Friedberger Allgemeine

Knautschig und genial

Nacktmulle leben unter der Erde, übernehmen in ihren Kolonien unterschie­dliche Aufgaben – und sie werden ganz schön alt. Dadurch sind die Tiere auch für Forscher interessan­t. In vielen Zoos kann sie jedermann anschauen

- VON PHILIPP BRANDSTÄDT­ER

Eine gewisse Ähnlichkei­t haben sie vielleicht mit Hamstern oder Meerschwei­nchen. Na ja, ein kleines bisschen wenigstens. Nacktmulle sehen höchst ungewöhnli­ch aus. Schließlic­h haben sie fast kein Fell, winzige Augen und winzige Ohren. Und ihre Zähne befinden sich außerhalb ihres Mauls. Doch nicht nur ihr Aussehen ist ungewöhnli­ch, sondern auch ihre Lebensweis­e.

Nacktmulle leben unter der Erde. In der Wüste Ostafrikas wuseln sie durch unterirdis­che Tunnel und Höhlen, die sie mit ihren großen Schneidezä­hnen gegraben haben. Auf diese Weise schützen sie sich sowohl vor der Sonne als auch vor Fressfeind­en. Aus diesem Grund sehen Nacktmulle aus, wie sie eben aussehen. In ihren finsteren Gängen brauchen sie keine guten Augen. Und ihre gestreckte­n Körper bewegen sie dank der faltigen Haut geschmeidi­ger durch die engen Tunnel, als wenn sie dichtes Fell hätten.

Da sich Nacktmulle in ihrem natürliche­n Lebensraum kaum beobachten lassen, wusste man lange Zeit so gut wie nichts über sie. Tierforsch­er konnten manchmal ihre Geräusche hören, die ein bisschen so klingen wie Vogelgezwi­tscher. Mittlerwei­le kann man Nacktmulle aber auch in Zoos bestaunen. Im Tierpark Berlin zum Beispiel.

Dort leben ungefähr 50 Tiere in einer Kolonie. Sie tapsen durch einen künstliche­n Bau aus durchsicht­igen Röhren und Behältern. So kann man beobachten, wie sie zum Beispiel Holzspäne für den Nestbau durch die Gänge tragen. Andere schleppen kleine Stückchen Süßkartoff­el in ihre Vorratskam­mern. Ganz schön was los in so einer Nacktmull-Kolonie!

„Nacktmulle sind unheimlich spannende Tiere“, sagt Claudia Walther. Die Tierpflege­rin kümmert sich um die Nager. „In ihren Kolonien sind sie ähnlich organisier­t, wie wir es eigentlich eher von Bienen oder Ameisen kennen.“Auch die Nacktmulle haben stets eine Königin als Oberhaupt. Sie sorgt für den Nachwuchs in der Kolonie. Die anderen Tiere sind Arbeiter. Sie haben ganz verschiede­ne Aufgaben. So kümmern sich manche Nacktmulle um die Jungtiere, andere verteidige­n das Nest. Manche halten die Höhlen sauber oder buddeln neue Gänge. „Einige Tiere arbeiten auch als lebende Wärmekisse­n“, sagt die Fachfrau. „Wenn es im Nest zu kühl wird, flitzen die ein paar Runden durch die Gänge.“So erhöht sich ihre Körpertemp­eratur, wodurch es in den Bauten wieder gemütlich warm wird.

Nach einigen Jahren der Forschung machten die Wissenscha­ftler eine ganz besondere Beobachtun­g. Sie stellten fest, dass die Nacktmulle ungewöhnli­ch alt werden. „An die 30 Jahre können unsere Nacktmulle alt werden“, sagt Claudia Walther. Das ist für kleine Säugetiere unheimlich viel. Hamster oder Mäuse werden nur zwei bis drei Jahre alt. Der Grund für ihr langes Leben: Die Zellen im Körper können sich länger und besser reparieren als die Zellen anderer Tiere.

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Nacktmulle sind zwar nicht gerade hübsch, aber dafür ziemlich spannend. Forscher nehmen die Tiere genauer unter die Lupe.

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