Wenn das Geld für Kinder immer knapp ist
Soziales Viele Eltern in Augsburg sind auf finanzielle Hilfe angewiesen. Oft reißen schon kleine Anschaffungen ein Loch in die Kasse. Die Kinder leiden am meisten unter dieser Situation, doch nun soll eine neue Regelung helfen
Eine Sorge weniger. Franziska Huber* hat für ihre siebenjährige Tochter einen kostenlosen Schulranzen bekommen. „Es ist ein richtig guter, von Scout.“Ergattert hat ihn die alleinerziehende Mutter bei einer Aktion des Fördervereins „Kinderchancen“. Sie ist froh, denn sonst hätte sie ihn sich kaum leisten können.
Franziska Huber ist nicht die einzige Mutter, die auf Unterstützung angewiesen ist. In vielen anderen Familien reicht das Geld oft nur für das Nötigste. Doch das soll nun besser werden: Seit August sollen neue gesetzliche Regelungen bedürftige Familien und damit auch die Kinder entlasten – auch in Augsburg.
Für die 45-jährige Huber sind die Neuerungen eine gute Nachricht. Seit Anfang dieses Monats gilt die zweite Stufe des „Starke-FamilienGesetzes“. Es bringt unter anderem Änderungen bei den Bildungs- und Teilhabeleistungen für bedürftige Familien. Franziska Huber, die sieben Jahre lang Hartz IV bezog, zählt dazu. „Ich finde es gut, dass die Politik etwas unternimmt. Ich weiß, wie es ist, wenn man alleinerziehend ist und jeden Cent umdrehen muss“, sagt die zweifache Mutter, die mit Sohn und Tochter in Oberhausen lebt. An eine Urlaubsreise mit ihren fünf und sieben Jahre alten Kindern ist für die Mutter nicht zu denken. In den Sommerferien bleiben sie, wie jedes Jahr, daheim in Augsburg.
„Ich versuche, es den Mäusen hier so schön wie möglich zu machen“, sagt die Mutter. Besuche auf dem Abenteuerspielplatz in der Hammerschmiede, im Zoo oder im Botanischen Garten stehen auf dem Programm. Gerne aber würde die Mutter ihren Kindern mehr bieten.
Arnd Hansen von der Stiftung Kartei der Not weiß, dass es in Augsburg Familien gibt, die sich alleine schwer tun, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Der Geschäftsführer des Leserhilfswerks unserer Zeitung erzählt von über 1000 Anträgen aus dem Arbeitsgebiet der Stiftung, die 2018 nur von Familien bei der Kartei der Not eingingen. „2640 Kinder profitierten im vergangenen Jahr von unseren Hilfen.“Kinderarmut beschäftige ihn und sein Team nahezu jeden Tag.
„Es ist ein stilles Stigma, unter dem die Kinder leiden“, sagt er und fügt hinzu: „Sie befinden sich immer unverschuldet in Not.“Das zeigt sich auch im Ellinor-HollandHaus, dem jüngsten Hilfsprojekt der Stiftung für Menschen in kritischen Lebenslagen. Zwar stehe Urlaub bei den Bedürfnissen der Familien hier nicht im Vordergrund, aber es gebe Fälle, in denen die Kartei der Not auch hier mithelfe.
Hansen berichtet, wie sein Team auf eine Stiftung eines Wohnwagenherstellers stieß. Diese stellt bedürftigen Familien kostenfrei voll ausgestattete Caravans zu Verfügung. Auf diesem Weg organisierte das Ellinor-Holland-Haus für eine seiner Familien einen einwöchigen Urlaub in einem Wohnwagen im Allgäu – mit einem Zuschuss für die Urlaubskasse. Nicht nur für Eltern, auch für Kinder seien ein paar unbeschwerte Tage wichtig.
Das Lebensgefühl armer Kinder ist oft von dem Gefühl geprägt, ausgegrenzt zu sein und abseits stehen zu müssen, meinte Ulrich Schneider, Chef des Paritätischen Gesamtverbandes. Auch in Augsburg ist verbreitet: 20,1 Prozent aller Menschen in Augsburg unter 25 Jahren gelten als armutsgefährdet. Bei den unter 18-Jährigen beträgt die Armutsgefährdungsquote sogar 28,9 Prozent. Das sind die derzeit aktuellsten Zahlen aus dem Sozialbericht 2017. Eltern wie Franziska Huber, die auf Sozialleistungen angewiesen sind, sollen nun von den aktuellen, gesetzlichen Änderungen des sogenannten Bildungsund Teilhabepakets (BuT) profitieren – und damit vor allem ihre Kinder. Dabei geht es um fünf wesentliche Punkte:
● Seit 1. August 2019 wird pro Kind ein persönlicher Schulbedarf von insgesamt 150 Euro statt bisher 100 Euro pro Schuljahr anerkannt. ● Zudem sollen mehr Schülerinnen und Schüler bei Leistungsproblemen von einer Lernförderung profitieren.
● Seit August besteht der Anspruch auf ein kostenfreies Mittagessen in Kindergarten oder Schule. Der bisherige Eigenanteil von einem Euro entfällt ebenfalls. Die Schülerfahrkarte wird komplett übernommen. ● Der monatliche Zuschuss für Sportverein oder Musikschule steigt von zehn auf 15 Euro.
In Augsburg können rund 8000 Kinder und Jugendliche von den Leistungen profitieren. Sozialreferent Stefan Kiefer (SPD) appelliert an Familien, Kontakt mit dem Amt für Soziale Leistungen aufzunehmen. Er beobachte, dass das Bildungspaket schon jetzt einen Beitrag zum sozialen Frieden in der Stadt leiste. „Jeder Euro kommt bei den Kindern an, sei es das Mittagessen in der Schule, die Klassenfahrt, die Nachhilfe oder der Beitrag im Sportverein.“Kartei-der-Not-Geschäftsführer Hansen begrüßt die Aufstockung ebenfalls, bewertet sie aber als unzureichend. „Bedürftige Kinder bleiben von einer Chancengleichheit trotzdem weit entfernt.“
Franziska Huber freilich hat große Träume, vor allem von einem Urlaub mit ihren Kindern in Afrika. Dort leben die Großeltern der KinKinderarmut der. Nach sieben Jahren ist Huber aus Hartz-IV herausgekommen. Seit Kurzem arbeitet sie in Teilzeit als Betreuerin in einem Seniorenheim. Die Weiterbildung, die sie abgeschlossen hat, hat sich bezahlt gemacht. Huber ist stolz. „Seit der Geburt meiner Kinder vor sieben Jahren bin ich endlich keine Hartz-IVEmpfängerin mehr.“Die Leistungen aus dem BuT sowie Kindergeldzuschlag und Wohngeld werde sie dennoch beantragen. Von monatlich 1500 Euro brutto bleibt nicht viel zum Leben. „Aber ich bin zufrieden. Ich fühle mich nicht mehr wie ein Mensch zweiter Klasse.“Vielleicht schafft sie es auch eines Tages, ihren Traum zu verwirklichen. (*
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Anspruch auf „BuT“-Leistungen haben Kinder von Eltern, die Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld, Sozialhilfe, den Kinderzuschlag, Wohngeld oder Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen. Nähere Infos unter: www.augsburg.de/armutspraevention.