Wenn Kinder durch den Garten tollen
Über den Zaun fliegende Bälle, umgeknickte Pflanzen oder weggenaschtes Obst: Kinder können immer wieder Anlass für Streitigkeiten bieten. Ihnen ist auch nicht alles erlaubt, aber vieles müssen Nachbarn doch hinnehmen
Berlin/München Wenn Kinder im Garten spielen und toben, geht es nicht immer leise zu. Aber auch Bälle, die über den Zaun fliegen, oder kahlgepflückte Büsche sind für manche Nachbarn ein rotes Tuch. Das kann sogar vor Gericht enden. Ein Überblick, was in vier typischen Streitfällen gilt.
Wie laut dürfen Kinder sein?
Nachbarn müssen von Kindern ausgehenden Lärm in erhöhtem Maße dulden. Der Gesetzgeber hat klargestellt, dass Geräusche von Kindern kein Lärm im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes sind. „In welchem Maße genau der Lärm zu dulden ist, hängt vom Einzelfall ab“, erklärt Julia Wagner vom Eigentümerverband Haus & Grund. Kriterien sind Alter und Reife des Kindes sowie die Spielmöglichkeiten des Kindes in der näheren Umgebung. „Wenn es bei einem Nachbarstreit hart auf hart kommt, muss ein Sachverständiger eine Lärmmessung vornehmen“, sagt Ludwig Scherzler, Münchner Anwalt für Nachbarschaftsrecht.
Dürfen Kinder das Obst aus Nachbars Garten pflücken?
Das ist verboten. „Diese Aussage ist auch dann gültig, wenn die Äste des Baumes über den Gartenzaun reichen“, sagt Wagner. Wer von Nachbars Baum pflückt, begeht formal einen Diebstahl. Anders sieht es aus, wenn das Obst aufs eigene Grundstück fällt. „Diese Früchte dürfen aufgesammelt und verzehrt werden“, erklärt Scherzler. Selbst wenn die jüngsten Familienmitglieder etwas Unerlaubtes tun: Der Grundsatz „Eltern haften für ihre Kinder“gilt nur eingeschränkt. „Eltern haften nur, wenn sie ihre Aufsichtspflicht verletzt haben“, stellt Scherzler klar. Je älter und verständiger die Kinder sind, desto weniger müssen sie überwacht werden. Im eigenen Garten müssen Eltern selbst Kindergartenkinder nicht ununterbrochen beaufsichtigen. Wer noch nicht sieben Jahre alt ist, ist zudem nicht deliktsfähig. Gegen ihn könnte also gar nicht vorgegangen werden. „Nichtsdestotrotz sollten Eltern darauf achten, dass ihre Kinder nicht die Äpfel vom Baum des Nachbarn pflücken“, rät Wagner. Falls es doch geschieht, empfiehlt sie Eltern, ein Zeichen für den Frieden zu setzen und Ersatz anzubieten.
Was ist mit Pflanzen, die durch Nachbarskinder zerstört werden?
„Im Prinzip ist das Sachbeschädigung“, sagt Scherzler. Schwierig sei jedoch zu beweisen, wer die Übeltäter waren. „Der Nachweis gelingt eigentlich nur, wenn die Kinder auf frischer Tat ertappt werden“, so Scherzler. Dann können die Nachbarn Schadenersatz fordern. Allerdings gilt hier das Gleiche wie bei gepflücktem Obst: Kinder und ihre Eltern haften nicht in jedem Fall. Um für alle Fälle und vor allem bei höheren Schäden geschützt zu sein, können Eltern eine eigene Haftpflichtversicherung für die Kinder abschließen.
Was, wenn ständig Bälle über den Zaun fliegen?
Fliegt ab und an ein Ball über den Gartenzaun, muss der Nachbar dies dulden. Ebenso muss er hinnehmen, dass der Ball zurückgeholt wird – er muss dafür aber seine Erlaubnis geben. „Einfach so auf das Nachbargrundstück zu gehen, könnte unter Umständen Hausfriedensbruch darstellen“, erklärt Wagner. Fliegt immer wieder Spielzeug in den Garten nebenan, muss der Nachbar dies nicht ohne Weiteres hinnehmen. „Der Nachbar ist zwar verpflichtet, das Spielzeug herauszurücken, er muss es aber nicht zwingend sofort tun“, erklärt Scherzler. Unter Umständen kann der Nachbar sogar verlangen, dass ein Fangnetz gespannt wird.