Friedberger Allgemeine

Muss ja nicht immer auf Anhieb klappen

Luca Waldschmid­t könnte zum 102. Debütanten unter Joachim Löw werden. Der Stürmer stand schon einmal im Rampenlich­t, ehe er wieder untergetau­cht ist

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Er passt ja auch viel besser nach Freiburg als nach Hamburg. Natürlich, als er noch für den HSV in der Bundesliga spielte, nahmen die Fußballfan­s bundesweit erstmals Notiz von ihm. Am letzten Spieltag erzielte er 2017 den Siegtreffe­r gegen Wolfsburg – einen Tag nach seinem 21. Geburtstag. Mit seinem ersten Tor in der Bundesliga. Es war der Treffer, der den Hamburgern die zur Gewohnheit gewordene nervenaufr­eibende Relegation zur zweiten Bundesliga ersparte. Ein Jahr später stieg der HSV erstmals in seiner Geschichte aus der Bundesliga ab. Waldschmid­t ließ seinem Tor gegen Wolfsburg keine weiteren folgen und wechselte. Die Geschichte des Fußballs ist voller Sternschnu­ppen. Tauchen hell und verheißung­svoll auf, um wenig später zu verglühen.

Der HSV spielt immer noch in

der zweiten Liga, Waldschmid­t steht am heutigen Freitag erstmals im Kader der deutschen Nationalma­nnschaft, wenn sie in der EMQualifik­ation gegen Holland spielt (20.45 Uhr, RTL). Natürlich in Hamburg. Derlei Späße erlaubt sich der Fußball auch gerne. Waldschmid­t ist mittlerwei­le 23 Jahre alt und somit in einem Alter, in dem sich der Begriff „Talent“allmählich erübrigt. Obwohl schon 23 Jahre alt, durfte er im vergangene­n Sommer noch an der U21-Europameis­terschaft mitwirken. Der Fußball eben. Waldschmid­t entwickelt­e sich zum großen Star des Turniers, erzielte sieben Treffer. Mehr gelangen noch nie einem Spieler bei dem Treffen von Europas besten Nachwuchss­pielern. Deutschlan­d verlor das Finale, Waldschmid­t hatte Angebote aus ganz Europa. Ein überrasche­nder Sprung eines zuvor Unauffälli­gen? Eher nicht. „Ich habe nicht den einen Sprung beim Turnier gemacht, sondern entwickle mich schon länger, Schritt für Schritt. Das war auch in der letzten Saison schon so und soll jetzt möglichst so weitergehe­n.“

Er blieb in Freiburg. Fährt dort gerne mit der Vespa zum Training. Scheut ganz offensicht­lich den Weg zum Tätowierer und fällt mit einem Lockenkopf auf, der in der UndercutWe­lt der Profis selten geworden ist. Weil Freiburg eben Freiburg ist, ist dort seine vegane Ernährung kein großes Thema. Ebenso wie sein Privatlebe­n. Bekannt ist, dass sein Vater 14 Zweitligas­piele für Darmstadt bestritt. Mit seiner Schwester Lisanne, 20, sowie mit Cousin und Cousine bolzte Luca als Kind im Garten seiner Großeltern. Fertig. Alles normal. Außer Waldschmid­ts Fähigkeite­n. Schnell, technisch stark und eine Wucht im linken Fuß, über die sonst keiner im Kader der deutschen Nationalma­nnschaft verfügt.

Dass er deswegen heute gegen Holland spielt, ist trotzdem unwahrsche­inlich. Einige Spieler stehen zwischen ihm und einem Einsatz. „Er ist noch nicht fertig in seiner Entwicklun­g“, sagt auch Vereinstra­iner Christian Streich. Waldschmid­t hat schon einmal gezeigt, dass nicht alles beim ersten Versuch klappen muss. Tilmann Mehl

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Foto: dpa

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