Was Amtstierärzte auf der Americana machen
Zwei Medizinerinnen sind beim Messeturnier für die Tierschutzkontrollen zuständig. Sie berichten, in welchen Fällen sie einschreiten würden – und welche Probleme die internationale Ausrichtung mit sich bringt
Beim Rundgang durch die Stallungen der Americana stutzt Astrid Krischak kurz bei den Rindern. Sie stellt sich auf die Zehenspitzen und späht über die blickdichten Gatter. Dort steht eine kleine Herde und kaut recht zufrieden an seinem Stroh. Dennoch sieht Astrid Krischak Handlungsbedarf. Der Paddock ist nicht überdacht, bei zu starker Sonne oder Regen sind die Tiere ohne Schutz der Witterung ausgesetzt. Nach kurzer Rücksprache mit dem Aufsichtspersonal erfährt die Tierärztin, dass die Rinder dort nur kurz „zwischengeparkt“sind und gleich in eine passende Stallung umgesiedelt werden.
Kontrollaufgaben wie diese haben die Amtstierärztinnen Astrid Krischak und Felicitas Allmann während Europas größtem Messeturnier im Westernreiten täglich zu erledigen. Generell erhält jede Veranstaltung mit Tieren vom Veterinäramt Augsburg bestimmte Auflagen im Hinblick auf Tierschutz und Tierseuchenrecht. Dazu gehören Vorgaben zur Aufstallung, Fütterung, zum Gesundheitszustand und den Einsätzen im Wettkampf. Kommen Tiere aus dem Ausland, ist der behördliche Aufwand besonders groß, denn keines darf ohne Gesundheitszeugnis einreisen.
So wurde jedes der mehr als 600 Pferde, die aus ganz Europa antransportiert wurden, vor dem Einlass zur Americana streng überprüft. „Hier kommt kein Pferd ohne die entsprechenden Unterlagen wie Equiden-Pass und Gesundheitszeugnis rein“, sagt Felicitas Allmann, die seit 2008 regelmäßig auf der Americana im Einsatz ist. „Wir haben auch schon Pferde zurückgeschickt. Das ist für die Reiter und Pferdebesitzer dann sehr bitter und sorgt für große Diskussionen, aber wir müssen den Bestand hier schützen.“
Hilfreich sei dabei die gute Zusammenarbeit mit dem Veranstalter, der Messe Augsburg, der Anregungen und Vorgaben der Amtstierärzte zügig umsetzen würde. „So hat der Veranstalter an allen Abreiteplätzen freiwillig Stewards eingeführt, die auch eingreifen, wenn sie Tierschutzwidriges bemerken. Das begrüßen wir natürlich sehr“, sagt Astrid Krischak.
Denn auf der Americana wird rund um die Uhr geritten. Die Reitflächen sind nicht allzu groß und die 600 Pferde müssen auch während der Messetage regelmäßig bewegt werden. Deshalb nutzen die Reiter mitunter sogar die Nachtstunden. „Aber auch wir Tierärzte bleiben manchmal länger und schauen noch zu“, sagt Felicitas Allmann, „wir kommen immer unangekündigt und durchaus auch Abends und am Wochenende.“Nachdrücklich eingreifen würden die Amtstierärztinnen bei falscher oder verbotener Ausdie das Pferd verletzt, bei übertriebenem Training oder beim sogenannten „Fencing“, dem Reiten gegen die Wand, damit die Westernpferde schneller stoppen. „Das wäre tierschutzwidrig“, sagt Allmann, „aber das haben wir hier noch nie gesehen.“
Dennoch sei es manchmal schwer, exakt nach den Gesetzesvorgaben zu entscheiden, wenn in verschiedenen Ländern verschiedene Maßstäbe beim Tierschutz angelegt werden. Beispielsweise beim „Clipping“, dem Abrasieren der Tasthaare am Pferdemaul oder an den Ohren aus ästhetischen Gründen. „In Deutschland ist das verboetwas ten, in anderen Nationen wird das teilweise sogar bei Turnieren verlangt“, schildert Astrid Krischak die Problematik, „wir haben jetzt entschieden, dass die Haare mindestens einen Zentimeter nachgewachsen sein müssen, damit das Pferd hier antreten darf.“
Die Stallungen auf der Americana sind für Zuschauer schon seit langem nicht mehr zugänglich, denn auch Ruhe gehört zum Tierschutz. So müssen die Boxen bei diesem Messeturnier, zu dem bis zu 50000 Besucher erwartet werden, akustisch und räumlich abgetrennt sein von den Besucherströmen und den Aktionsflächen. „Zuschauer komrüstung, men legal nicht an die Tiere“, so Krischak. Denn zusätzlich zur Ruhe ist auch die Gesunderhaltung der sensiblen Tiere während der Messetage ein wichtiger Punkt.
Als praktischer Turniertierarzt ist Ingo Oeppert Ansprechpartner bei akuten Verletzungen oder Erkrankungen der Pferde. Das können auch die Amtstierärztinnen mit ihren Kontrollen im Vorfeld nicht immer verhindern. „Natürlich kann jederzeit etwas passieren. Aber glücklicherweise hatten wir bisher noch nie ein Problem mit dem Auftreten von Tierseuchen“, sagt Astrid Krischak. Wachsamkeit ist dennoch angesagt. Anämie, Influenza und Herpes sind Krankheiten, die für Pferde schwere Folgen haben und im schlimmsten Fall auch zum Tod führen können.
Die Stadt Augsburg und die Region gehören derzeit auch zum Sperrgebiet der Blauzungenkrankheit bei
Die Stallungen sind für Zuschauer nicht zugänglich
Rindern, seit in Baden-Württemberg ein Fall dieser Krankheit aufgetreten ist. „Der Radius für das Sperrgebiet ist 150 Kilometer groß, deshalb fallen wir dort hinein“, sagt Felicitas Allmann. So musste der Viehhändler, der 650 Jungrinder aus Mecklenburg-Vorpommern nach Augsburg gebracht hat, jedes Einzelne vor Ort anmelden und registrieren lassen. Die rund fünf Monate alten Tiere kommen von den weiten Graskoppeln in Ostdeutschland und sind das Laufen gewohnt. „Die sind ein bisschen wendiger und eignen sich gut für den Sport“, sagt Astrid Krischak.
Trotzdem darf beim Cutting (dem Trennen eines Rinds aus einer Herde) jedes Tier während der ganzen Messewoche nur ein einziges Mal in die Arena getrieben werden. Das wünschen sich die Westernreiter so. Denn die Rinder sind so schlau, dass sie sich beim wiederholten Mal von Cowboy und Pferd meist nicht mehr zur Mitarbeit bewegen lassen. „Das kommt uns natürlich auch aus Tierschutzgründen sehr entgegen“, sagt Tierärztin Krischak schmunzelnd.