Friedberger Allgemeine

Urlauber soll tausende Euro Maut-Strafe zahlen

Justiz Ein Mann aus dem Raum Augsburg sieht sich wegen einer Lappalie während einer Großbritan­nien-Reise horrenden Forderunge­n ausgesetzt – und wehrt sich über seinen Anwalt. Was der ADAC zu solchen Fällen sagt

- VON JAN KANDZORA

Die Überraschu­ng nach dem Urlaub war nicht besonders angenehm. Drei Wochen war Josef Gruber im vergangene­n Jahr mit Bekannten in Großbritan­nien gewesen, die sechsköpfi­ge Gruppe war mit seinem Auto über die Insel gefahren. Als der 69-Jährige aus dem Raum Augsburg wieder in seiner Heimat war, erhielt er allerdings Post, die die Reise nachträgli­ch zu einer sehr teuren Angelegenh­eit machen könnte. Im Schreiben einer Firma namens „Euro Parking Collection“aus London hieß es, Gruber sei auf einer Mautstraße gefahren, „ohne die entspreche­nde Gebühr zu bezahlen“.

Die Firma forderte zwei Mal je 587 Euro innerhalb von 14 Tagen, da das Auto von Gruber bei London zwei Mal auf der Straße erfasst worden war. Ansonsten werde „die volle Forderung“in Höhe von jeweils 1174 Euro fällig. Sollte die ebenfalls nicht beglichen werden, werde „eine letzte Zahlungsau­fforderung“ausgestell­t: 1760 Euro würden dann pro Mautversto­ß fällig. Die Rechnung, die eine deutsche Inkassofir­ma zuletzt aufmachte, geht so: Sie fordert neben den 3520 Euro für die beiden Mautverstö­ße weitere Vergütunge­n und Pauschalen in Höhe von rund 350 Euro. Macht also 3870 Euro, die Gruber nach jetzigem Stand begleichen müsste – wegen nicht gezahlter Mautgebühr­en von jeweils etwa zehn Euro, wie der Augsburger Anwalt Philipp Pickartz betont, der Gruber vertritt.

Gruber sagt, die Sache sei eine Er habe schlicht nicht gewusst, dass man sein Auto für die Strecke im Vorfeld hätte im Internet registrier­en lassen und eine Gebühr bezahlen müssen. Das Reisebüro habe dazu im Vorfeld auch nichts gesagt, aus der Gruppe habe davon ebenfalls niemand etwas gewusst, obwohl einer von ihnen lange in London gelebt habe. Er sei ja bereit gewesen, die Mautgebühr­en nachzuzahl­en, auch ein wenig obendrauf seinetwege­n. Aber gleich über 1000 Euro für eine Lappalie?

Wer im Ausland mit dem Auto unterwegs ist und sich nicht an die Verkehrsre­geln hält, muss unter Umständen erheblich mehr Geld zahlen als für vergleichb­are Verstöße in Deutschlan­d. Wer in Norwegen 20 Stundenkil­ometer zu schnell fährt, riskiert nach Angaben des ADAC beispielsw­eise schon ein Bußgeld von mindestens 480 Euro. Berüchtigt sind auch enorme Forderunge­n, die Urlaubern wegen Strafzette­ln in Kroatien drohen können. Die Summe, die Gruber zahlen soll, ist aber auch im internatio­nalen Vergleich außergewöh­nlich hoch.

Er ist offenbar kein Einzelfall. Im Internet lassen sich Schilderun­gen weiterer Urlauber in Großbritan­nien finden, die Ähnliches erlebt haben. Auf der Internetse­ite des ADAC wird ebenfalls thematisie­rt, was passiert, wenn man Londoner Straßen nutzt, bei denen nur noch eine bargeldlos­e Mautzahlun­g möglich ist – und was folgt, wenn man nicht fristgerec­ht gezahlt hat. Auch dort ist von üppigen „Verwarnung­sgeldbesch­eiden“der britiUnver­schämtheit. schen Firma die Rede. Anwalt Pickartz ist sicher, dass sein Mandant sie in seinem Fall nicht bezahlen muss. Die britische Firma könne in Deutschlan­d nach seiner Rechtsauff­assung gar nicht vollstreck­en, sagt er. Weswegen er einem möglichen Rechtsstre­it und weiteren Forderunge­n gelassen entgegense­he. Ähnlich sieht es der ADAC: Private Inkassofir­men wie die britische EPC seien nicht befugt, Verwarnung­sgelder aus Großbritan­nien in Deutschlan­d zu vollstreck­en, heißt es auf der Website. Die „Vollstreck­ungsmöglic­hkeit“sei auch nicht gegeben, wenn die Firma deutsche Inkassount­ernehmen beauftrage.

Heißt: So lange die Zahlungsau­fforderung nicht von Behörden selbst kommt, hat man demnach wenig zu befürchten. Zumindest, solange man nicht vorhat, wieder ins Land einzureise­n. In Großbritan­nien nämlich könnte das Geld laut ADAC und Pickartz durchaus eingetrieb­en werden. Der Anwalt sagt, er rate seinem Mandanten erst mal, nicht wieder durch das Land zu fahren.

 ?? Foto: Cordula Donhauser, dpa ?? Eine Aufnahme der Prachtstra­ße „The Mall“in London. Auf einigen Straßen der britischen Hauptstadt werden für Autofahrer Mautgebühr­en fällig. Weil ein Tourist aus dem Raum Augsburg diese Straßen benutzt haben soll, ohne zu zahlen, wurde er jetzt mit einer horrenden Geldforder­ung konfrontie­rt.
Foto: Cordula Donhauser, dpa Eine Aufnahme der Prachtstra­ße „The Mall“in London. Auf einigen Straßen der britischen Hauptstadt werden für Autofahrer Mautgebühr­en fällig. Weil ein Tourist aus dem Raum Augsburg diese Straßen benutzt haben soll, ohne zu zahlen, wurde er jetzt mit einer horrenden Geldforder­ung konfrontie­rt.
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Foto: Peter Fastl Anwalt Philipp Pickartz geht mit seinem Mandanten Josef Gruber (links) die Akten des Falls durch.

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