Friedberger Allgemeine

Mit Romantik bis zur Sonne

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Ein schillernd­es Panorama der Farben und Gesten – Mitchell Miller nutzte „30 Minuten“, um in der Basilika das Potenzial der großen Orgel erlebbar zu machen. Er beeindruck­te mit Virtuositä­t und musikalisc­h souveräner Gestaltung. Das Programm bot deutsche Romantik und französisc­hen Klangzaube­r.

Der letzte Satz aus Mendelssoh­ns B-Dur-Sonate, ein Allegro maestoso, führte mit weichen Wellen und hymnischer Geste wie ein Präludium auf sein „Thema mit Variatione­n“hin. Dort lässt Mendelssoh­n mit pastosen Farben ein kirchenlie­dartiges Thema in ein friedvolle­s Ambiente gleiten, in dem Bach’sche Klarheit romantisch­e Grenzgänge unternehme­n.

Max Reger (1873–1916) sorgte dann für ein heftiges Kontraster­lebnis deutscher (Spät)Romantik. Sein Scherzo fis-Moll ist bevölkert von skurrilen Figuren, die mal in einen spukhaften Strudel geraten, dann wieder im jähen Pianissimo aus dem Nachhall neue Stimmungen und motorische Varianten zu erlauschen scheinen – Regers virtuoses harmonisch­es Wechselspi­el ließ Mitchell Miller aufleuchte­n.

Louis Vierne, Regers Zeitgenoss­en, war das Finale vorbehalte­n. Der französisc­he Meister bestach mit dem fast abstrakten Tableau an mutierende­n Farben und leuchtende­n Linien des Trauerstüc­ks „Stèle pour un Enfant défunt“. Die abschließe­nde „Hymne au Soleil“beschwor mit gewaltigen, durchaus bedrohlich­en und quasi blendenden Klangstürm­en, aber dann auch prachtvoll­em Tongewand die Macht der Sonne. Großer Beifall.

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