Der Mann, der Winnetou war
Karl-May-Festspiele Hella Brice stellt in der Dasinger Western City einen Bildband über den verstorbenen Schauspieler Pierre Brice vor. Wie das Paar zueinanderfand
Dasing Kurz nachdem in der Western City zur Hymne „The StarSpangled Banner“die amerikanische Flagge gehisst wurde, ist es so weit: Stargast Hella Brice, Ehefrau des im Jahr 2015 verstorbenen Winnetou-Darstellers Pierre Brice, betritt das Festivalgelände.
Vor neun Jahren war sie schon einmal in der Dasinger Western City, damals mit ihrem Ehemann. „Ich freue mich, wieder hier zu sein“, sagt die 69-Jährige. Die Süddeutschen Karl-May-Festspiele seien besonders familiär. „Die Schauspieler sind ein Traum, alle sind mit viel Herzblut dabei.“Der Zuschauer merke, wie viel Energie in den Festspielen stecke, so Brice. Die Witwe des Schauspielers ist aber nicht nur wegen der nachmittäglichen Vorstellung von „Old Surehand“aus München angereist. Hella Brice präsentiert ihren Bildband „...und über Nacht war ich Winnetou“, erschienen im Karl-May-Verlag. Es ist eine Dokumentation über das Leben und Wirken des berühmten Winnetou-Darstellers.
„Ich habe angefangen, sein Archiv in Garmisch aufzuräumen“, erzählt Hella Brice. Dabei sei sie auf noch unentwickelte Fotorollen, unter anderem vom Filmset, gestoßen. „Pierre hat mir gesagt, wenn ich nicht weiß, was ich damit anfangen soll, mach ein Buch daraus und teile es mit meinen Freunden.“Gesagt, getan. Er ist zwar Hellas erstes Buch, wird aber nicht das letzte sein: An Weihnachten erscheint mit dem zweiten Bildband die Fortsetzung.
Die Witwe blickt zurück: „In meiner Jugendzeit hatte ich in meinem Zimmer Bravoposter von Pierre aufgehängt.“Schon als schwärmender Teenie habe sie immer gewusst: Eines Tages werde sie ihn kennenlernen. Beim Skifahren wurde der Traum zur Wirklichkeit. Dass sich das junge Mädchen damals in ihn verliebte, kam wohl nicht von ungefähr: „Die Rolle und die Werte des Winnetou hat Pierre gelebt, er hatte immer eine starke Aura.“Auch heute noch, vier Jahre nach seinem Tod, hat der Schauspielstar einen festen Platz im Alltag von Hella Brice – 24 Stunden am Tag, wie sie sagt. „Für mich ist seine Seele nicht gestorben.“
Bei der Signierstunde kann Stefan Schwegler aus Haberskirch ein Autogramm ergattern. „Ich bin ein großer Karl-May-Fan.“2010 sei er ebenfalls da gewesen, Pierre Brice habe er allerdings nur von der Ferne gesehen. „Ich bin nicht an ihn herangekommen, das hole ich jetzt mit Hella nach.“Seit sechs Jahren spielt Schwegler bei den Karl-May-Festspielen als Nebendarsteller mit, dieses Jahr verkörpert er einen Soldaten und einen stummen französischen Händler. Als Schreiner sei er zudem für den Bühnenaufbau zuständig.
Im bunten Rahmenprogramm gibt es auch für Kinder etwas zu bestaunen – etwa bei der Pferdeshow. Der siebenjährige Fabian Huber aus Hechendorf hat sich als Cowboy verkleidet und ist schon ganz auf die Vorstellung gespannt. Er sei Westernfan, habe Hörbücher über Winnetou. Bei der Frage „Cowboy oder Indianer?“scheiden sich bei Kindern bekanntlich die Geister. Der baldige Zweitklässler gibt die Antwort wie aus der Pistole geschossen: „Natürlich Cowboy, die Indianer haben zu altmodische Waffen.“