So wurde sie zum Supermodel
Twiggy wird 70. Als eine Zeitung sie zum „Gesicht von 1966“erklärte, wurde die sehr dünne Britin als Model weltberühmt. Es war aber auch viel Zufall im Spiel
Twiggy, offiziell Dame Lesley Lawson, eroberte mit ihrem androgynen Look die Modewelt der sechziger Jahre. Doch nach wenigen Jahren zog sich das dünne junge Mädchen vom Modeln zurück. Sie machte Filme und Musik. Die Londonerin wurde unter anderem mit zwei Golden Globes ausgezeichnet. Am 19. September wird sie 70 – und ist heute wieder Model.
Sie waren sehr jung, als Sie entdeckt wurden. Wovon träumten Sie damals?
Twiggy: Mein Plan mit 16 war, an einer Kunstakademie Mode zu studieren, weil ich von Kleidung besessen war. Ich habe sehr jung nähen gelernt und wollte Designerin werden. Vielleicht hat jemand da draußen gesagt, okay, wir lassen sie das etwas später machen (lacht).
Haben Sie damals das Gefühl gehabt, Sie verkörpern 1966?
Twiggy: Als mir das passierte, sah ich einfach so aus. Ich wusste nicht, dass ich der neue Look sein würde. An Wochentagen war ich eine Schülerin. Ich trug meine Schuluniform, kein Make-up, ich hatte lange Haare und dachte nicht darüber nach. Aber am Wochenende ließen mich meine Mutter und mein Vater mit Make-up herumspielen und ich schminkte mein Gesicht genau so. Denn ich kreierte dieses Make-up. Das war das Make-up, das ich am Wochenende trug, wenn ich Samstagnacht tanzen gehen durfte.
Und dann die Sache mit den Haaren …
Twiggy: Ich hatte einen Samstagsjob bei dem Friseur, bei dem meine Schwester arbeitete. Ich pflegte Haare zu waschen und aufzukehren. Dann schickte mich die Freundin einer Kundin zu einem Londoner Nobelfriseur. Und der Friseur sagte: „Kann ich dir meinen neuen Stil verpassen?“Und so habe ich meinen Haarschnitt bekommen. Er stellte mein Foto in seinem Salon aus. Eine seiner Kundinnen war eine berühmte Journalistin und sie schrieb den Artikel über „Twiggy, das Gesicht von 1966“. In diesem Moment veränderte sich mein Leben offensichtlich für immer.
Sie müssen damals in den Swinging Sixties jeden gekannt haben.
Twiggy: Paul McCartney ist einer meiner ältesten Freunde. Ich traf ihn Mitte der sechziger Jahre, bevor er seine erste Frau Linda heiratete. Er rief mich an und sagte: „Meine amerikanische Freundin kennt niemanden in London.“So wurden wir großartige Freunde. Ich nahm Linda zum Einkaufen mit. Es war sehr traurig, als wir sie verloren – eine schreckliche Tragödie. Und als ich dann nach Amerika kam, war es ein bisschen verrückt, weil ich Leute wie Andy Warhol traf. Er hat mich eigentlich zu Tode erschreckt, er war so sonderbar. Ich war nur ein nettes kleines Kind, nicht sehr raffiniert. Ich hatte noch nie solche Leute getroffen.
Was inspiriert Sie jetzt?
Twiggy: Oh, so viele Dinge. Ich liebe mein Leben. Ich wähle sehr sorgfältig aus, was ich tue, weil ich – wie Sie wissen – älter bin. Meine Tochter hat mir vor vier Jahren das schönste Geschenk gemacht: meine Enkelin, von der ich absolut besessen bin. Mit einem Kollegen habe ich ein Filmprojekt in Arbeit. Außerdem arbeite ich an einer Fernsehsache mit einem anderen befreundeten Schauspieler. Und ich versuche, ein weiteres Album zusammenzustellen, weil ich es liebe zu singen. Ich habe nicht den Ehrgeiz, berühmt zu sein, weil mir das vor langer Zeit passiert ist. Ich liebe es, zu Hause zu sein. Ich liebe es zu kochen. Ich liebe es zu lesen. Und natürlich arbeite ich als Model.