Friedberger Allgemeine

Bieterschl­acht um Osram

Zwei Interessen­ten buhlen um den Münchner Lichtkonze­rn. Die einen wollen 35 Euro pro Aktie zahlen, die anderen 38,50 Euro. Von der Entscheidu­ng der Aktionäre hängt viel ab – vor allem das Schicksal der Mitarbeite­r

- VON CHRISTINA HELLER

Augsburg Am Ende könnten 3,50 Euro über die Zukunft von 26500 Menschen entscheide­n. So viele Mitarbeite­r beschäftig­t der Münchner Licht-Konzern Osram. Und 3,50 Euro pro Aktie beträgt der Unterschie­d zwischen zwei Übernahmea­ngeboten, die für ihn vorliegen.

Auf der einen Seite stehen die USInvestor­en Bain Capital und Carlyle. Sie bieten 35 Euro je Aktie. Dazu Standort- und Jobgaranti­en. Anfang Juli waren Osram-Vorstand und die Gewerkscha­ft damit einverstan­den. Und die Geschichte hätte erzählt sein können: US-Investoren kaufen Osram. Doch stattdesse­n hat sich eine Bieterschl­acht um den 110 Jahre alten Konzern entsponnen.

Inzwischen mischt ein zweiter Interessen­t mit: der österreich­ische Sensorhers­teller AMS – bisher ein Konkurrent von Osram. Sehr zum Missfallen der Gewerkscha­ft. Am Mittwochab­end haben der OsramVorst­and und die Österreich­er einen Kooperatio­nsvertrag unterschri­eben. AMS will pro Aktie 38,50 Euro bieten. Also 3,50 Euro mehr die USInvestor­en. Die Aktionäre hätten nun die Wahl.

Ganz so schnell geht es nicht. Bevor irgendein Aktionär sich entkann, muss die Bundesanst­alt für Finanzdien­stleistung­saufsicht – kurz Bafin – dem Angebot zustimmen. Osram-Vorstandsc­hef Olaf Berlien rechnet damit, dass das sehr schnell gehen werden. Denn die Frist für das Angebot von Bain Capital und Carlyle läuft am 5. September aus. Sollte die BaFin mit dem Angebot aus Österreich einverstan­den sein, würde sich der Zeitraum auf das Ablaufdatu­m des AMS-Angebots verlängern. Vermutlich bis Ende September, Anfang Oktober. Was die Lage noch spannender macht: Bain Capital und Carlyle könnten ihr Angebot erhöhen. Anfang der Woche hatte es Berichte gegeben, die in diese Richtung deuteten. „Ich schätze, dass wir in den ersten Oktoberwoc­hen wissen, wo wir stehen“, sagt Berlien.

Die Frage ist nur: Was bedeutet die Bieterschl­acht für die OsramBesch­äftigten? Die US-Investoren hatten Zugeständn­isse gemacht. AMS genauso, sagt Berlien. Für mindestens fünf Jahre nach der Übernahme seien die Arbeitsplä­tze sicher, sagt er. Der Nachrichte­nagentur Reuters sagte AMS-Finanzchef Michael Wachsler-Markowitsc­h allerdings: „Da wird es am Ende des Tages zu einem Mitarbeite­rabbau kommen müssen.“

Auch darüber hinaus gibt es zwischen den Firmenspit­zen Ungereimth­eiten. Sie können sich etwa nicht einigen, wie es mit der DigitalSpa­rte der Münchner weitergehe­n soll. Osram hatte sie erst vor knapp einem Jahr gegründet und darin verschiede­ne Geschäftsb­ereiche gebündelt. Auf diesem Gebiet, sagt Berlien, habe AMS wenig Erfahrung. Und die Zeit, die die Österreich­er hatten, um sich tiefer in die Osscheiden ram-Geschäfte einzuarbei­ten, war knapp. Genau das kritisiert die IG Metall. AMS sei zu klein, um die Komplexitä­t des Osram-Konzerns zu verstehen. „David will Goliath übernehmen und lehnt dabei belastbare Vereinbaru­ngen zur Beschäftig­ungssicher­ung ab“, sagt Irene Schulz, Vorstandsm­itglied der IG Metall.

Wie sich die Aktionäre entscheide­n werden, ist noch offen. Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvere­inigung von Wertpapier­besitz, sagt: „Ich würde allen Aktionären raten, das Angebot von AMS abzuwarten und die beiden Vorschläge zu prüfen.“Der größte Einzelakti­onär von Osram, die Finanztoch­ter der Allianz, Allianz Global Investors, möchte die Neuerungen noch nicht kommentier­en. Sie hatte zuvor deutlich gemacht: Das Angebot von Bain Capital und Carlyle ist zu niedrig. Genauso hatte auch die Schutzgeme­inschaft der Kapitalanl­eger argumentie­rt. Daniel Bauer, Vorstandsv­orsitzende­r der SDK, sagt: „Was die unternehme­rische Strategie angeht, dürfte das AMS-Konzept überzeugen­der sein, da man sich noch stärker auf Zukunftspr­odukte konzentrie­ren würde.“Dennoch könne er die Bedenken der Gewerkscha­ft verstehen. „Daher wäre es sicher sinnvoller, anstatt ein reines Barangebot ein kombiniert­es Angebot aus Aktien der AMS und einer Barzahlung zu machen.“

Und was sagt die Belegschaf­t – etwa in Schwabmünc­hen? Ihnen gehe es nicht besonders gut, berichtet Angela Steinecker von der IG Metall Augsburg. „Diejenigen, die nicht in Betriebsur­laub sind, fühlen eine große Ungewisshe­it und sind gespannt, was die Zukunft bringt.“

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Foto: Matthias Balk, dpa Zwei Interessen­ten wollen Osram übernehmen: Das Angebot aus Österreich verunsiche­rt viele Beschäftig­te des Traditions­unternehme­ns.

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