Er bewies: Die Erde ist eine Kugel!
Vor 500 Jahren brach Ferdinand Magellan eigentlich nur mit seiner Flotte auf, um eine neue Route zu den lukrativen Gewürzinseln zu finden
Die Welt war aufgeteilt: Im Vertrag von Tordesillas hatten Spanien und Portugal den Globus in ihre Einflussbereiche halbiert. Und da die östliche Route durch den Indischen Ozean bereits von den Portugiesen beherrscht wurde, hatten die Spanier großes Interesse an der Erschließung eines westlichen Seewegs. Das Ziel: die Reichtümer der vielversprechenden „Islas Especieirias“(„Gewürzinseln“). Denn in jenen Tagen wurde Pfeffer wie Gold gehandelt.
Neuere Quellenfunde deuten darauf hin, dass Magellan um 1480 in eine Familie normannischer Einwanderer im portugiesischen Vila Nova de Gaia, eine Nachbargemeinde der Hafenstadt Porto, hineingeboren wurde. Seine Vorfahren gehörten zum Kleinadel, Fernando kam als junger Bursche an den Hof des portugiesischen Königs Manuel I. (der „Glückliche“) und machte als Seefahrer Karriere. Er gelangte nach Indien und Mosambik, beteiligte sich an einem Feldzug gegen die Mauren und wurde in Marokko so schwer verwundet, dass er zeit seines Lebens humpelte.
Aus Verärgerung über seinen Brötchengeber, der ihm eine Solderhöhung verweigerte, widerrief er seine portugiesische Staatsangehörigkeit und flüchtete 1517 nach Sevilla, um spanischer Staatsbürger zu werden. Am 22. März 1518 erhielt Magellan vom spanischen König Karl I. den Auftrag, innerhalb der westlichen Welthälfte „Inseln, Festländer, reiche Gewürzvorkommen und andere Dinge“zu entdecken. Die einzig erhaltene zeitgenössische Beschreibung von Magellans Erscheinungsbild stammt von dem Missionar Bartolomé de las Casas, der den Seefahrer in seiner „Historia de las Indias“als „kleinwüchsig und unscheinbar, aber wacker in seinen Gedanken und zu großen Taten aufgelegt“beschrieb.
Der spanische König machte Magellan zum Admiral und Generalkapitän
und stellte ihm für die Expedition fünf hochseetüchtige Dreimaster mit rund 500 Tonnen Laderaum zur Verfügung. Die Besatzung bestand aus mindestens 237 Mann. Magellans Flaggschiff war die „Trinidad“, zu den vier Begleitschiffen gehörten die „San Antonio“(Kapitän Juan de Cartagena), die „Concepción“(Kapitän Gaspar de Quesada), die „Victoria“(Kapitän Luis de Mendoza) und die „Santiago“(Kapitän João Serrão).
Ausgangspunkt der Reise war das andalusische Sanlúcar de Barrameda am Atlantik. Magellan erreichte im Januar 1520 die Ostküste Südamerikas und schließlich die weit ins Land hineinreichende Mündung des Rio de la Plata. In der tiefen Bucht hoffte er vergeblich auf eine Durchfahrt nach Westen. Als der Erfolg ausblieb und Magellan eine drastische Kürzung der Lebensmittelvorräte anordnete, kam es zur offenen Rebellion. Die meisten spanischen Seeleute wollten sich zudem nicht länger dem Portugiesen unterordnen.
Aber die Verschwörung wurde vom Generalkapitän niedergeschlagen. Der Italiener Antonio Pigafetta schrieb im Bordtagebuch: „Juan de Cartagena wurde vor aller Augen gevierteilt, nachdem ihm die Gnade einer letzten Beichte erwiesen worden war. Luis de Mendoza entkam nur dadurch demselben Ende, dass er trotz seiner Fesseln zu flüchten versuchte und bei diesem Fluchtversuch erstochen wurde.“Die „Santiago“erlitt auf einer Erkundungsfahrt Schiffbruch, die „San Antonio“segelte entgegen Magellans Befehl zurück nach Spanien.
