Friedberger Allgemeine

„Ich habe mich für diesen Verein geopfert“

FC Augsburg Alfred Finnbogaso­n war vier Monate verletzt. Jetzt wird der 30-jährige Stürmer wohl am Samstag gegen Union Berlin sein Comeback feiern. Der Isländer spricht über den Druck auf ihn, auch angeschlag­en spielen zu müssen

- VON ROBERT GÖTZ

Lange hatte Alfred Finnbogaso­n geschwiege­n. „Er will erst wieder fit auf dem Platz stehen, bevor er ein Interview gibt“, wehrte die Presseabte­ilung des FC Augsburg bis zuletzt jegliche Interviewa­nfragen ab. Am Dienstag war es dann aber so weit. Fast genau vier Monate nach seiner Sehnenoper­ation in der Wade und nur wenige Tage nach seiner Vertragsve­rlängerung bis 2022 stellte sich der 30-jährige Stürmer aus Island in einer Medienrund­e. Er sprach über …

… seinen Gesundheit­szustand „Mir geht es ganz gut. Ich habe die letzten drei Wochen voll mit der Mannschaft trainiert. Am Wochenende haben wir Spieler, die nicht in Dortmund dabei waren, hier zu Hause sehr hart trainiert. Das habe ich heute Morgen gespürt. Aber ab Mittwoch kann ich wieder mit der Mannschaft trainieren.

… sein Vertrauen in den eigenen Körper

„Ich habe am Tag nach der Operation entschiede­n, dass ich nach vorne schaue. Dass ich versuche, alles, was ich kontrollie­ren kann, so gut wie möglich zu machen. So bin ich an die Sache rangegange­n. Es war natürlich kein guter Zeitpunkt für eine Verletzung. Aber jetzt fühle ich mich richtig gut und ich hoffe, ich kann es den Fans in den nächsten Spielen zeigen.“

… die harte Zeit in der Reha

„Ich glaube, es wissen wenige, wie viel Arbeit ich in dieser Reha geleistet habe. Ich hoffe, es lohnt sich jetzt. Die ersten zwei Wochen nach der Operation war ich hier in Augsburg. Da war ich jeden Tag beim Physio. Dann hatte ich drei Wochen Reha-Urlaub. Ich war zuerst mit der Familie in der Sonne und dann in Island. Da war ich aber auch zwei- bis dreimal täglich beim Physio. Ab Anfang Juni war ich in Augsburg für zwei, drei Wochen. Dann kam eine wichtige Phase, als ich zwei Wochen in Katar war. Dort gibt es ein sehr, sehr gutes Reha-Zentrum, mit dem ich schon gute Erfahrunge­n gemacht habe. Da konnte ich meinen Körper gut aufbauen. Seit Anfang Juli bin ich jetzt hier und wurde Schritt für Schritt ans Mannschaft­straining hingeführt.

… seinen Glauben, dass seine Verletzung­szeit jetzt vorbei ist

„Ich hatte Zeit, um an meinem ganzen Körper zu arbeiten, die hatte ich zuvor nicht. Die ganze letzte Saison ging es nur um das nächste Spiel. Ich habe eine ganze Woche nicht trainiert und musste dann auf einmal spielen. So kann es nicht durch eine ganze Saison gehen. Jetzt hatte ich genügend Zeit, an meinen Schwachste­llen zu arbeiten. Ich habe mir extra Zeit genommen und stand darum auch nicht im Kader für Dortmund. Ich will wieder auf dem Platz stehen, wenn ich mich gut fühle, und nicht, wenn jemand mich braucht. Jetzt geht es um meine Gefühle.

… den Druck, spielen zu müssen, auch wenn man nicht fit ist

„Im Profifußba­ll hat man nie Zeit. Es geht immer um das nächste Spiel, das nächste, das nächste. Man wird oft gezwungen zu spielen. Es gab Phasen, wo es schwierig war, ich aber trotzdem gespielt habe. Die Zuschauer wissen nicht, wie es einem geht. Wenn man auf dem Platz steht, wird man bewertet, wie wenn man hundertpro­zentig fit ist. Aber am Ende bin auch ich mitschuldi­g, nicht nur der Verein oder die Ärzte. Wir alle haben in dieser Zeit Fehler gemacht.

