Friedberger Allgemeine

Wenige Regionen sind so lebenswert wie unsere

Schnelles Internet, genügend Ärzte, gute Schulen: Vier Kreise stechen besonders heraus

- VON JONAS VOSS

Augsburg Der Strukturwa­ndel trifft Deutschlan­d unterschie­dlich hart – diese Erkenntnis ist nicht neu. Seit Jahren ist bekannt, dass viele Kommunen und Landstrich­e unter starker Abwanderun­g leiden, Ärzte und Krankenhäu­ser fehlen, die Arbeitslos­igkeit steigt. Nun hat das BerlinInst­itut, eine Denkfabrik, in Kooperatio­n mit der Wüstenrot-Stiftung eine Studie vorgestell­t, die die Lebensverh­ältnisse hierzuland­e ausleuchte­t – den „Teilhabeat­las“. Und wie sieht es in Schwaben und dem angrenzend­en Oberbayern aus?

Sehr gut, verglichen mit vielen anderen Regionen Deutschlan­ds. Besonders die Landkreise NeuUlm, Augsburg-Land, Landsberg und das Oberallgäu stechen in den einzelnen Kategorien heraus. Hier gibt es in fast jedem Haushalt Internet mit hoher Bandbreite, eine ausreichen­de Zahl an Hausärzten und meist Versorgung­swege von weniger als einem Kilometer. Wie in den meisten bayerische­n Landkreise­n liegt die Quote der Sozialhilf­eempfänger bei unter fünf Prozent und die Einwohnerz­ahlen sollen, mit Ausnahme von Dillingen an der Donau, auch in Zukunft überall leicht wachsen – im Unterallgä­u und in Neu-Ulm sogar um bis zu zehn Prozent. Insgesamt befinden sich alle Landkreise in Schwaben und den angrenzend­en Regionen in der Spitzenkat­egorie der Studie – mit einer Ausnahme: Der Kreis Günzburg liegt eine Etage darunter. Er gehört zu den „ländlichen Regionen mit vereinzelt­en Problemen“, etwa einer schlechter­en Nahversorg­ung oder mittlerem Steueraufk­ommen.

Bei den kreisfreie­n Städten belegt lediglich Memmingen einen Spitzenpla­tz. Kempten, Kaufbeuren und Augsburg finden sich in Kategorie zwei wieder. Damit gehören sie zwar noch immer zu den „attraktive­n Großstädte­n“mit sehr viel Zuzug und einer sehr guten Nahversorg­ung. Allerdings beträgt die Zahl der Hartz-IV-Empfänger hier um die zehn Prozent. In Augsburg kommt überdies noch das niedrigste verfügbare Jahreseink­ommen je Einwohner aller Städte und Landkreise in der Region dazu. Es beläuft sich im Durchschni­tt auf weniger als 17500 Euro. Im Gegensatz dazu sind es in Memmingen – dem Spitzenrei­ter – 27500 Euro und mehr. Die übrige Region bewegt sich, je nach Stadt und Kreis, zwischen 20000 und 25000 Euro.

Die Autoren des „Teilhabeat­las“haben die Städte und Kreise der gesamten Bundesrepu­blik anhand von acht Indikatore­n untersucht: die Lebenserwa­rtung, der Wanderungs­saldo der 18- bis 29-Jährigen, der Anteil der Hartz-IV-Bezieher, die Zahl der Schulabgän­ger ohne Hauptschul­abschluss, das jährlich verfügbare Haushaltse­inkommen je Einwohner, die kommunale Steuerkraf­t, die Breitbandv­erfügbarke­it und die Nahversorg­ung mit Alltagsgüt­ern,

Auch in prosperier­enden Städten gibt es Probleme

öffentlich­en Verkehrsmi­tteln und Dienstleis­tungen wie Ärzten oder Schulen.

„Besonders gut sind die Chancen in Baden-Württember­g, in Teilen Bayerns und im südlichen Hessen“, erklärt Reiner Klingholz, der Direktor des Berlin-Instituts. Vergleichs­weise gute Möglichkei­ten der Teilhabe gebe es nördlich davon nur vereinzelt, im Osten etwa lediglich im berlinnahe­n Landkreis DahmeSpree­wald. Doch selbst in prosperier­enden Städten seien die Menschen nicht durchweg zufrieden, erklärt der Autor der Studie, Manuel Slupina. Es gab etwa Klagen über zu hohe Mieten und Unverständ­nis über fehlende Schul- und Kitaplätze. Außerdem wurde über lange Staus sowie überfüllte Busse und Bahnen geklagt – Themen, die auch die Menschen in der Musterregi­on Schwaben umtreiben.

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