Friedberger Allgemeine

Integratio­n kostet – aber sie zahlt sich aus

Die neuen Zahlen aus dem Innenminis­terium zeigen: Bayern hat viel richtig gemacht. Flüchtling­e finden immer leichter einen Job. Doch es gibt einen Knackpunkt

- VON CHRISTINA HELLER hhc@augsburger-allgemeine.de

Die neuen Zahlen aus dem bayerische­n Innenminis­terium zeigen: Bayern ist auf einem guten Weg. Eine wachsende Zahl von Flüchtling­en findet im Freistaat Arbeit. Insgesamt sind inzwischen 35 Prozent der Menschen mit Fluchthint­ergrund beschäftig­t, und dass nicht nur in einfachen Helferjobs. Das ist gut, denn eine Anstellung ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Integratio­n. Wer arbeitet, erfährt Wertschätz­ung, kann sich selbst das Leben finanziere­n, wird unabhängig­er und knüpft leichter Kontakte.

Dass es in Bayern so gut läuft, liegt zum Teil daran, dass der Freistaat, die Arbeitsage­nturen, aber auch Wirtschaft­sverbände verschiede­ne Programme auf den Weg gebracht haben, die wirken. Der Erfolg ist aber auch dem Engagement vieler Unternehme­n zu verdanken,

die sich von bürokratis­chen Hürden nicht haben abschrecke­n lassen. Die dafür gekämpft haben, dass Flüchtling­e, die eine Ausbildung machen, bleiben dürfen. Obwohl sie um die Schwierigk­eiten wussten, sind viele Unternehme­r nicht zurückgesc­hreckt. Der Grund? Sie setzen große Hoffnungen in die Geflüchtet­en. Rechneten sich aus, mit ihrer Hilfe Stellen besetzen zu können, die lange offen waren. Glaubten, Angestellt­e für Mangelberu­fe zu finden. Mitarbeite­r für die Logistik, Gastronomi­e und Gebäuderei­nigung.

Mittlerwei­le ist klar: Ganz so einfach ist es nicht. Die Geflüchtet­en konnten gar nicht alle Hoffnungen erfüllen. Denn ein Großteil der Menschen kam ohne berufliche Ausbildung. Wer eine hat, für den ist es oft schwer, sie anerkennen zu lassen. Im Schnitt ist auch das Bildungsni­veau der Geflüchtet­en niedriger als das der deutschen Gesamtgese­llschaft. Dazu kommen viele bürokratis­che Hinderniss­e: Welchen Aufenthalt­sstatus hat ein Flüchtling? Wo darf er wohnen? Wie kommt er zur Arbeit? Themen, mit denen sich Firmen auseinande­rsetzen müssen. Aber die vergangene­n vier Jahre haben verdeutlic­ht: Die Mühe lohnt sich oft.

Damit ein Einstieg in den Arbeitsmar­kt gelingt, sind vor allem zwei Dinge notwendig: eine enge Betreuung und die Sprache. Pilotproje­kte haben ergeben: Flüchtling­e, die betreut werden, zum Beispiel durch einen Lotsen, finden sich leichter im neuen Alltag zurecht. Weil sie einen Ansprechpa­rtner haben, der auch bei Fragen weiterhilf­t, die nichts mit der Arbeit zu tun haben. So machten etwa Azubis mit Fluchthint­ergrund, die sich mit Fragen an einen Mentor wenden konnten, sehr viel häufiger erfolgreic­h einen Abschluss als solche, die nicht betreut wurden. Und auch häufiger als deutsche Jugendlich­e.

Ähnlich wichtig ist die Sprache. Flüchtling­e, die Deutsch sprechen, haben viel höhere Chancen, eine Anstellung zu finden, als solche, die sich nur schlecht verständig­en können. Letztere landen oft in schlecht bezahlten Helferjobs. Eine Perspektiv­e sieht anders aus. Ein Selbstläuf­er ist die Einbindung von Flüchtling­en in den Arbeitsmar­kt also nicht. Um es wirklich zu schaffen, muss der Freistaat Flüchtling­sprojekte weiter und auch ausdauernd fördern.

Statistike­n zeigen aber einen anderen Knackpunkt: Bisher gelingt vor allem jungen Männern der Einstieg in den Arbeitsmar­kt. Frauen profitiere­n selten von den Fördermaßn­ahmen. Männer lernen sehr viel häufiger Deutsch als Frauen – vor allem als Frauen, die sich um kleine Kinder kümmern. Auch deshalb haben Männer höhere Chancen, eine Anstellung zu finden. Die Wahrschein­lichkeit einer Flüchtling­smutter, einen Job zu finden, geht gegen null. Aber gerade weil Arbeit eng mit einer gelingende­n Integratio­n verknüpft ist, dürfen die Frauen nicht aus dem Blick geraten. Sie müssen mit speziellen Programmen gefördert werden.

Bisher gelingt vor allem Männern der Einstieg in den Beruf

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