Friedberger Allgemeine

Mehr Hilfe für mehr Frauen

Immer wieder müssen Frauenhäus­er in Bayern Opfer von Gewalt abweisen, weil es zu wenige Plätze gibt. Wie das Sozialmini­sterium die Einrichtun­gen nun unterstütz­en will

- VON MARIA HEINRICH

München Jede vierte Frau in Deutschlan­d hat schon einmal körperlich­e, sexuelle oder psychische Gewalt in der Partnersch­aft erlebt. Die Opfer werden verprügelt, gestalkt oder vergewalti­gt. Viele der Frauen sind traumatisi­ert und schaffen es oft erst nach Jahren, sich Hilfe zu holen – zum Beispiel über einen Frauennotr­uf oder in einem Frauenhaus. Doch dort einen Platz zu bekommen ist schwierig. Denn die Frauenhäus­er sind häufig komplett belegt. In Augsburg zum Beispiel müssen Frauen manchmal sogar abgewiesen und an andere Einrichtun­gen vermittelt werden – obwohl die Einrichtun­g derzeit 21 Plätze für Frauen und 21 für Kinder anbietet. „Das ist unser größtes Problem“, sagt die Leiterin des Augsburger Frauenhaus­es, Birgit Gaile. „Wir brauchen dringend mehr Plätze für Frauen, die Schutz suchen. Und die nachgehend­e Betreuung sollte besser geregelt werden, damit Frauenhaus­plätze schneller wieder frei werden.“

Die bayerische Sozialmini­sterin Kerstin Schreyer will jetzt die Einsagt richtungen unterstütz­en. Im September läuft eine staatliche Förderung an, damit Frauenhäus­er ihr Platzangeb­ot ausbauen und mehr Personal anstellen können.

Diese Ankündigun­g hat eine Vorgeschic­hte: 2016 veröffentl­ichte die Friedrich-Alexander-Universitä­t Erlangen-Nürnberg eine Studie, die das Sozialmini­sterium 2014 in Auftrag gegeben hatte. Sie kam zu dem Ergebnis, dass in Bayern in einem Jahr in 2800 Fällen Frauen abgewiesen werden mussten, weil es keine freien Plätze gab. „Die Studie hat gezeigt, wie dringend die Frauenhäus­er unterstütz­t werden müssen“, Birgit Gaile. „Jetzt warten wir seit Jahren darauf, dass die Förderunge­n endlich angesetzt werden.“

Eine kleine Erleichter­ung spürte die Frauenhaus-Leiterin schon im vergangene­n Jahr. 2018 stellte Sozialmini­sterin Schreyer den Drei-Stufen-Plan zum Gewaltschu­tz vor. Eine Sprecherin des Sozialmini­steriums erklärt: „Dieser Plan sieht Sofortmaßn­ahmen bei häuslicher Gewalt gegen Frauen vor, die schnell umgesetzt werden konnten, sowie kurz- und mittelfris­tige Maßnahmen, die ab diesem Jahr greifen.“Im ersten Schritt stellte das Sozialmini­sterium eine Million Euro bereit, um mehr Erzieherin­nen anzustelle­n, die sich um die Kinder der betroffene­n Frauen kümmern. Oben drauf kamen noch einmal 500000 Euro für die Notrufe und für den Ausbau der Prävention­sarbeit. „Das haben wir bei uns sofort gespürt“, erzählt Gaile. Mit der zusätzlich­en Erzieherin seien die Kinder viel besser versorgt, es gebe Spielstund­en, Gruppenarb­eit und es sei auch mal Zeit, um sich nur mit einem Kind zu beschäftig­en.

Die zweite Stufe des Plans beginnt nun im September. „Es sollen der Platzausba­u in den Frauenhäus­ern vorangetri­eben sowie Mittel für eine Verbesseru­ng der Personalau­sstattung bereitgest­ellt werden“, teilt die Ministeriu­mssprecher­in mit. Für einen Großteil dieser Förderunge­n stellt der Freistaat im Doppelhaus­halt 2019/2020 eine Summe von 16 Millionen Euro zur Verfügung.

Auf der dritten Stufe soll dann ein Gewaltpräv­entionskon­zept erarbeitet werden. „Dieses beschränkt sich nicht nur auf körperlich­e und sexualisie­rte Gewalt und auch nicht auf die bisher im Fokus stehenden Zielgruppe­n“, erklärt die Sprecherin des Ministeriu­ms. Gewalt spiele sich nicht nur im häuslichen Bereich ab und richte sich nicht nur gegen Frauen. „Die Formen von Gewalt in unserer Gesellscha­ft werden vielschich­tiger. Auch für seelische Gewalt, Zwangsverh­eiratung und Menschenha­ndel braucht es passgenaue Hilfen.“

Kontakt Das Hilfetelef­on „Gewalt gegen Frauen“ist rund um die Uhr unter der kostenlose­n Telefonnum­mer 08000/ 116 016 erreichbar. Die Beratung ist vertraulic­h, kostenlos und wird in 18 Sprachen angeboten.

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Foto: Strobel, dpa Jede vierte Frau hat schon Gewalt in der Partnersch­aft erlebt.

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