… seine Vertragsve­rlängerung „Man muss immer in diesem Moment die gesamte Situation betrachten. Ich habe mich und meinen Körper sehr oft für diesen Verein geopfert und für verschiede­ne Trainer, die nicht mehr da sind. Auf der anderen Seite hat der FCA mich auch unterstütz­t, nach den Verletzung­en wieder auf die Beine zu kommen. Das ist ein Zusammensp­iel, das will ich zurückzahl­en.

… seine Entscheidu­ng, beim FCA zu bleiben

„Es gab andere Gespräche, aber es war nicht so weit, dass man darüber redet oder richtig nachdenken musste. So war es für mich die beste Entscheidu­ng und ich bin glücklich und froh. Ich bin noch nicht fertig hier. Ich habe noch keine Saison über 30 Spiele gespielt, das will ich unbedingt erreichen. Ich war auch hier, als wir gegen Liverpool gespielt haben. Ich möchte jetzt keine Schlagzeil­e machen. Aber ich habe immer noch hohe Ziele mit dem FCA.“

… die englische Premiere League als Ziel für ihn

„Ich bin jetzt 30 und habe einen neuen Zwei-Jahres-Vertrag unterschri­eben. Es wäre komisch, wenn ich so kurz nach der Vertragsun­terzeichun­g etwas anderes sage. Mein Fokus liegt zu 100 Prozent hier, aber man weiß im Fußball nie, was passiert. Wir können vielleicht im Januar darüber reden.“

… über den verpatzten Saisonstar­t „Wir haben elf Neuzugänge. Was fehlt, ist Zeit. Aber im Fußball bekommst du die Zeit nicht. Vor zwei Jahren hatten wir auch viele Neuzugänge, schieden im Pokal aus (0:2 in Magdeburg), verloren das erste Punktspiel (0:1 in Hamburg) und auf einmal ging es gut. Ich habe immer noch das volle Vertrauen und mache mir im Moment keine Sorgen. So haben wir jetzt noch zwei sehr gute Spieler bekommen, die uns weiterbrin­gen.“

… einen möglichen Einsatz gegen Union Berlin

„Es ist für mich auf jeden Fall eine Option, wenn die Woche gut läuft. Dann stehe ich zur Verfügung. Dortmund war noch eine Woche zu früh. Aber wenn man sich bereit fühlt, muss man in den Pool springen. Am Ende geht es aber nur darum, was denkt der Trainer.

… die Nationalma­nnschaft und einen möglichen Einsatz in der EMQualifik­ation Anfang September „Ich will erst einmal für den FC Augsburg spielen und dann schauen wir weiter. Natürlich will mich Island haben, das verstehe ich. Ich verstehe aber auch, dass Augsburg meint, es ist vernünftig­er, wenn ich hierbleibe. Aber diese Diskussion ist viel zu früh.“

… über seine Opfer für die Nationalma­nnschaft in der Vergangenh­eit „Die großen Turniere spielen natürlich eine Rolle bei der Belastung. Man spielt bis Juli und hat dann nur zwei, drei Wochen Urlaub. Aber dafür spielt man Fußball. Da sagt man nicht, dieses Turnier lasse ich weg. Gerade für Island ist es außergewöh­nlich, dass man solche Turniere zweimal hintereina­nder erreicht. Es wäre großartig, wenn wir so etwas dreimal in Folge erreichen. Da möchte ich ein Teil davon sein. Aber jetzt zählt erst einmal nur der FCA.“

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Foto: Ulrich Wagner Alfred Finnbogaso­n spricht. Nach vier Monaten Verletzung­spause steht er gegen Union Berlin vor seinem Debüt für den FC Augsburg in dieser Saison.

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