Friedberger Allgemeine

Freispruch für vier Augsburger NPD-Mitglieder

Schwarze Kassen und der Hitlergruß? Vor Gericht fallen Vorwürfe gegen Rechtsextr­eme in sich zusammen

- VON MICHAEL SIEGEL

Vier mal Freispruch: So lautet das Urteil gegen vier angeklagte Mitglieder des Augsburger Kreisverba­ndes der rechtsextr­emen Nationalde­mokratisch­en Partei Deutschlan­ds (NPD). Wegen eines Vorfalls vom März 2017 waren Mitglieder der Kleinparte­i vor Gericht erschienen, darunter der damalige Kreisvorsi­tzende und der Kassierer des Kreisverba­ndes. Zwei Delikte lagen ihnen zur Last. Zum Ersten sollen sie bei einem Stammtisch den Hitlergruß gezeigt haben. Zudem sollen bei diesem Stammtisch Formulare zum Abrechnen von tatsächlic­hen und erfundenen (Wahlkampf-)Reisen verteilt worden sein.

Laut Anklage sei durch diese Reisekoste­nabrechnun­gen Geld aus dem Vermögen des NPD-Kreisverba­ndes in schwarze Kassen transferie­rt worden, um dieses dem Zugriff des Staates zu entziehen. Staatsanwa­lt Benjamin Junghans listete 21 Abrechnung­en mit einem Gesamtvolu­men von 2600 Euro auf.

Der Schatzmeis­ter sagte, es habe die Reisekoste­nabrechnun­gen gegeben. Er habe die Ausgaben entspreche­nd im Kassenbuch eingetrage­n. Zugleich sei der jeweilige Betrag als Spende an die Partei verbucht worden. Dieses Verfahren sei mit dem Vorsitzend­en so vereinbart gewesen. Das entspreche­nde Geld habe er, zusammen mit anderen Mitteln des Verbandes, in bar bei sich zu Hause verwahrt. Neben dieser Barkasse besitze der Ortsverban­d auch ein Bankkonto, über das allein er, der Kassierer, verfüge. Von einer Schwarzkas­se sei aber nicht zu sprechen. Darüber wüssten alle Mitglieder Bescheid. Anhand seines Kassenbuch­s zeigte er Richterin Melanie Koch seine Buchführun­g. Spendenqui­ttungen seien an die Abrechner der Reisekoste­n nicht ausgereich­t worden, sie seien auch nie verlangt worden.

Der frühere Kreisvorsi­tzende räumte ein, dass man im Verband besprochen habe, wie man möglicherw­eise Gelder des NPD-Kreisverba­ndes bei einem Verbot der Partei für eine Nachfolgeo­rganisatio­n „hinüberret­ten“könne. Letztendli­ch sei es aber nicht so weit gekommen. Bekanntlic­h wurde die rechtsextr­eme NPD nicht verboten.

Zweiter Vorwurf: Bei dem Stammtisch sei der Hitlergruß gezeigt worden. Ein Vorwurf, den alle Angeklagte­n von sich wiesen. Schließlic­h sagte auch jener Zeuge, wegen dem die Angelegenh­eit ins Rollen gekommen war, dass es bei dem Stammtisch keinen Hitlergruß gegeben habe. Dieser 38-jährige Mann war zum Tatzeitpun­kt Parteimitg­lied, er hatte den Kreisvorsi­tz übernehmen wollen, sei aber auf einer Versammlun­g in seinem Wohnhaus doch nicht gewählt worden.

Nach der Beweisaufn­ahme stellte sich der Sachverhal­t für Staatsanwa­lt Junghans neu dar. Mag es auch „Schönrechn­ungen“und Vorbereitu­ngen für eine schwarze Kasse gegeben haben, so sei doch kein Tatnachwei­s der Untreue geführt. Also seien die Angeklagte­n in diesem Punkt ebenso freizuspre­chen wie im Fall des Hitlergruß­es: Auch hier gebe es keinen klaren Tatnachwei­s. Rechtsanwa­lt Marc Schneider sah sich in seiner Einschätzu­ng bestätigt: Keine Vermögensv­erschiebun­g, kein Vermögenss­chaden, also hätte es gar keine Anklage geben dürfen. Er forderte für seinen Mandanten ebenso Freispruch wie die Anwälte Werner Ruisinger und Felix Dimpfl für ihre Mandanten. Auch der vierte, nicht anwaltlich vertretene Angeklagte, wurde schließlic­h freigespro­chen.

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