Trump verärgert die Winzer
Wegen des anhaltenden Handelskrieges brechen die amerikanischen Weinexporte nach China dramatisch ein. Besonders die renommierten kalifornischen Winzer sind betroffen. Ersatz kommt nun aus Australien und Chile
Washington Der Rosé des kalifornischen Weinguts Alexander Valley ist ein schöner Sommertrunk – fruchtig und doch trocken und weit entfernt von der Belanglosigkeit mancher Artgenossen. Mit 16 Dollar rangiert der lachsfarbene Sangiovese in den USA im Mittelfeld des hohen heimischen Preisniveaus. Im deutlich zahlungsschwächeren China aber muss Winzer Hank Wetzel die Flasche für umgerechnet 31 Dollar verkaufen. „Die Geschäftsbedingungen dort sind schrecklich“, klagt er: „Wir könnten bald aus dem Markt verdrängt werden.“
Der Gründer eines Familienbetriebs im pittoresken Russian River Valley, das zum Anbaugebiet Sonoma gehört, ist kein Einzelfall. Nach Angaben des Wine Institutes in San Francisco sind die US-Weinausfuhren nach China im ersten Halbjahr 2019 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 37 Prozent eingebrochen. Schon 2018 waren die Lieferungen in das Riesenreich um 25 Prozent geschrumpft. „China war unser schnellstwachsender Exportmarkt“, klagt Honore Comfort, die Vizepräsidentin der Marketingvereinigung: „Jetzt kaufen die Importeure Weine aus anderen Ländern.“
an der Misere ist ein Mann, der aus Prestigegründen selbst ein Weingut in Virginia besitzt: Donald Trump. Als Vergeltung für seine Handelsbeschränkungen hat die Regierung in Peking die Zölle auf amerikanischen Wein seit dem April 2018 drei Mal kräftig angehoben – zuletzt am 1. Juni um 15 auf 54 Prozent. Zusammen mit lokalen Steuern verteuert das den USRebensaft um sagenhafte 93 Prozent. Winzer Wetzel hofft, dass sein Importeur und der chinesische Handel einen Teil des Aufschlags kompensieren. Aber Illusionen macht er sich nicht: „Schlimmer kann es kaum noch werden“, sagte er der Los Angeles Times.
Mit zuletzt 59 Millionen Dollar wirken die amerikanischen Weinexporte nach China im Vergleich zu denen nach Europa (umgerechnet rund 469 Millionen Dollar) zwar noch überschaubar. Der drohende Kollaps des Geschäftes zeigt gleichSchuld wohl, wie weitreichend und nachhaltig die Kollateralschäden von Trumps Handelskrieg sind. China gilt unter Weinherstellern wegen seiner wachsenden Mittelschicht und der Wertschätzung für Markenprodukte nämlich als weltweit wichtigster Zukunftsmarkt. Zwei Jahrzehnte lang haben die US-Winzer darauf verwandt, Kontakte zu knüpfen, Messen zu besuchen, Importeure zu finden und teure Restaurants anzuwerben. „Diese ganze Mühe ist nun praktisch verloren“, klagt Comfort.
Die Konkurrenz nämlich schläft nicht. Sie kommt in diesem Fall vor allem aus Australien und Chile. Beide Länder haben kürzlich Freihandelsabkommen mit Peking abgeschlossen und liefern ihre Sauvignons und Cabernets nur allzu gerne. Gerade einmal 26 Prozent Steuern werden auf die Weine in China aufgeschlagen. Die kalifornische Senatorin Dianne Feinstein hat sich deshalb in einem Brandbrief an die Trump-Regierung gewandt. „Trotz eines Jahrzehnts konzertierter Marketingaktionen werden sich amerikanische Weine angesichts dieses Ungleichgewichts nicht dauerhaft in China halten können“, warnt sie.
Dass sich Trump davon beeindrucken lässt, ist unwahrscheinlich. Er brüstet sich stattdessen damit, den kalifornischen Winzern im heimischen Wettbewerb Vorteile zu verschaffen. So droht er Frankreich neuerdings mit einem Strafzoll von 100 Prozent auf Bordeaux, Burgunder oder Côte du Rhône. Doch den US-Winzern gefällt die weitere Eskalation des Handelskrieges nicht. „Das hilft uns wenig“, kontert Weinlobbyistin Comfort: „Uns wären Freihandelsabkommen deutlich lieber.“