Mit den drei restlichen Schiffen setzte er die Reise fort, im Oktober 1520 fand er dann endlich den lang gesuchten Seeweg nach Westen zwischen Patagonien und der vorgelagerten Insel Feuerland. Die etwa 600 Kilometer lange Meerenge wurde später Magellanstraße genannt. Am 28. November erreichte der Entdecker die Südsee und nannte den Ozean wegen der ruhigen See „mar pacifico“(friedliches Meer).
Doch der gefährlichste Teil der Reise sollte noch folgen. Für die Überquerung des Pazifiks benötigte die kleine Armada 110 Tage. Die Weiterfahrt glich einem Selbstmordkommando. Schon bald gab es an Bord kein frisches Wasser mehr, die Seeleute mussten mit Würmern und Rattenkot durchsetzten Zwieback, in Salzwasser gedünstetes und geröstetes Leder oder Suppe aus Sägespänen essen. Ein Großteil der Matrosen erkrankte an Skorbut. Sie waren so verzweifelt, dass sie sich sogar gegenseitig Ratten abkauften und verspeisten. Mindestens 21 Menschen starben.
Beim heutigen Blick auf die Karte des Südpazifiks wird die Tragik der 5000 Kilometer langen magellanschen Reiseroute sichtbar: Haarscharf schrammte er an einer Vielzahl von Inseln vorbei, auf denen er sich hätte versorgen können. Als er mit seiner Crew im März 1521 auf der Insel Guam erstmals wieder Festland betrat, waren alle bis aufs Äußerste erschöpft. Zu Ehren von König Phillip II. wurden die neu entdeckten Inseln später „Philippinen“genannt.
Auf der kleinen Insel Mactán kam es am 27. April zu Auseinandersetzungen mit Einheimischen. „Der ungleiche Kampf währte über eine Stunde. Auch als ein vergifteter Pfeil den rechten Oberschenkel des Generalkapitäns durchbohrte, zog sich dieser nicht zurück. Dann verwundete ihn noch eine Lanzenspitze im Gesicht. Als die Insulaner bemerkten, dass Magellan mit seinem verletzten rechten Arm kaum mehr vermochte, den Degen aus der Scheide zu ziehen, warfen sie sich auf ihn und töteten ihn“, notierte Pigafetta im Bordtagebuch.
Nach dem misslungenen Angriff und dem Verlust der „Concepción“konnten nur noch wenige Seeleute fliehen. Unter dem Kommando des Führungsoffiziers Juan Sebastián del Cano erreichten die „Victoria“und die „Trinidad“die Molukken. Da das Flaggschiff inzwischen leckgeschlagen war, konnte einzig die „Victoria“die Rückfahrt antreten. Am 6. September 1522 erreichten nur noch 18 Überlebende wieder spanischen Boden. Sie brachten rund 26 Tonnen Gewürze heim. Auch wenn Magellan selber nicht nach Europa zurückkehrte, gilt er als erster Weltumsegler.
„Die Geschichte der Globalisierung ist die Geschichte des Kolonialismus. Globalisierungskritik, wie sie etwa von nationalistischen Populisten artikuliert wird, hat oftmals eine Schieflage. […] Es waren die Schiffe unter Magellan, die Anfang des 16. Jahrhunderts den Globus umrundeten und damit einen globalen Kommunikationsraum geschaffen haben, der bis heute nachwirkt“, sagt der Geschichtsprofessor Dr. Jürgen Zimmerer von der Universität Hamburg. Er gilt als einer der führenden Kolonialismus-Forscher in Deutschland.
Eine Weltumseglung war nie Magellans Ziel, die westliche Seeroute hatte sich als unpraktisch und viel zu weit erwiesen. Zudem war der Nachweis der Erde in Kugelgestalt nicht von allzu großer Bedeutung, da in europäischen Gelehrtenkreisen daran zu jener Zeit kein Zweifel mehr bestand.
Nach Magellan wurden Raumsonden, Galaxien, Pinguine, Schiffe und Teleskope benannt. Zum 500-jährigen Jubiläum werden in Spanien Ausstellungen, Konzerte, Vorträge sowie Theater- und Tanzaufführungen veranstaltet. Bis 2022 sollen weitere Feiern anlässlich der „iberischen Heldentat“, wie Spaniens Vizeregierungschefin Carmen Calvo die Fahrt Magellans nennt, stattfinden.
Die Insulaner „warfen sich auf ihn und töteten ihn“