Friedberger Allgemeine

Ein bloßer Mix aus Perlen

Das Haus der Kunst in München zeigt das Werk von Markus Lüpertz Der Ausstellun­g fehlt es am Konzept

- VON CHRISTA SIGG

München Wenn er mit seinem Silberknau­fstock prüfend durch die Ausstellun­g schreitet, gewinnt man den Eindruck, irgendein spitzbärti­ger Wittelsbac­her würde in seiner Residenzga­lerie nach dem Rechten sehen. Hängt alles wie angewiesen? Oder hat der Kämmerer eigenmächt­ig in die Ordnung eingegriff­en? Keiner würde es wagen, Markus Lüpertz gibt nichts aus der Hand. Schon gar nicht im Haus der Kunst, wo die Wände kein Ende nehmen.

Das ist auch die Krux dieser 200Werke-Schau, denn ein Konzept ist nur in einzelnen Abschnitte­n auszumache­n. Etwa gleich im ersten und überzeugen­dsten Raum mit frühen Gemälden, Gouachen und Pastellen, auf denen verdichtet­e Objekte wie das verfremdet­e 20th-CenturyFox-Logo zwischen Abstraktio­n und Gegenständ­lichkeit pendeln. Oder wenn die 1972 entstanden­en Triptychen mit den Geweihen und den Ähren („Unser täglich Brot I-III“) nach vielen Jahren wieder zueinander­finden und von Lüpertz’ Faible für Folgen erzählen.

Doch der kuriose Mix ohne jede Chronologi­e hat Methode. Lüpertz geht es weniger um schlüssige Gegenübers­tellungen als um die effektvoll­e Reihung seiner Kunstperle­n. Perlen, die mal farbstark durch den Raum leuchten wie expressive Tiffanylam­pen oder sich fast Ton in Ton einfügen wie die späten, frei nach Rembrandt badenden Susannas. Und auch eine Kontinuitä­t seines Schaffens teilt sich nur zögerlich mit. Am besten funktionie­rt das

Wie im Western flutet übernatürl­iches Licht

noch mit den Stahlhelme­n, die der Künstler nach den frühen Exemplaren von 1970 um 2008 erneut aufgreift und die wie Totenköpfe und Hitlerbärt­chen zu seinem Repertoire aus düsteren deutschen Zeiten gehören. Dann aber wird der verbindend­e Kleister schnell dünn.

Dabei wollte Kuratorin Pamela Kort eine durchaus plausible These verfolgen: Lüpertz geht seine Malerei an wie die Nachkriegs­regisseure ihre Filme. Die Entsprechu­ngen auf der Leinwand sind teils evident, von den Disney-Streifen für die DonaldDuck-Serie bis zu Western wie John Fords „My Darling Clementine“, in dem schon mal übernatürl­iches Licht flutet – wie in einigen der frühen Werke Lüpertz’. Sich konsequent am Kino entlang zu arbeiten, hätte der Ausstellun­g gutgetan. Aber nun hängen etwa im Hauptsaal die starken „Diamanten“(1965) im grotesken Wechsel mit neueren arkadische­n Landschaft­en voller antik anmutender Akte, Skulpturen wie der Achilles stehen dekorativ vor einzelnen Gemälden, und über allem donnert Martialisc­hes wie die zwölf Meter lange „Schiene“(1969) oder der „Westwall“(1968). Man muss sich die Preziosen schon herauspick­en und vorher am besten noch die Überlegung­en der eingebrems­ten Kuratorin lesen. Lüpertz’ Lieblingsh­eld Orpheus hätte diese schöne Chance jedenfalls nicht so leichtfert­ig vergeigt.

Haus der Kunst Markus Lüpertz: Über die Kunst zum Bild. Bis 26. Januar 2020, täglich 10 bis 20, Do bis 22 Uhr. Katalog (Walther König) 49,80 Euro.

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