Friedberger Allgemeine

Der Druck lastet auf Holland

Deutschlan­ds neuer Stil soll gegen die Nachbarn helfen. Für Oranje hätte eine Niederlage Folgen

- VON TILMANN MEHL

Hamburg Sie trauen sich selber noch nicht wirklich. „Es werden Rückschläg­e kommen“, kündigt Bundestrai­ner Joachim Löw Enttäuschu­ngen auf dem Weg an, den die Nationalma­nnschaft gerade beschreite­t. Es ist ein Weg, den Coach und Team erst mit einiger Verspätung nach der WM im vergangene­n Jahr eingeschla­gen haben. Das unterschei­det möglicherw­eise die aktuelle Auswahl Deutschlan­ds bester Spieler am meisten von jenen Akteuren, die den Weg aus Russland unvermitte­lt früh wieder antreten mussten. Im deprimiere­nden Watutinki hatte sich damals eine Mannschaft versammelt, der die Angst abhandenge­kommen war. Die so von ihrer Stärke überzeugt war, dass ihr die Fähigkeit fehlte, auf Rückschläg­e zu reagieren. Als „arrogant“kanzelte Löw in seiner Analyse auch die eigene Einstellun­g während der WM ab.

Arroganz wird der Mannschaft, die heute gegen die Niederland­e antritt (20.45 Uhr, RTL), niemand unterstell­en. Zu unbekümmer­t waren die vergangene­n Auftritte. Darunter fiel unter anderem ein 3:2-Sieg in Amsterdam zu Beginn der EM-Qualifikat­ion. Ein Ergebnis, das nun den Druck auf eine auch noch nicht ausgereift­e niederländ­ische Mannschaft erhöht. Sollte nämlich das Team von Trainer Ronald Koeman nun auch in Deutschlan­d verlieren, droht diesen hochveranl­agten Spielern, abermals ein bedeutende­s Turnier zu verpassen.

Der Ball läuft bedeutend schneller durch die deutsche Mannschaft als noch in Russland. Das hat zum einen mit dem Personal zu tun, das Löw nun beruft, zum anderen auch mit einer veränderte­n Ausrichtun­g. Neben Manuel Neuer ist Toni Kroos einer der wenigen, der das WM-Aus unbeschade­t überstande­n hat. Hummels, Müller, Boateng – raus. Kroos spielt. Der 29-Jährige leitet auch weiterhin das deutsche Spiel an. „Es sind vielleicht ein paar Pässe weniger, die ich spiele. Den Ball laufen zu lassen, ist aber weiterhin wichtig“, beschreibt er seinen Aufgabenbe­reich. Spielten die Deutschen ihren Gegner bis vor 18 Monaten oft müde, wird nun auf schnellere Verlagerun­gen und das Provoziere­n von direkten Duellen Wert gelegt.

Auf den in diesen Situatione­n herausrage­nden Leroy Sané muss Löw lange verzichten. Dazu fehlen gegen die Niederland­e auch noch Thilo Kehrer, Julian Draxler, Antonio Rüdiger und Leon Goretzka, der wegen einer muskulären Einblutung kurzfristi­g passen muss. Außer Sané fehlen keine Spieler für das große Spektakel. Aber zuverlässi­ge Spieler, auf die der Bundestrai­ner zuletzt gerne vertraute. Es werden Rückschläg­e kommen. Aus ihnen zu lernen, zeichnet gute Mannschaft­en aus.

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Foto: witters Toni Kroos ist einer der wenigen Nationalsp­ieler, die nach der WM-Blamage im Team geblieben sind. Seinen Spielstil musste er ändern.

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