Lebens. Er habe Vertrauen missbrauch­t, über viele Jahre, es gehe auch um eine erhebliche Schadenssu­mme. Aber es gebe viele Gründe für eine Bewährungs­strafe, so sei der Mann nicht vorbestraf­t und habe Aufklärung­sbereitsch­aft gezeigt, sei von Anfang an geständig gewesen. Das Urteil ist bereits rechtskräf­tig.

 ?? Archivfoto: Annette Zoepf ?? Jahrelang steckte ein früherer Kassenwart am Augsburger Theater Einnahmen in die eigene Tasche – etwa aus Zahlungen für Programmhe­fte und Vorverkauf­skarten. Nun wurde der Mann verurteilt.
Archivfoto: Annette Zoepf Jahrelang steckte ein früherer Kassenwart am Augsburger Theater Einnahmen in die eigene Tasche – etwa aus Zahlungen für Programmhe­fte und Vorverkauf­skarten. Nun wurde der Mann verurteilt.

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