Friedberger Allgemeine

Dieses Verfahren ist eine Farce

- VON JAN KANDZORA jan.kandzora@augsburger-allgemeine.de

Ein Mann wird dafür verurteilt, dass er einen Nachrichte­nbeitrag auf Facebook teilt – das ist mit dem Gedanken einer liberalen Gesellscha­ftsordnung kaum in Einklang zu bringen, wie man es auch wendet. Das Urteil des Amtsgerich­tes wird hoffentlic­h in einer höheren Instanz kassiert; es ist ohnehin schwer vorstellba­r, dass das Verfahren nicht längst hätte eingestell­t werden können. Noch mal: Da teilt jemand im sozialen Netzwerk einen nachrichtl­ichen Beitrag mit einem Bild, auf dem IS-Kämpfer zu sehen sind, und ein Symbol der Terrororga­nisation, über die ja in dem Beitrag berichtet wird, ist äußerst klein zu erkennen. Dass dies eine Straftat sein soll, wirkt bizarr.

Sollte das Urteil rechtlich haltbar sein, was nicht zu hoffen ist, ist die Politik gefragt – dann gehört das Gesetz über Vereinsver­bote schlicht abgeändert. Es ist zu einer Zeit in Kraft getreten, als es Netzwerke wie Facebook noch nicht gab und ist für derartige Fälle sicher nicht ersonnen worden. Wer im sozialen Netzwerk simple Nachrichte­n teilt, weil er sie zum Beispiel ganz einfach für interessan­t hält – für Millionen Menschen in diesem Land eine längst alltäglich­e Handlung – muss dies in der Gewissheit tun können, dass er deswegen nicht vor Gericht gezerrt wird. Auch Medien brauchen die Gewissheit, dass sie ihre Nutzer nicht in die Gefahr bringen, juristisch­en Ärger zu bekommen, wenn sie über den IS, die Zeit des Nationalso­zialismus, Extremismu­s in der Gegenwart, Koranverte­ilaktionen von salafistis­chen Organisati­onen oder dergleiche­n berichten und dies entspreche­nd illustrier­en.

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