Und täglich grüßt Greta
Umweltikone So ein paar Tage ohne „soziale“Medien können Erholung pur sein: keine Polemik, keine Auseinandersetzungen, keine Verschwörungstheorien. Keine Hasstiraden oder Fangesänge auf Greta Thunberg (unser Foto), die am 20. August 2018 zum ersten Mal mit dem Schild „Schulstreik für das Klima“vor das schwedische Parlament zog.
Seitdem arbeiten sich Journalisten, Publizisten, Blogger, TwitterNutzer – kurzum: die Öffentlichkeit – an dem Mädchen, das gerade über den Atlantik zum Klimagipfel nach New York segelt, ab. Auf bizarre, fast tragische Weise.
Wie teilweise über Greta Thunberg geschrieben wird, ist erschreckend. Mein Kollege Christian Imminger hat unter anderem das am Donnerstag in seinem Leitartikel thematisiert. Erschreckend ist, wie häufig es an der gebotenen journalistischen Distanz mangelt. Man nimmt alles, was Greta Thunberg tut und wofür sie steht oder zu stehen scheint, persönlich. Was schon zeigt, was dieses Mädchen in kurzer Zeit erreicht hat. Sie regt auf und an, weltweit – und ist damit relevant. Dennoch: Sie ist ein 16-jähriges Mädchen!
So eine Twitter-Pause ist übrigens nicht bloß für Journalisten ratund erholsam, auch Politiker profitieren davon nach eigenen Angaben. Peter Tauber etwa. Der Staatssekretär im Verteidigungsministerium und frühere CDU-Generalsekretär twitterte nun (was einigermaßen widersprüchlich ist): „Der größte Luxus im Urlaub ist, nicht täglich die Häme vieler deutscher Journalisten lesen zu müssen. Egal ob gegen die SPD, Greta oder ... Twitter kurz an, gleich wieder aus. Und an Artikel 1 der Hessischen Verfassung denken: ,Bevor isch misch uffrech, isses mer lieber egal.‘“
Kommen wir zu den wichtigen Dingen – danke für den Tweet, lieber Focus-Kollege Marc Etzold: „Mir ist völlig egal, ob Gretas Trip mehr Emissionen erzeugt, als wenn sie geflogen wäre. Ich möchte wissen, wieso sie auf dem Atlantik stabileres Internet hat als wir in Berlin.“Ich ergänze: als wir in weiten Teilen Deutschlands. Aber vielleicht bin ich nur verwöhnt vom Internetempfang in Skandinavien, wo ich meinen Urlaub verbrachte. Gesegelt bin ich dorthin nicht. Aber ich bin ja auch keine „Umweltikone“wie Greta. Und erst recht kein Heiliger. Diesen Titel hat die Schwedin bereits verliehen bekommen – von Publizisten. Halleluja!