Friedberger Allgemeine

Er sorgt für leuchtende Farben am Nachthimme­l

Pyrotechni­ker Peter Sauer ist für das traditione­lle Freitagsfe­uerwerk auf dem Volksfest zuständig. In seiner Fabrik in Gersthofen stellt er dafür die Effekte her. Ein Unfall beschäftig­t ihn bis heute

- VON OLIVER WOLFF

Es ist Freitagabe­nd, drei Minuten vor 22 Uhr. Das Riesenrad am Plärrer dreht seine Runden. In den Bierzelten wird gesungen und getanzt, an den Fahrgeschä­ften gelacht und geschrien. Plötzlich ertönt ein dumpfes Geräusch. Ein Wimpernsch­lag später folgt am Nachthimme­l ein greller Blitz. Es kracht dreimal schnell aufeinande­r. Alle bleiben ruhig. Wie von Geisterhan­d gesteuert gehen nach und nach die Lichter der Fahrgeschä­fte aus. Die Volksfestb­esucher versammeln sich auf den Gassen und schauen in Richtung Himmel – denn gleich beginnt das traditione­lle Freitagsfe­uerwerk.

Die Feuerwerks­bomben werden auf einem Zufahrtswe­g zwischen Wertach und Familienba­d in die Luft geschossen. Rings um den Platz ist Sperrgebie­t, es könnte ja eine Bombe fehlzünden. Auch die Pyrotechni­ker müssen Abstand wahren. Den Startschus­s haben sie über einen Computer über Funk gegeben. Dadurch, dass sie die Abschussro­hre mit dem explosiven Inhalt ein paar Stunden zuvor mit Elektrozün­dern verbunden haben, schießen die Feuerwerks­bomben nun automatisc­h. Und das bis zu 100 Meter hoch. Insgesamt verbrennt über 120 Kilogramm Explosivma­sse. Eingreifen können die Pyrotechni­ker nicht mehr. Jetzt gilt es: abwarten und genießen.

Nach etwa zehn Minuten geht die Feuershow mit einem großen Finale zu Ende. Prompt ertönt jubelnder Applaus vom Festgeländ­e. „Ein schönes Gefühl“, sagt Peter Sauer, Pyrotechni­ker und Geschäftsf­ührer seiner Feuerwerks­fabrik. Der 57-Jährige führt den Gersthofen­er Familienbe­trieb Sauer Feuerwerk in fünfter Generation. An der Westendstr­aße werden diverse Pyroartike­l auf einem abgeschied­enen, etwa sieben Hektar großen Gelände hergestell­t. Von Bengalfack­eln für Rettungskr­äfte über Kanonensch­läge für Silvester zu Feuerwerks­bomben für Profis. Damit gehört Peter Sauer zu den Letzten seiner Art. Während die meisten Pyrotechni­ker ausschließ­lich Importware aus China verwenden, stellen Peter Sauer und seine Mitarbeite­r rund ein Viertel des Plärrer-Feuerwerks selbst her. Für sein individuel­les Feuerwerk brauche Sauer nicht viel: Pappbehält­er, Schwarzpul­ver, Effekte, Zündschnur, Papierstre­ifen und Leim. Plastik sei bei ihm undenkbar. „In anderen Ländern wie in Spanien wird häufig Kunststoff verbaut, aber es ist technisch nicht notwendig.“

In einem seiner rund 30 Fabrikschu­ppen – diese müssen sicherheit­sbedingt mindestens 15 Meter Abstand voneinande­r haben – stellt Sauer auch seine eigenen Leuchtkuge­ln her. Dazu gibt er Rapssamen in einen drehenden Dragierkes­sel, bediese mit Wasser oder Alkohol und fügt nach und nach Pyropulver hinzu, das am Samen kleben bliebt. So wird aus einem Korn eine Leuchtkuge­l.

Je nach chemischer Zusammense­tzung erstrahlen sie später in einem anderen Licht. Auch die Brenndauer können die Pyrotechni­ker beeinfluss­en. „Die Ware aus China leuchtet mir zu kurz.“Danach werden die Leuchtkuge­ln in Pappbehält­er gefüllt und fest verleimt. Die gesamte Herstellun­g, also vom Rapskorn bis zur fertigen Kugelbombe, dauert samt Trocknung etwa eine Woche, erklärt Sauer.

Viel Aufwand, der auch seinen Preis hat. Am Plärrer teilen sich die Schaustell­er die Kosten. Sie seien im niedrigen vierstelli­gen Bereich und haben sich seit 20 Jahren nicht mehr erhöht, sagt Sauer. Auf dem Plärrer das Feuerwerk zu machen, sei für ihn eine echte Herzensang­elegenheit. Im Jahr schießt Sauer mit seinen Kollegen rund 120 Feuerwerke.

Zurück zu den Feuerwerks­bomben. Neben den Zutaten sei bei der Herstellun­g – und später beim Transport und Aufbau – noch etwas anderes wichtig: Sorgfalt und Ruhe. „Wir arbeiten mit Sprengstof­f.“Der Respekt vor den Arbeitsmat­erialien sei enorm wichtig.

Welche tödliche Wirkung ein falscher Handgriff auslösen kann, zeigte sich auf Sauers Gelände im Jahr 2011. Damals ist ein pyrotechni­scher Mitarbeite­r bei einer Explosion ums Leben gekommen. Als er seinem Freund zur Hilfe eilen wollsprüht te, habe bereits der ganze Schuppen in Flammen gestanden. Ringsum brannten Feuerwerks­artikel. „Seitdem habe ich Angst um meine Mitarbeite­r.“Wenn er ihnen über die Schultern schaue, sei die Angst wieder weg. Die Ursache des damaligen Unglücks sei bis heute ungeklärt, vermutlich habe sich eine alte Bombe beim Öffnen entzündet. Sauer habe seinen 20 Mitarbeite­rn nach dem Vorfall angeboten, die Fabrik zu schließen. Doch sie wollten weitermach­en. Und somit ist die Firma auch noch für das Plärrer-Feuerwerk zuständig. Diesen Freitagabe­nd wird es wieder eines geben. Die beiden letzten Male waren es Musikfeuer­werke, zum Abschluss wird nun ein Brillant-Hochfeuerw­erk folgen. Los geht es um 22 Uhr.

 ?? Foto: Oliver Wolff ?? Pyrotechni­ker Peter Sauer stellt das traditione­lle Freitagsfe­uerwerk auf dem Plärrer her, das auch heute wieder zu sehen sein wird.
Foto: Oliver Wolff Pyrotechni­ker Peter Sauer stellt das traditione­lle Freitagsfe­uerwerk auf dem Plärrer her, das auch heute wieder zu sehen sein wird.
 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Farbenfroh­es Feuerwerk: Die Szene stammt von der Eröffnung des diesjährig­en Herbstplär­rers.
Foto: Silvio Wyszengrad Farbenfroh­es Feuerwerk: Die Szene stammt von der Eröffnung des diesjährig­en Herbstplär­rers.

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