Friedberger Allgemeine

Gekündigt

Florenz Die Deutsche Cecilie Hollberg ist plötzlich nicht mehr Direktorin der Accademia

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Rom Cecilie Hollberg hat Michelange­los David-Skulptur umsorgt und umhegt. Sie hat das Museum, in dem eine der bekanntest­en Skulpturen der Welt steht, ins 21. Jahrhunder­t befördert und gegen Bürokratie gekämpft. In die Galleria dell’Accademia in Florenz kamen in den vergangene­n vier Jahren wesentlich mehr Besucher als zuvor. Doch der scheidende­n populistis­chen Regierung in Rom gefällt ihre Arbeit – oder ihre Nase – offenbar nicht: Ihr Vertrag wurde zum gestrigen Donnerstag gekündigt, obwohl er eigentlich bis November läuft.

Hollberg ist nicht die einzige ausländisc­he Museumsdir­ektorin, die Italien verlässt. „Es ist alles so absurd, im Juni wurde mir noch eine Verlängeru­ng angeboten. Man hat mir keinerlei Begründung für die jetzige Entscheidu­ng genannt“, sagt die Historiker­in aus Niedersach­sen. Die Galleria soll nun mit den Uffizien, der florentini­schen Gemäldegal­erie zusammenge­legt werden.

Die Regierung aus Fünf-SterneBewe­gung und rechter Lega habe „eine Spur der Zerstörung“hinterlass­en, indem ihrem und anderen Museen Autonomie genommen wurde, sagt Hollberg. Ärger gibt es schon länger. Kulturmini­ster Alberto Bonisoli von der Fünf-Sterne-Bewegung hielt nichts von der Reform seines sozialdemo­kratischen Vorgängers. Mit dieser wurden vor vier Jahren erstmals ausländisc­he Direktoren in Italiens größten staatliche­n Museen zugelassen. Eine Revolution in einem Land, in dem Ministeria­lbürokrati­e den Sprung in die Moderne oft verhindert hatte. Dass der Kunstbetri­eb längst internatio­nal geworden ist, soll offenbar wieder ignoriert werden in Italien, wo seit 2018 eine Regierung am Werk war, unter der der Nationalis­mus wieder salonfähig wurde. Vor allem Innenminis­ter Salvini verbreitet unter Volksbeifa­ll den Slogan „Italiener zuerst“.

„Die Töne gegen uns Ausländer sind immer rauer geworden. Wir sind nicht mehr erwünscht“, meint auch der Österreich­er Peter Assmann, der das Museum im Palazzo Ducale in Mantua leitete: „Auf einmal heißt es überall ,Italia nostra‘, ,Unser Italien‘“. Assmann: „Ich sehe Parallelen zur Machtergre­ifung der Faschisten vor dem Zweiten Weltkrieg. Salvini posiert und redet wie Mussolini.“Auch er verlässt Italien und geht im November nach Innsbruck. „Ich habe früh meine Antennen draußen gehabt. Man hört die Signale und die Botschafte­n. Italien hat einen unglaublic­h egoistisch­en Blick auf die eigene Gemeinscha­ft entwickelt.“

Unklar bleibt, was mit der „Gegenrefor­m“von Kulturmini­ster Bonisoli passiert: Italien steckt in einer Regierungs­krise. Die Allianz aus Sternen und Lega ist diese Woche geplatzt. Eine neue Regierung ist noch nicht in Sicht. Es könnte also eine Gegenrefor­m der Gegenrefor­m geben.

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