War der verrückte Schorsch das falsche Opfer?
Viele Motive und noch kein Mörder: Kommissarin Lara Klar stellt eine These auf. Rätseln Sie mit
Sommerzeit ist Krimizeit: Damit es in den nächsten Wochen nicht an spannendem Lesestoff fehlt, hat AZ-Redakteur Maximilian Czysz einen Lokalkrimi geschrieben. Das ist bisher passiert: Zu Beginn unseres Sommerkrimis, der frei erfunden ist, hat es den Friseurmeister Schorsch erwischt. Er war Gast bei einem geheimnisvollen Krimi-Dinner. Beim dritten Löffel Suppe röchelte er, lief rosarot an und knallte tot mit dem Kopf auf den Tisch. Kommissarin Lara Klar muss den mysteriösen Todesfall klären. Sie stößt auf eine Einladung, die an verschiedene Persönlichkeiten im Dorf gerichtet war: den Bauunternehmer, den Chef der Bank, die Bürgermeisterin und die Frau eines Chirurgen. Absender der Briefe war angeblich die Fabrikantenwitwe Erna von Weinstein. Auch sie hatte eine Einladung – sie war allerdings nicht unterschrieben. Das Ergebnis der Gerichtsmedizin lag am nächsten Morgen auf dem Schreibtisch von Kommissarin Klar. Der verrückte Schorsch wurde vergiftet. Zyankali. Eine nicht mehr Menge. In der Suppe gelöst, sofort tödlich. Klar googelte die Symptome und las: „Kopfschmerzen, Schwindel, Erbrechen, Krämpfe, Ohnmacht und Bittermandelgeruch in der Ausatemluft. Bei einer Vergiftung mit sehr hohen Konzentrationen kann der Tod durch Herzstillstand schon nach wenigen Minuten eintreten.“Der verrückte Schorsch hatte keine Chance. Er wurde vergiftet.
Jetzt waren alle Teilnehmer des Krimi-Dinners verdächtig. Jeder hätte dem verrückten Schorsch Blausäure in die Suppe träufeln können. Aber warum nur?
Lara Klar bestellte den Bauunternehmer Hans Hammer, den Bankchef Laurin Nieswurz, die Bürgermeisterin Gerlinde Nagel, Frau Doktor Ella Goldlack und die Fabrikantenwitwe Erna von Weinstein ins Präsidium. Um 11 Uhr saßen alle im Gang. Keiner sagte ein Wort.
Nacheinander rief Lara Klar die Verdächtigen ins Vernehmungszimmer.
Ella Goldlack, die Frau des Chirurgen, beichtete theatralisch, wie schwer sie es im Leben habe. Sie fühle sich nicht mehr attraktiv, und das letzte Lifting sei gründlich schiefgegangen. Niemand nehme sie im Dorf ernst, sie sei ja nur die Frau des Arztes. Und der vergnüge sich lieber auf Kongressen mit Kolleginnen. Dann jammerte sie, dass sie in ihrer Beziehung gefangen sei. Würde sie sich trennen, dann könnte ihr Mann den Geldhahn zudrehen. Der Banker im Dorf habe ihr erst einen Kleinkredit verwehrt. „Der steckt doch mit meinem Mann unter einer Decke. Am liebsten würde ich beide durch den Fleischwolf drehen und an die Hunde verfüttern“, sagte sie.
Mordgedanken hatte Bürgermeisterin Gerlinde
Nagel nicht. Sie habe ja auch keine
Feinde. Aber vielleicht einen Gegenkandidaten bei der
Wahl 2020. Ihre
Stimme zitterte.
