Was passiert mit dem Spanner von der Polizei?
Im Freibad Bobingen filmte ein inzwischen 28-Jähriger mehr als 100 nackte Frauen in der Umkleidekabine. Vor dem Augsburger Amtsgericht wurde er verurteilt. Seit zwei Jahren ist er suspendiert und bezieht volles Gehalt
Im Freibad Bobingen hat ein inzwischen 28-jähriger Polizist mehr als 100 nackte Frauen in der Umkleidekabine heimlich gefilmt. Vor dem Augsburger Amtsgericht wurde er deswegen verurteilt. Seit zwei Jahren ist er suspendiert und bezieht volles Gehalt.
Bobingen Hohe Wellen haben die Vorfälle im Bobinger Freibad Aquamarin geschlagen, die im vergangenen Jahr öffentlich wurden. Ein Polizeibeamter aus dem Landkreis Augsburg filmte in den Sommermonaten von 2015 bis einschließlich 2017 rund 130 Frauen, die sich in den dortigen Umkleidekabinen umzogen. Er selbst oder seine Freunde versteckten sich in der Nebenkabine und fertigten die Aufnahmen mit seinem Handy durch winzige Bohrlöcher auf Höhe des Brust- und Genitalbereichs. Auf den Videos waren an den mehr als 30 Tagen rund 130 nackte Frauen zu sehen. Wegen der „Verletzung des höchst persönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen“– so wird die Tat rechtlich beurteilt – verurteilte das Amtsgericht Augsburg den Polizisten im Juli 2018 zu einer sechsmonatigen Bewährungsstrafe. Außerdem musste er 5000 Euro an den SKM Augsburg zahlen. Doch mit diesem Urteil ist der Fall noch lange nicht abgeschlossen.
Neben den strafrechtlichen Konsequenzen drohen dem 28-Jährigen auch berufliche. Seit dem 29. Juli 2017 sei der Polizist durchgehend suspendiert, teilt Holger Stabik von der Pressestelle des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West mit. Nur wenige Wochen zuvor, im Juni 2017, wurde der Mann nach Informationen unserer Zeitung zum Polizeiobermeister befördert. Stabik erklärt, dass zu diesem Zeitpunkt nachgewiesenermaßen noch niemand von den Filmaufnahmen gewusst habe. Aus diesem Grund sei damals auch noch kein Disziplinarverfahren gegen den Beamten eingeleitet worden. Eine weitere Beförderung erfolgte seitdem selbstverständlich nicht mehr.
Das Disziplinarverfahren hat zwar inzwischen begonnen, abgeschlossen ist es aber noch nicht. Deshalb wurden auch „noch keine disziplinarrechtlichen Maßnahmen gegen den Beamten verhängt“, sagt Stabik. Die Bandbreite ergibt sich aus dem Bayerischen Disziplinargesetz. Demnach drohen dem Polizisten ein Verweis, eine Geldbuße, die Kürzung der Dienstbezüge, eine Degradierung oder gar – als härteste Maßnahme – die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.
Eine Konsequenz droht dem Polizisten allerdings nicht: „Eine Rechtsgrundlage für eine Rückforderung von bereits gewährten Dienstbezügen ist im Disziplinarrecht nicht vorhanden“, erläutert Johanna Graf von der Pressestelle des Polizeipräsidiums. „Dienstbezüge eines Beamten werden grundsätzlich auch während eines Disziplinarverfahrens fortgewährt. Dies gilt auch für die Dauer einer Suspendierung“, sagt Graf. Das bedeutet, dass der Polizistenspanner nach Informationen unserer Zeitung rund 2200 Euro netto monatlich erhält – und das seit seiner Suspendierung im Juli 2017. Das macht bis zum jetzigen Zeitpunkt etwa 55000 Euro.
Bis eine disziplinarische Entscheidung fällt, können wegen der vorgeschriebenen Verfahrensschritte mitunter Monate oder auch Jahre vergehen. So wird das Disziplinarverfahren so lange ausgesetzt, bis das Strafverfahren beendet ist. Dadurch könne das strafrechtliche Ergebnis in das Disziplinarverfahren einbezogen werden, erklärt Graf. Nach der Einleitung eines Disziplinarverfahrens erhält der betroffene Beamte die Möglichkeit, sich zu dem ihm zur Last gelegten Dienstvergehen zu äußern. Nach Abschluss der Ermittlungen erhält der Beamte erneut die Möglichkeit, sich zu dem Ermittlungsergebnis und der beabsichtigten Maßnahme zu äußern. Soll eine Zurückstufung oder gar eine Entfernung aus dem Dienst erreicht werden, muss die Disziplinarbehörde – in diesem Fall das Polizeipräsidium München – Disziplinarklage beim Verwaltungsgericht München erheben. Darüber wird dann im Rahmen eines Gerichtsverfahrens vor dem Verwaltungsgericht München entschieden.
In welchem Stadium sich das Verfahren des 28-jährigen Polizisten befindet, kann Polizeisprecher Stabik nicht sagen. Nur so viel: Die Angelegenheit könne sich seiner Meinung nach noch einige Zeit hinziehen. Dass dies bei der Bevölkerung auf wenig Verständnis stoße, sei ihm bewusst. Aber sowohl bei den Disziplinarmaßnahmen als auch bei dem Verfahren habe man sich natürlich weiterhin an die Gesetze und Vorschriften zu handeln.