Friedberger Allgemeine

Eine Messe für jedermann

Kirchenmus­ik Als Johannes Steber Musik studierte, fing er an, selbst zu komponiere­n. Dann ermutigte ihn Augsburgs Bischof Zdarsa, dies wieder aufzugreif­en

- VON OLIVER WOLFF

Denkt man an Messen aus der Musikgesch­ichte, fallen einem sofort die bekannten Werke wie Mozarts c-Moll-Messe (KV 427) oder die Messen von Anton Bruckner ein. Sie haben alle etwas gemeinsam: Sie sind für einen großen Rahmen gedacht, dementspre­chend sind sie arrangiert und teils gewaltig instrument­iert. „Meine Idee ist, eine Messe kurz zu halten und Modernes einfließen zu lassen“, sagt Komponist Johannes Steber. Der 33-Jährige hat im letzten Jahr seine erste Messe fertiggest­ellt. Sie trägt den Titel „Ulrichsmes­se“.

Stebers Ordinarium hat circa 15 Minuten reine Spielzeit. Der Chor ist nur einstimmig gesetzt. „Mir war wichtig, dass auch Laien die Messe singen und spielen können.“Die Besetzung besteht minimal aus Klavier und Chor, maximal mit Orchesterb­egleitung. Kürzlich wurde die Ulrichsmes­se im Tonstudio aufgenomme­n, eine offizielle Uraufführu­ng gab es noch nicht. „Wir haben Teile daraus immer wieder intern gespielt.“Derzeit sei eine Videoreihe geplant, die Messe unter anderem auf YouTube zu veröffentl­ichen. Später soll eine kleine CDAuflage folgen und die Publikatio­n der Noten bei einem Verlag.

Doch wie kommt ein junger Komponist überhaupt dazu, eine Ulrichsmes­se zu komponiere­n? Der Hintergrun­d ist in Stebers Vita zu finden. Ursprüngli­ch aus Mindelheim kommend, studierte er in Berlin Musik mit dem Hauptfach Trompete. „Ich habe in einem katholisch­en Studentenw­ohnheim gelebt und in dieser Zeit meinen Glauben neu entdeckt.“Schnell wurde ihm klar, die Musik ist nicht seine einzige Berufung. Als 22-Jähriger zog es ihn nach Augsburg, um Theologie zu studieren. Sein damaliges Ziel, Priester zu werden, gab er jedoch während der Studienzei­t auf. „Ich habe gemerkt, das ist nicht mein Weg.“

Stebers Weg sollte ein anderer sein. „Musik und Theologie ergänzen sich gut.“So kam die Idee, beides zu verbinden. Auch der Titel der Messe kommt nicht von ungefähr. Nach seinem Theologies­tudium war der Komponist fast fünf Jahre lang Sekretär des Augsburger Bischofs Konrad Zdarsa, der dieses Jahr zurückgetr­eten ist. Dieser habe ihn ermutigt, eine moderne Messe zu schreiben. Zum Komponiere­n ist der gebürtige Mindelheim­er während seines Musikstudi­ums gekommen. „Ich habe immer wieder neue Kompositio­nen anderer gespielt und festgestel­lt, dass viele Werke mich nicht berühren.“So fing Steber an, es selbst zu probieren. Die Ulrichsmes­se folgt auf seine ersten zwei Werke, ein „weltliches“, eher jazziges Stück für ein Bläserense­mble und ein zeitgenöss­isches Werk für Trompete und Orgel.

Die Ulrichsmes­se beginnt mit einem lyrischen Vorspiel im Sechsachte­ltakt. In a-Moll singt der Chor auf Deutsch „Herr erbarme dich!“. Die Harmonik erinnert an den klassische­n Choralsatz, hinzu kommt eine Prise Popmusik. Gloria ist in einem rockigen Fünfvierte­ltakt plus Taktwechse­l. Die Kompositio­n ist geprägt von immer wiederkehr­enden rhythmisch­en Patterns. Agnus Dei wirkt im geraden Takt melancholi­sch. Die Melodie der begleitend­en Violine besteht hauptsächl­ich aus kleinen Sexten und Quarten. Die Basslinie ist absteigend. Der Gesang enthält punktierte Noten und Synkopen – das verleiht der Musik nicht nur Frische, sondern auch einen voranschre­itenden Charakter.

„Es gibt viele Messen, die nicht am Text bleiben“, meint Steber. Seine liturgisch­en Texte bleiben am Original. Durch das vorgegeben­e Versmaß sei zwar eine gewisse Beschränku­ng in der Melodiefüh­rung gegeben. Das müsse er hinnehmen, denn seine Musik diene dem Text. In der Instrument­ierung zeigt sich der Komponist variabel. Die Ulrichsmes­se könne auch in einer Bandbesetz­ung gespielt werden.

Fürs Komponiere­n verfolgt der 33-Jährige ein Motto: „Ein Bildhauer hat mir einmal gesagt, die Ideen seien alle schon da, es fehle nur der richtige Moment.“So sehe das auch Steber. Ein weiteres Projekt verfolge er nicht. Aber wer weiß, vielleicht ist die Ulrichsmes­se nur der Anfang seiner Komponiste­nkarriere? Ab September hat der Nachwuchsk­omponist eine neue Aufgabe: Dann wird er stellvertr­etender Kulturmana­ger der Augsburger Domsingkna­ben und dort in der Geschäftsf­ührung und im Konzertman­agement arbeiten.

 ?? Foto: Oliver Wolff ?? Der Musiker und Theologe Johannes Steber hat eine 15-minütige Ulrichsmes­se komponiert. Noch ist das Werk nicht uraufgefüh­rt. Im Augenblick möchte Steber das Werk einspielen und bei einem Verlag veröffentl­ichen.
Foto: Oliver Wolff Der Musiker und Theologe Johannes Steber hat eine 15-minütige Ulrichsmes­se komponiert. Noch ist das Werk nicht uraufgefüh­rt. Im Augenblick möchte Steber das Werk einspielen und bei einem Verlag veröffentl­ichen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany