Er sorgt für leuchtende Farben am Nachthimmel
Pyrotechniker Peter Sauer ist für das traditionelle Freitagsfeuerwerk auf dem Volksfest zuständig. In seiner Fabrik in Gersthofen stellt er dafür die Effekte her. Ein Unfall beschäftigt ihn bis heute
Es ist Freitagabend, drei Minuten vor 22 Uhr. Das Riesenrad am Plärrer dreht seine Runden. In den Bierzelten wird gesungen und getanzt, an den Fahrgeschäften gelacht und geschrien. Plötzlich ertönt ein dumpfes Geräusch. Ein Wimpernschlag später folgt am Nachthimmel ein greller Blitz. Es kracht dreimal schnell aufeinander. Alle bleiben ruhig. Wie von Geisterhand gesteuert gehen nach und nach die Lichter der Fahrgeschäfte aus. Die Volksfestbesucher versammeln sich auf den Gassen und schauen in Richtung Himmel – denn gleich beginnt das traditionelle Freitagsfeuerwerk.
Die Feuerwerksbomben werden auf einem Zufahrtsweg zwischen Wertach und Familienbad in die Luft geschossen. Rings um den Platz ist Sperrgebiet, es könnte ja eine Bombe fehlzünden. Auch die Pyrotechniker müssen Abstand wahren. Den Startschuss haben sie über einen Computer über Funk gegeben. Dadurch, dass sie die Abschussrohre mit dem explosiven Inhalt ein paar Stunden zuvor mit Elektrozündern verbunden haben, schießen die Feuerwerksbomben nun automatisch. Und das bis zu 100 Meter hoch. Insgesamt verbrennt über 120 Kilogramm Explosivmasse. Eingreifen können die Pyrotechniker nicht mehr. Jetzt gilt es: abwarten und genießen.
Nach etwa zehn Minuten geht die Feuershow mit einem großen Finale zu Ende. Prompt ertönt jubelnder Applaus vom Festgelände. „Ein schönes Gefühl“, sagt Peter Sauer, Pyrotechniker und Geschäftsführer seiner Feuerwerksfabrik. Der 57-Jährige führt den Gersthofener Familienbetrieb Sauer Feuerwerk in fünfter Generation. An der Westendstraße werden diverse Pyroartikel auf einem abgeschiedenen, etwa sieben Hektar großen Gelände hergestellt. Von Bengalfackeln für Rettungskräfte über Kanonenschläge für Silvester zu Feuerwerksbomben für Profis. Damit gehört Peter Sauer zu den Letzten seiner Art. Während die meisten Pyrotechniker ausschließlich Importware aus China verwenden, stellen Peter Sauer und seine Mitarbeiter rund ein Viertel des Plärrer-Feuerwerks selbst her. Für sein individuelles Feuerwerk brauche Sauer nicht viel: Pappbehälter, Schwarzpulver, Effekte, Zündschnur, Papierstreifen und Leim. Plastik sei bei ihm undenkbar. „In anderen Ländern wie in Spanien wird häufig Kunststoff verbaut, aber es ist technisch nicht notwendig.“
In einem seiner rund 30 Fabrikschuppen – diese müssen sicherheitsbedingt mindestens 15 Meter Abstand voneinander haben – stellt Sauer auch seine eigenen Leuchtkugeln her. Dazu gibt er Rapssamen in einen drehenden Dragierkessel, bediese mit Wasser oder Alkohol und fügt nach und nach Pyropulver hinzu, das am Samen kleben bliebt. So wird aus einem Korn eine Leuchtkugel.
Je nach chemischer Zusammensetzung erstrahlen sie später in einem anderen Licht. Auch die Brenndauer können die Pyrotechniker beeinflussen. „Die Ware aus China leuchtet mir zu kurz.“Danach werden die Leuchtkugeln in Pappbehälter gefüllt und fest verleimt. Die gesamte Herstellung, also vom Rapskorn bis zur fertigen Kugelbombe, dauert samt Trocknung etwa eine Woche, erklärt Sauer.
Viel Aufwand, der auch seinen Preis hat. Am Plärrer teilen sich die Schausteller die Kosten. Sie seien im niedrigen vierstelligen Bereich und haben sich seit 20 Jahren nicht mehr erhöht, sagt Sauer. Auf dem Plärrer das Feuerwerk zu machen, sei für ihn eine echte Herzensangelegenheit. Im Jahr schießt Sauer mit seinen Kollegen rund 120 Feuerwerke.
Zurück zu den Feuerwerksbomben. Neben den Zutaten sei bei der Herstellung – und später beim Transport und Aufbau – noch etwas anderes wichtig: Sorgfalt und Ruhe. „Wir arbeiten mit Sprengstoff.“Der Respekt vor den Arbeitsmaterialien sei enorm wichtig.
Welche tödliche Wirkung ein falscher Handgriff auslösen kann, zeigte sich auf Sauers Gelände im Jahr 2011. Damals ist ein pyrotechnischer Mitarbeiter bei einer Explosion ums Leben gekommen. Als er seinem Freund zur Hilfe eilen wollsprüht te, habe bereits der ganze Schuppen in Flammen gestanden. Ringsum brannten Feuerwerksartikel. „Seitdem habe ich Angst um meine Mitarbeiter.“Wenn er ihnen über die Schultern schaue, sei die Angst wieder weg. Die Ursache des damaligen Unglücks sei bis heute ungeklärt, vermutlich habe sich eine alte Bombe beim Öffnen entzündet. Sauer habe seinen 20 Mitarbeitern nach dem Vorfall angeboten, die Fabrik zu schließen. Doch sie wollten weitermachen. Und somit ist die Firma auch noch für das Plärrer-Feuerwerk zuständig. Diesen Freitagabend wird es wieder eines geben. Die beiden letzten Male waren es Musikfeuerwerke, zum Abschluss wird nun ein Brillant-Hochfeuerwerk folgen. Los geht es um 22 Uhr.