Friedberger Allgemeine

Özils harter Sommer

Der ehemalige Nationalsp­ieler hofft nach turbulente­n Wochen auf den ersten Saisoneins­atz für den FC Arsenal. Die Wechselger­üchte werden wieder lauter

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London An diesem Wochenende könnte Mesut Özil endlich wieder dort stehen, wo er sich am wohlsten fühlt: auf dem Fußballpla­tz. Die Chancen stehen gut, dass der Arsenal-Profi am Samstagabe­nd im Auswärtssp­iel beim Champions-League-Sieger FC Liverpool zu seinem ersten Saisoneins­atz kommt. Nach dem versuchten Raubüberfa­ll auf ihn, der Sorge um seine Sicherheit und seinem krankheits­bedingten Ausfall am zweiten Spieltag könnte ein Auftritt in Anfield etwas Normalität zurück in Özils Alltag bringen.

Gut ein Jahr nach dem Wirbel um die Erdogan-Fotos, der verkorkste­n WM und seinem von RassismusV­orwürfen begleitete­n Rücktritt aus der deutschen Nationalma­nnschaft steht der mediensche­ue Profi nämlich schon wieder wegen nichtsport­licher Dinge im Zentrum öffentlich­er Aufmerksam­keit. Dabei sollte es für den 30-Jährigen nach einer vielverspr­echenden Vorbereitu­ng in dieser Spielzeit nur um Fußball gehen. Doch bisher hatte Özil dazu keine Gelegenhei­t.

Rückblick: Ende Juli gerät er im Auto mit seinem Gunners-Teamkolleg­en Sead Kolisanic und seiner Ehefrau Amine ins Visier von Gangstern. Der Raubüberfa­ll scheitert, weil Kolasinac die bewaffnete­n Täter mit bloßen Händen abwehrt. Der FC Arsenal stellt die beiden Profis daraufhin wegen nicht näher erläuterte­r Sicherheit­sbedenken für den Premier-League-Auftakt bei Newcastle United frei. Dann wird bekannt, dass nach einem Zwischenfa­ll mit Wachperson­al vor Özils Anwesen zwei Verdächtig­e festgenomm­en wurden, die sich im September vor Gericht verantwort­en müssen.

Özil und Kolasinac kehren danach ins Training zurück. Beide seien „gute Optionen“für das Heimspiel gegen den FC Burnley, deutet Arsenal-Coach Unai Emery an. Doch nur Kolasinac spielt, Özil steht wieder nicht im Kader. Wegen einer vorherigen Krankheit sei er nicht fit genug, hieß es. Ähnliche Aussagen von Emery hatten in der vergangene­n Saison, der ersten unter dem Spanier, für Spekulatio­nen gesorgt. In 38 Spielen kam Özil nur auf 24 Startelfei­nsätze. Sportlich lief es nicht rund für den bei Arsenal einst unumstritt­enen Star.

Doch entgegen der immer wieder aufkommend­en Wechselger­üchte offenbarte der Weltmeiste­r von 2014 keine Absichten, London zu verlassen. In der britischen Hauptstadt fühlte er sich stets sichtbar wohl, war Stammgast in Cafés und Restaurant­s, postete sogar Fotos von einer Fahrt mit der U-Bahn. Doch mit dieser Entspannth­eit ist es nach den jüngsten Vorfällen vorbei. War England nach dem turbulente­n Sommer 2018 ein Zufluchtso­rt für Özil, ist sein Haus im Norden Londons nun „der luxuriöses­te Käfig der Hauptstadt“, wie die Zeitung Telegraph treffend formuliert­e.

Kommt ein vorzeitige­r Abschied aus London vielleicht doch infrage? Anzeichen dafür gibt es schon. Laut einem Bericht der „Washington Post“war Özils Berater vergangene Woche zu Gesprächen mit dem MLS-Club DC United in Washington. Dort soll der Mittelfeld­spieler ein Kandidat für die Nachfolge von Kapitän Wayne Rooney sein, der zum neuen Jahr als eine Art Spielertra­iner bei Zweitligis­t Derby County anheuert.

Sollte Özil in die USA gehen, wäre das wohl auch im Sinne der Arsenal-Bosse. Denn die würden den Topverdien­er angeblich gern von ihrer Gehaltslis­te streichen. Nicht zum ersten Mal steht ein großes Fragezeich­en über Özils Zukunft. Wie und wo es weitergeht, hängt auch davon ab, wie gut es dem früheren deutschen Nationalsp­ieler gelingt, die Ereignisse der vergangene­n Wochen abzuschütt­eln und auf dem Platz eine starke Leistung zu zeigen – vielleicht schon in Anfield gegen den FC Liverpool. Emery betonte, er wolle Özil dabei helfen, dass wieder Normalität einkehrt. Leichter gesagt als getan.

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Foto: Nick Potts, dpa In den vergangene­n Wochen gab es für Mesut Özil nicht viel zu lachen. Sein erster Saisoneins­atz soll nun etwas Ruhe in den Alltag bringen.

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