„Wir hängen keinem Spieler ein Preisschild um“
Nach dem Ende der Transferperiode spricht FCA-Geschäftsführer Stefan Reuter über falsche Zahlen, warum er sich ausnahmsweise zu einem Gerücht geäußert hat und warum der FCA auf einige Wechsel lange warten musste
Sie haben Tim Rieder am letzten Tag noch an den TSV 1860 verliehen, damit haben 14 Spieler den Verein verlassen. Es gab 13 Neuzugänge, Sie hatten in dieser Transferperiode sehr viel zu tun.
Reuter: Es war schon ein sehr großer Umbruch, der in diesem Sommer angestanden ist. Zum Teil, weil Verträge nicht verlängert wurden von Spielern und auch, weil wir eine gewisse Veränderung des Kaders vornehmen wollten.
Was war die Intention?
Reuter: Wir haben einen Kader, der wieder heiß ist auf Bundesliga. Der weiß, dass wir als FC Augsburg die Großen ärgern wollen, die darin auch eine große Herausforderung sehen. Die Mischung passt sehr gut. Es sind sehr viele interessante, hungrige Spieler dabei, die sich zeigen wollen. Für einige ist die Bundesliga Neuland, sie wollen sich in Deutschland beweisen. Es ist aber auch der eine oder andere sehr erfahrene Spieler dabei. Wie zum Beispiel Stephan Lichtsteiner, der unseren Spielern mit seiner Erfahrung sicher weiterhelfen wird.
Sie sprechen von sehr viel Qualität im neuen Kader. Die Realität sieht nach drei Spieltagen mit nur einem Punkt anders aus. Sie haben Spieler wie Jedvaj, Lichtsteiner, Uduokhai, aber auch Torhüter Koubek relativ spät zum FCA geholt …
Reuter: Wir beschäftigen uns teilweise schon sehr lange mit den Spielern. Uduokhai wollten wir schon verpflichten, als er 2017 von den Löwen zu Wolfsburg ging. Wenn dann eine Möglichkeit aufgeht, die wir auch realisieren können, dann werden wir aktiv. Das kann natürlich auch zu einem relativ späten Zeitpunkt innerhalb der Transferperiode passieren. Vor zwei, drei Wochen war noch nicht daran zu denken, dass wir Spieler wie Jedvaj, Uduokhai oder Lichtsteiner verpflichten können.
Aber wir haben jetzt den dritten Spieltag absolviert und Sie bitten um Geduld, weil die Mannschaft nicht eingespielt ist. Kann man den Kader nicht früher zusammenstellen?
Reuter: Nein. Weil wir solche Qualität nicht früher bekommen hätten. Wenn Tin Jedvaj in Leverkusen oder Felix Uduokhai in Wolfsburg Spielzeit in den ersten Spielen bekommen hätten, dann hätten wir keine Chance gehabt, diese Spieler nach Augsburg zu holen.
Es war eine Transferperiode, in der auch Spieler des FCA massiv umworben wurden. Stichwort Max und Gregoritsch. Da gab es ja fast jeden Tag neue Spekulationen und Gerüchte. Reuter: Wir sind seit Monaten im Austausch mit Beratern und Spielern. Wenn ein Spieler mit dem Wunsch an uns herantritt, den FCA zu verlassen, was Michael Gregoritsch übrigens nicht getan hat, dann ist es einfach nötig, dass wir frühzeitig ein konkretes Kaufangebot vorliegen haben.
Der FCA wird in der Öffentlichkeit, gerade bei Max und Gregoritsch, oft als Spielverderber dargestellt … Reuter: Das ist falsch. Wir sind nicht der Spielverderber. Es lagen einfach keine konkreten Anfragen vor.
Vielleicht weil die geforderten Ablösesummen zu hoch waren? Sie sollen für Max 20 Millionen Euro und für Gregoritsch über zehn Millionen Euro aufgerufen haben.
Reuter: Gut, dass Sie das ansprechen. Es werden regelmäßig Summen kolportiert, die wir nie genannt haben. Wir hängen keinem Spieler ein Preisschild um. Wenn Interesse da ist, kann der entsprechende Verein uns ein konkretes Angebot machen, dann werden wir uns zusammensetzen.
Das war weder bei Max noch bei Gregoritsch der Fall?
Reuter: Genau. Es lag in beiden Fällen kein konkretes Angebot vor.
Sie haben sich, was für den FCA ja sehr ungewöhnlich ist, im Fall Philipp Max zu einem Gerücht geäußert. Warum?
Reuter: Weil einfach zu viele falsche Zahlen kolportiert wurden. Dem wollten wir ganz deutlich entgegentreten, weil wir keine Zahlen nennen. Noch einmal, es gibt kein Preisschild. Es sind Spieler, die einen Vertrag beim FC Augsburg haben. Wir sind glücklich, dass sie sich langfristig für den FCA entschieden haben. Wenn sie aber den nächsten Schritt machen wollen, dann ist es wichtig, dass ein konkretes Angebot auf dem Tisch liegt.
Wie nahe stand man bei Philipp Max vor einer Einigung mit Atalanta Bergamo?