„Bitte. Es darf nichts an die Öffentlichkeit gelangen. Wenn jemand erfährt, dass ich bei dem Krimi-Dinner war, dann bin ich geliefert. Das könnte einem Gegenkandidaten in die Karten spielen.“Mit Nachdruck sagte sie: „Frau Klar, ich kenne den leitenden Polizeidirektor sehr gut.“Die Kommissarin ließ sich davon nicht beeindrucken. Klar hakte aber nach: „Ist es denn verwerflich, an einem Krimi-Dinner teilzunehmen?“– „Natürlich nicht“, sagte Gerlinde Nagel. „Ich bin hingegangen, weil ich mit Erna von Weinstein über ein neues Baugebiet spredefinierbare chen wollte. So kurz vor der Wahl wäre es doch eine gute Nachricht, wenn die Gemeinde neue Baugrundstücke für junge Familien ausweisen könnte.“
Auch der Bankchef hätte sich gerne mit der Gastgeberin etwas intensiver unterhalten. Über ihre Finanzen und Anlagemöglichkeiten. Vielleicht bestünde ja auch eine Möglichkeit, ihn im Wahlkampf zu unterstützen? „Da ist doch so ein bunter Abend eine gute Gelegenheit, um ins Gespräch zu kommen“, sagte Laurin Nieswurz. Dass ihm jemand nach dem Leben trachtet, könne er sich nicht vorstellen. Es habe vor vier Jahren einmal einen Überfall auf seine Filiale gegeben. Er sei bedroht worden. Der Täter, ein Mann aus dem Dorf, wurde zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. „Der sitzt im Gefängnis. Der setzt keinen Fuß mehr auf unseren Boden. Dafür sorge ich schon“, sagte Nieswurz. Klar wurde hellhörig. „Wie meinen Sie das?“– „Wenn der hier auftaucht, dann gnade ihm Gott.“Lara Klar ließ das so stehen.
Baulöwe Hans Hammer war der letzte in der Runde. Ungeduldig rutschte er auf dem ungemütlichen Stuhl im Vernehmungszimmer hin und her. „Geht’s Ihnen nicht gut“, wollte Klar wissen. „Ich warte hier schon seit zwei Stunden. Was soll das Ganze eigentlich“, raunzte er. „Sie sind Verdächtiger in einem Mordfall. Haben Sie schon vergessen? Das Krimi-Dinner?“Hammer merkte, dass er zu weit gegangen war und versuchte zu beschwichtigen: „Ach, der verrückte Schorsch. Ein komischer Kauz. Hat doch nie jemanden abgekriegt.“– „Und wie ist das bei Ihnen?“– „Kann mich nicht beklagen. Ich wüsste aber nicht, was Sie das angeht.“– „Aber vielleicht Ihre Frau“, bluffte Klar.
Einen kurzen Augenblick hielt der Baulöwe, der nicht auf den Mund gefallen war, inne. „Agathe muss es nicht wissen. Ich verstehe mich mit der Gerlinde ganz gut.“Klar stutzte: „Mit der Bürgermeisterin?“– „Wir kennen uns seit der Schule. Wir hatten uns aus den Augen verloren. Dann haben wir uns wiedergefunden.“– „Und jetzt sind Sie gemeinsam zum Krimi-Dinner gegangen.“– „Wir wollten uns sowieso treffen.“„Auch Erna von Weinstein?“– „Ich wollte meiner Großtante noch verdeutlichen, welche Vorteile ein neues Baugebiet für den ganzen Ort hätte.“Lara Klar schwante es jetzt. Sie fragte ganz direkt. „Erna von Weinstein ist ihre Großtante. Richtig? Wenn sie stirbt, wer erbt dann ihr Vermögen?“Klar nahm die Antwort vorweg: „Sie sind es.“Hammer nickte.
Die Fabrikantenwitwe sagte, dass Hans Hammer gierig sei und er keinesfalls etwas von ihrem Grundeigentum abbekomme. „Jedenfalls nicht, solange ich lebe.“Sie beteuerte, immer ein gutes Verhältnis zum verrückten Schorsch gehabt zu haben. Einmal in der Woche sei sie in seinen Salon gegangen, hatte im Lauf der Jahre ein kleines Vermögen bei ihm gelassen. Ja, manchmal hatte sie den Eindruck, dass er ihr nachstellte. Sie sagte: „Aber ehrlich: Der hatte es doch nur auf mein Geld abgesehen.“So wie alle im Dorf.
Dann stellte Lara Klar eine These in den Raum: Vielleicht sollte ja gar nicht der Friseurmeister sterben. Vielleicht sollte jemand anders das Opfer sein. Der verrückte Schorsch war harmlos. Wer sollte ihn ermorden? Anders war es bei der Fabrikantenwitwe. Hatten Hans Hammer und die Bürgermeisterin einen teuflischen Plan geschmiedet, um an ihre Grundstücke zu kommen?
Rätseln Sie mit: Haben es alle auf das Vermögen der Fabrikantenwitwe abgesehen? Welches Motiv ist am stärksten? Spielen Sie Kommissar und sagen Sie uns, wie der Sommerkrimi weitergeht.