Boeing stürzt die Luftfahrtbranche in die Krise
Vor sechs Monaten wurde Boeings Verkaufsschlager 737 Max wegen zwei Abstürzen weltweit mit Flugverboten belegt. Die Ermittlungen ziehen sich hin. Darf die Maschine überhaupt wieder fliegen?
Seattle Zwei Abstürze des bestverkauften Flugzeugmodells 737 Max haben den Luftfahrt-Giganten Boeing vom Weltmarktführer zum Krisenfall gemacht. Ein halbes Jahr nachdem die Unglücksflieger weltweit mit Startverboten belegt wurden, bleibt die Ungewissheit groß. Wann darf die 737 Max wieder abheben? Klar ist bislang nur: Je länger sich die Wiederzulassung hinzieht, desto prekärer und teurer wird es.
Vor dem Boeing-Werk in Renton nahe der US-Westküstenmetropole Seattle im Bundesstaat Washington ist das Debakel nicht zu übersehen. Auf dem Mitarbeiterparkplatz stehen nagelneue 737-Max-Jets, die nicht an Kunden ausgeliefert werden können. Boeing hat die Produktion im Zuge der Flugverbote zwar gedrosselt, trotzdem werden in der Hoffnung auf eine Wiederzulassung rund 42 Maschinen pro Monat gefertigt.
Für Boeing ist der erzwungene Auslieferungsstopp mit immensen Kosten verbunden. Allein im zweiten Quartal brockte das 737-MaxDebakel dem Airbus-Rivalen einen Rekordverlust von 2,9 Milliarden Dollar ein. Der Umsatz fiel um 35 Prozent auf 15,8 Milliarden Dollar. Boeings gesamte Schadensbilanz seit den im März verhängten Flugverboten belief sich laut dem Finanzdienst Bloomberg bereits Ende Juni auf 8,3 Milliarden Dollar. Und es kamen Klagen, Konflikte und Probleme hinzu, die eine Wiederzulassung der 737 Max eher noch weiter verzögern dürften.
Als entscheidende Ursache der Flugzeugabstürze in Indonesien und Äthiopien, bei denen im Oktober und März insgesamt 346 Menschen starben, gilt eine fehlerhafte Steuerungssoftware von Boeing. Der Hersteller steht im Verdacht, die 737 Max unter Konkurrenzdruck durch den europäischen Erzrivalen Airbus überstürzt auf den Markt gebracht und dabei die Sicherheit vernachlässigt zu haben. Boeing bestreitet dies.
Da wegen der ursprünglichen Zulassung der Krisenjets auch die US-Luftfahrtbehörde FAA in der Kritik steht, könnte es weltweit zu Unstimmigkeiten kommen, wann die Maschinen wieder abheben dürfen. Die FAA soll wichtige Prüfungen bei der 737 Max zunächst Boeing selbst überlassen haben. Ob die Behörde ihre Pflichten verletzt hat, ist Gegenstand von Ermittlungen. Alexandre de Juniac, Chef des Weltairline-Verbands IATA, äußerte sich jüngst „beunruhigt und enttäuscht“vom Mangel an Einigkeit zwischen den Aufsichtsbehörden.
US-Medien berichteten übereinstimmend über Kritik der europäischen Luftfahrtbehörde EASA am Wiederzulassungsprozess. Demnach gehen den Europäern die von Boeing in Aussicht gestellten Upgrades der 737 Max nicht weit genug. Trotz aller Ungewissheit geht Boeing-Chef Dennis Muilenburg davon aus, dass die Unglücksflieger im November wieder in Betrieb genommen werden könnten. Es gebe „gute, solide“Fortschritte bei den geplanten Software-Updates der 737 Max, sagte Muilenburg am Mittwoch.
Die Luftfahrtbranche bereitet sich auf eine längere Zwangspause vor. Einige US-Fluggesellschaften haben die 737 Max vorsorglich bis Dezember aus den Flugplänen gestrichen. Mittlerweile ächzt die gesamte Luftfahrtindustrie unter der Boeing-Krise und belastet damit zunehmend die US-Wirtschaft. Die Folgen der Startverbote haben die jährliche US-Wachstumsrate nach Berechnung des Analysehauses Capital Economics im zweiten Quartal bereits um 0,25 Prozentpunkte verringert.
Boeings Vorstandschef Muilenburg hat die Öffentlichkeit derweil auf weitere Rückschläge vorbereitet. Sollte eine Wiederzulassung der Jets andauern, könnte die Produktion gekürzt oder ausgesetzt werden, warnte der Spitzenmanager im Juli. Als großen Gewinner von Boeings Debakel ließe sich leicht Erzrivale Airbus ausmachen. Dennoch wäre es kurzsichtig anzunehmen, dass Airbus Gefallen an den Problemen des Kontrahenten findet. Die Unternehmen bilden ein Duopol im Flugzeugmarkt und sie sind beide auf Jahre ausgebucht, sodass Kunden kaum Alternativen haben. Wer seine Bestellung bei Boeing storniert, müsste sich bei Airbus ganz hinten anstellen und jahrelang auf Flugzeuge warten. Während Boeing nach den Abstürzen seine finanzielle Belastung kalkuliert, bleiben das menschliche Leid und die Trauer der Angehörigen unermesslich. In Äthiopien haben die Behörden die Identifizierung der Opfer abgeschlossen. Nach Angaben von Interpol waren unter den Opfern Passagiere und Besatzungsmitglieder aus 35 Ländern. Günstige Anbieter im Call by Call Ortsgespräche
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