Reuter: Es lag ein Leihangebot vor, das völlig uninteressant für uns war. Das haben wir dem Berater und auch dem Spieler so mitgeteilt. Wir haben schon im Dezember klar geäußert, dass, wenn ein Wechselwunsch von Philipp Max da ist, ein konkretes Kaufangebot vorliegen muss. Dem war und ist nicht so.
Sind Sie froh, dass das Transferfenster jetzt geschlossen ist?
Reuter: Ja. Die Spieler wissen jetzt, was Sache ist und müssen sich mit nichts anderem mehr beschäftigen. Die vielen Gerüchte, die teilweise von anderen Vereinen oder Beratern gestreut werden, sind nicht von Vorteil, wenn ein Spieler sich zu hundert Prozent auf seine Aufgabe konzentrieren soll.
Ist das Transfergeschäft härter geworden?
Reuter: Ich bin überzeugt, dass wir uns immer korrekt den Spielern gegenüber verhalten. Wir haben schon viele, sehr viele sinnvolle Lösungen gefunden. Von daher sollten wir die Dinge auch nicht zu sehr dramatisieren.
Wie wirbt der FCA um Spieler, die bei anderen Vereinen unter Vertrag stehen?
Reuter: Wir fragen beim Spieler und beim Berater nach, ob er sich einen Wechsel grundsätzlich vorstellen kann. Dann nehmen wir Kontakt mit dem abgebenden Verein auf und versuchen eine Lösung zu finden.
Was unterscheidet Sie von anderen Vereinen?
Reuter: Wir machen uns auf jeden Fall vorher Gedanken, ob wir einen Transfer realisieren können, bevor wir mit einem Spieler konkret werden.
Eine Personalrochade, die für viele Fragezeichen gesorgt hat, war die Leihe von Kevin Danso nach Southampton und der Kauf von Reece Oxford. Warum war das aus Ihrer Sicht sinnvoll?
Reuter: Kevin ist mit dem Wunsch auf uns zugekommen, den nächsten Schritt zu machen. Für ihn sei die Premiere League unheimlich reizvoll. Es war für uns auch eine wirtschaftliche Größenordnung, bei der der FCA auch nicht nein sagen konnte.
„Vor zwei, drei Wochen war noch nicht daran zu denken, dass wir Spieler wie Jedvaj, Uduokhai oder Lichtsteiner verpflichten können.“
Stefan Reuter über die späten Transfers in
der Defensivabteilung
Reuter: Auch diese Summe ist falsch, aber da verfahren wir wie immer. Wir werden keine Zahlen kommentieren und wir werden auch keine Zahlen veröffentlichen. Wir sind glücklich, dass wir so einen erfahrenen und stabilen Torhüter verpflichten konnten.
Stabil? Danach sah es in den ersten Spielen jetzt nicht gerade aus? Reuter: Ich glaube, dass er schon in den ersten Spielen unglaublich viele schwierige Bälle gehalten hat. Da gibt es sicher auch unterschiedliche Blickwinkel, wie man auf die Situation schauen kann. Auf mich macht er einen sehr stabilen, souveränen und ruhigen Eindruck. Klar würde es der Mannschaft guttun, wenn wir das eine oder andere Spiel zu Null gespielt hätten, aber es gewinnt und verliert eine ganze Mannschaft. Reuter: Wir haben uns grundsätzlich mit unterschiedlichen Torhütern beschäftigt. Tomas Koubek ist aber für uns die absolute Wunschlösung.
Noch ein Wort zu Caiuby. Was ist mit ihm?
Reuter: Caiuby ist nicht in Augsburg und es ist kein Verein auf uns zugekommen, der Caiuby verpflichten wollte. Von daher wird sein Vertrag nächsten Sommer auslaufen.
Gibt es ein Zurück zum FCA? Reuter: Nein, gibt es nicht.
Bezieht er noch weiter sein Gehalt? Reuter: Darüber sprechen wir nicht in der Öffentlichkeit.
Jetzt ist Länderspielpause. Kommt die gelegen, um die Mannschaft weiter zu festigen?
Reuter: Es ist sicher gut, dass wir verschiedene Dinge einstudieren können. Wir haben viele Spieler hier und so können wir Abläufe und Automatismen weiter forcieren und den einen oder anderen angeschlagenen Spieler weiter heranführen. Das können wir in den nächsten zwei Wochen angehen.
Dann kommt Eintracht Frankfurt … Reuter: Sie sind sehr gut in die Saison gestartet, obwohl auch sie sehr spät Transfers getätigt haben. Wenn wir jetzt vier Punkte hätten, würden wir auch ganz anders über die späten Transfers sprechen. Wir sind auf jeden Fall optimistisch, dass wir gut aufgestellt sind, um einer Mannschaft wie Frankfurt Paroli bieten können.
Spielt Martin Hinteregger? Gibt es da eine Klausel?
Reuter: Es gibt keine Klausel.
Der Transfer zur Eintracht war alles andere als einfach, es sind Dinge vorgefallen, die für große Schlagzeilen gesorgt haben …
Reuter: Wir haben eine Lösung gefunden, die für alle Seiten passt. Alles andere, was passiert ist, will ich nicht mehr kommentieren, das muss er für sich bewerten.
Interview Robert Götz