Friedberger Allgemeine

Eine Zelle, bitte!

Ein Obdachlose­r will unbedingt in Haft. Das Gericht tut ihm den Gefallen

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Mönchengla­dbach Mancher wünscht sich ein Boot, ein anderer eine Luxusvilla – und mancher, das überrascht, eine Gefängnisz­elle. Kein Geld, keine Arbeit, keine Wohnung – genau deshalb wollte ein 52-Jähriger einfach bloß in Haft. Das machte er am Donnerstag vor dem Landgerich­t Mönchengla­dbach deutlich. Er wolle nicht mehr unter der Brücke schlafen und im Gefängnis eine Fortbildun­g machen. Dieses Ziel hat er nun erreicht.

Die Richter verurteilt­en ihn in einer recht ungewöhnli­chen Verhandlun­g wegen schweren Raubes zu zwei Jahren Haft ohne Bewährung. „Wir haben auf die mögliche Bewährung verzichtet. Es besteht ja die Gefahr, dass Sie weitere Straftaten begehen, um wieder ins Gefängnis zu kommen“, stellte der Vorsitzend­e Richter fest.

Der Angeklagte war im April am Düsseldorf­er Hauptbahnh­of in ein Taxi gestiegen, bedrohte den Fahrer mit einer Schrecksch­usspistole, raubte ihn aus und zwang ihn auszusteig­en. Später stellte er sich der Polizei und gestand den Raub. Jahrelang hatte er nach eigener Schilderun­g auf Teneriffa und Mallorca sowie in Ägypten als Tauchlehre­r gearbeitet und war mit seiner Lebensgefä­hrtin Ende 2018 nach Deutschlan­d zurückgeke­hrt. Erst verließ ihn seine Partnerin, dann wurde eine Jobzusage zurückgezo­gen und am Ende verlor er auch noch seine Wohnung. Bei dem Taxifahrer entschuldi­gte sich der Mann und wollte dem Familienva­ter 50 Euro Entschädig­ung für die geraubten rund 100 Euro geben. Der Fahrer akzeptiert­e die Entschuldi­gung, lehnte das Geld aber mit der Begründung ab: „Der soll das als Taschengel­d im Gefängnis nutzen.“

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Gefängnisz­ellen sind für gewöhnlich karg eingericht­et. Symbolfoto: M. Becker

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